SBB beim TTW Montreux an Bord (Ausgabe 2010-21)

Mit der SBB nimmt ein weiterer grosser Player am TTW 2010 teil.

Stefan Haas (48), seit Anfang 2010 neuer Leiter Geschäftskunden und
Agenturvertrieb beim SBB Personenverkehr, hat sich mit dem TTW kritisch
auseinandergesetzt und seine Erkenntnisse der TTW Management AG
mitgeteilt. Im Gespräch mit TRAVEL INSIDE erläutert er: «Die
Bedürfnisse der Besucher und der beteiligten Unternehmen hat sich in
den letzten Jahren stark verändert. Der TTW hat diese Entwicklung in
den vergangenen beiden Jahren noch nicht nachvollzogen.»

Für Haas, bis Ende 2009 Marketingleiter im Fernverkehr der SBB, das
grösste Transportunternehmen der Schweiz, ist deshalb klar: «Der TTW
muss sich tiefgreifend reformieren, um eine Zukunftschance zu haben.
Die eingeleiteten Massnahmen gehen indes in die richtige Richtung.» Die
SBB habe sich deshalb entschieden, auch 2010 TTW-Partner zu sein und
habe den TTW-Organisatoren ein interessantes Angebot für die Anreise
mit der Bahn gemacht.

Zwei von drei Geschäftsreisen online
Zur Rolle der TO und Reisebüros äussert sich Stefan Haas, er
rapportiert direkt an Gian-Mattia Schucan (Leiter Vertrieb und
Services) unter der neu von Jürg Schmid (ehemals Schweiz Tourismus)
geführten Division Personenverkehr, sehr dezidiert. Gemäss Haas setzen
die SBB auch im Geschäftskunden-Business primär auf Direktvertrieb. Und
dort vor allem auch auf den Online- und immer stärker auch auf den
Mobile-Kanal. «Heute verkaufen wir bereits zwei von drei
Geschäftsreisen über das Businesstravel-Portal der SBB. 2800
Unternehmen sind mittlerweile Kunden des Firmenportals. Es erlaubt den
Kunden, nationale und internationale Reisen bequem vom Büro aus zu
buchen und die Tickets gleich auszudrucken». Die Buchung über das
Portal hat zahlreiche Vorteile: es entstehen keine Aufschalt- und
Investitionskosten, es senkt die administrativen Kosten, verfügt über
ein attraktives Rabattmodell und ermöglicht jederzeit detaillierte
Auswertungen. 

Die Erfolgsgeschichte  des Business-portals der SBB hat gemäss
Haas auch Spuren hinterlassen in der Zusammenarbeit mit den TO und
Reisebüros. Viele Umsätze hätten sich in den letzten Jahren weg von den
TO und Reisebüros hin in die Online- und zunehmend in die
Mobile-Verkaufskanäle der SBB verlagert. Aber: «TO und Reisebüros sind
für uns nach wie vor wichtige ergänzende Verkaufskanäle im Outgoing.
Potenzial sehen wir bei den TO und den Geschäftsreise-Anbietern.
Insbesondere die TO haben wichtige beeinflussende Wirkung», ergänzt er.
Die SBB verfügt heute über 80 Vertragspartner mit 250 Verkaufsstellen.

Medienbruch beheben
In technologischer Hinsicht sieht Stefan Haas grossen Handlungsbedarf:
«Wir haben im Vertrieb mit unseren Partnern immer noch mit technischen
Hindernissen zu kämpfen.» Die Notwendigkeit, Billette physisch
auszudrucken, verunmögliche die Anbindung an die Vertriebssysteme von
Partnern. Haas: «Diesen Medienbruch müssen wir korrigieren und damit
auch die Verkaufsprozesse vereinfachen».

Deshalb prüfe die SBB gemäss Haas zurzeit einen neuen Online-Service,
der auch in der indirekten Distribution über Partner eingesetzt werden
könnte. Dieser Service würde den Partnern sowohl Information als auch
Transaktion über eine direkte Datenschnittstelle ermöglichen. Der neue
Online-Service würde es zudem erlauben, das heutige
Railticketing-System abzulösen. «Ob das Projekt realisiert wird, wird
das Ergebnis der Analyse und der Business-Case zeigen».

Geschäftsreisemarkt mit Potenzial
Besonders aktiv sind die SBB im Bereich Geschäftskunden-Business: Die
Marktbearbeitung der Firmenkunden geschah bisher in der Verantwortung
der einzelnen Vertriebsregionen. Unter der Leitung von Stefan Haas wird
das Business Travel-Geschäft nun zentralisiert betrieben und geführt.
Sein Auftrag ist es, das Businesskunden-Geschäft der SBB neu zu
organisieren, zu entwickeln und damit zu noch mehr Wachstum und Erfolg
zu verhelfen. In diesem Zusammenhang wird auch die Zusammenarbeit mit
den TO und Reisebüros überprüft.
Nun ist Haas rund 100 Tage im Amt. Seine erste Bilanz: «Die SBB verfügt
über grosses Potenzial im Geschäftsreise-Markt: Wir streben an, in der
Schweiz unsere Marktführerschaft auszubauen. Im Outgoing-Geschäft
wollen  wir  weitere Marktanteile gewinnen, besonders in den
umliegenden Ländern. Kommende Angebotsausbauten, Fahrzeitgewinne und
Fahrplanverbesserungen machen uns zu einer noch besseren Alternative
gegenüber anderen Verkehrsmitteln – insbesondere im Bereich von 4-5
Stunden Reisezeit. Bei den Flugsperren im Zusammenhang mit den
Vulkanausbrüchen konnten wir dies unter Beweis stellen.»
Grosses Potenzial misst Haas auch dem Umweltvorteil der Bahn bei, da
die Unternehmen der Ökobilanz und Nachhaltigkeit einen immer grösseren
Stellenwert beimessen. Aufgrund dieser viel versprechenden Ausgangslage
will Haas 2010 im Geschäftskunden-Bereich um 10% wachsen. Dass diese
Zielsetzung realistisch ist, belegen Branchenstudien. Sie sagen der
Bahn bei den Businessreisen im diesem Jahr weltweit zweistellige
Wachstumsraten voraus.

Angelo Heuberger