Die im März angekündigte und im Mai abgeschlossene Übernahme von Gullivers Travel Associates (GTA) durch Kuoni hat medial noch nicht die grossen Wellen geworfen. Dabei handelte es sich um nichts weniger als eine klare Neuausrichtung des Kuoni-Konzerns.
Wie CEO Peter Rothwell letzte Woche an einer Präsentation im Kuoni Concierge-Büro am Zürcher Bellevue erklärte, ist das «westeuropäische TO-Modell» unter Druck. Die Schwerpunkte im Konzern verschieben sich nämlich ins Destination Management.
Die Division «Destinations», in welcher das Kuoni Destination Management (KDM) und GTA integriert sind und die unter Leitung von CEO Rolf Schafroth steht, erwirtschaftet auf das Jahr 2010 gerechnet rund 50% des Konzernumsatzes von rund CHF 5,5 Mia. Tendenz steigend. Zu über 90% wird im B2B das Geld verdient: KDM und GTA agieren als eine Art Consolidator, welche FIT-, Gruppen- und MICE-Buchungen (Online wie Offline) an diverse B2C-Anbieter (Retailer, Wholesaler, MICE-Kanäle) bringen. Das grösste Wachstum liegt hierbei laut Schafroth in Nur-Land-Onlineangeboten; aber auch im Wachstumsmarkt Asien eröffnen sich grosse Chancen, darunter in Nischensegmenten wie z.B. dem Visumsgeschäft.
Anders betrachtet könnte man sagen: Kuoni erweitert das bisher hauptsächlich Reiseveranstalter-basierte Geschäft um neue, wachstumsträchtige Geschäftsfelder. Der Konzern ist so weniger abhängig vom volatilen und stark wettbewerbsgetriebenen Veranstaltergeschäft.
Die Division Destinations wird Zulieferer der anderen Divisionen: Da KDM und GTA fremde und eigene B2C-Anbieter beliefern, verdient der Kuoni-Konzern viel Umsatz im Vertrieb über externe Reiseveranstalter Kuoni Schweiz ist einer von vielen B2B-Partnern, und der von Kuoni Schweiz erzielte Umsatz bei KDM oder GTA wird in der Division Destinations konsolidiert. Gleichzeitig kann Kuoni Schweiz im Retailing auch weiter wachsen nicht zuletzt dank Kuoni Connect, der «Bettenbank» von Divisions.
Vergleichsweise gut steht Kuoni auch dank dem Umstand da, dass man nicht mehr vertikal integriert ist, also nicht eigene Hotels oder Flugzeuge füllen muss.
Kuoni ist zwar weiterhin ein Schweizer Unternehmen. Aber die Musik spielt nun vor allem in Asien, wo Kuoni dank Divisions gut aufgestellt ist, notabene in Indien. Laut Rothwell ist man auf Konzernstufe auch bereits wieder auf der Suche nach neuen Akquisitions-objekten vornehmlich in Asien.
Jean-Claude Raemy