St.Gallen-Altenrhein will «Klumpenrisiko» AUA loswerden (Ausgabe 2010-43)

Riesenknatsch um Flüge Altenrhein–Wien. Der Airport geht mit eigener Airline an den Start. AUA prüft rechtliche Schritte.

Am 12. Oktober gab der Flughafen St.Gallen-Altenrhein (People’s Business Airport) die Gründung der eigenen Airline People’s Vienna Line bekannt, mit der ab Sommerflugplan 2011 der Linienverkehr zwischen Altenrhein und Wien aufgenommen werden soll. Geplant sind wochentags drei tägliche Flüge und je zwei Flüge am Samstag und Sonntag. Das entspricht genau dem aktuellen Flugprogramm der AUA. Die Flüge sollen mit einer 76-plätzigen Embraer 170 durchgeführt werden, ein Teil der Crew sei bereits eingestellt worden. Hinter der Airline steht eine Tochtergesellschaft des Flughafens, die neu gegründete Altenrhein Luftfahrt GmbH mit Sitz in Dornbirn. Beide Unternehmen sind zu 100% im Besitz von Markus Kopf.

Am 19. Oktober teilte der Airport Altenrhein mit, dass vereinbarungsgemäss sämtliche bestehenden Verträge mit Austrian per 26. März 2011 aufgekündigt worden seien. In den seit 28. Juni dauernden Gesprächen über ein Codeshare Agreement mit AUA sei noch keine Einigung erzielt worden. Am 21. Oktober haben sich Armin Unternährer (CEO des Flughafens und der People’s Vienna Line) und Markus Kopf mit dem Vorstand der AUA in Wien getroffen, ohne Resultat.

Zur Gründung einer eigenen Airline und zur Vertragskündigung mit AUA erklärt Unternährer auf Anfrage von TI: «Letztes Jahr gingen die Passagierzahlen auf den AUA-Flügen um rund 20% zurück und dieser Negativtrend setzte sich fort. Die AUA hat eine Monopolstellung hier am Flughafen. Mit 35% am Revenue ist sie für uns ein Klumpenrisiko. Mit der neuen Airline liegt das Risiko in unseren eigenen Händen. Deshalb haben wir sämtliche Verträge mit der AUA gekündigt. Das war keine einseitige Kündigung, denn im Meeting vom 28. Juni wurde eine gemeinsame Vereinbarung getroffen, dass AUA die physische Operation ab Altenrhein aufgeben wird.»

Völlig überrascht ob dieser Entwicklungen zeigt sich die AUA. Sprecher Michael Braun: «Wir gehen davon aus, dass die vertraglich vereinbarte fünfjährige Kündigungsfrist gilt und wir weiterhin fliegen werden. Die Flüge für den Sommer 2011 sind bereits in den Reservierungssystemen. Wir wollen an der Strecke festhalten, solange sie wirtschaftlich Sinn macht.» 

Dazu Unternährer: «Sämtliche bestehenden Verträge mit AUA wurden durch die gemeinsame Vereinbarung ausser Kraft gesetzt, in gegenseitigem Einverständnis. Die Aussage, dass AUA auch im Sommer die Strecke bedienen wird, steht im klaren Gegensatz zu der getroffenen Abmachung.»

Laut Braun verschweigt der Flughafen wichtige Fakten: «Der Flughafen hat uns im Mai völlig überraschend mitgeteilt, dass er die Gebühren für die Bodenabfertigung zum 1. August 2010 um 40% erhöhen will. Die Strecke wäre so nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Daraufhin hat uns der Flughafen über die Gründung einer eigenen Airline informiert und um Gespräche über eine mögliche Kooperation in Form eines Codeshares gebeten. Diese Gespräche haben keine Einigung gebracht. Mit der Behauptung, dass wir diese Strecke einstellen wollen, versucht der Flughafen offenbar, uns unter Druck zu setzen. Für uns ist diese Vorgangsweise nicht akzeptabel. Wir haben daher die Gespräche über eine Kooperation beendet.» Unternährer seinerseits erklärt, dass der Flughafen eingewilligt habe, eine Tariferhöhung bis zum Switch-over auszusetzen, «was einem Verzicht unsererseits von rund CHF 500000 gleichkommt. Diesen Teil der Vereinbarung konsumiert AUA seit anfangs August».

Braun weiss, dass AUA für den Flugbetrieb auf die Infrastruktur des Flughafens angewiesen ist: «Würde der Flughafen Altenrhein tatsächlich trotz aufrechter Verträge uns die Benützung des Flughafens verweigern, um seine eigene Fluggesellschaft zu bevorzugen, wäre das ein klarer Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Gegen diesen Missbrauch würden wir natürlich rechtliche Schritte ergreifen.»

Urs Hirt

Altenrhein ist ein privates Flugfeld – der SIL-Plan liegt auf

Am Flughafen Altenrhein darf nur eine beschränkte Anzahl Linienflüge durchgeführt werden, da der Flughafen den Status eines privaten Flugfeldes hat. Die aktuell drei täglichen Linienflüge von AUA nach Wien würden auf Zusehen hin operieren, erklärt Anton Kohler, Sprecher des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL), gegenüber TI. Darum kann der Altenrhein-Eigner eigenständig entscheiden, wen er auf seinem Flugfeld landen lassen will und wen nicht.

Das BAZL hält laut Kohler daran fest, Altenrhein dereinst zu konzessionieren und somit zu einem Regionalflugplatz – wie etwa Bern-Belp – zu machen. Dagegen opponiert vor allem das österreichische Bundesland Vorarlberg, das am Staatsvertrag von 1991 festhalten will. Am 18. Oktober hat das BAZL das Anhörungsverfahren zum Objektblatt des Sachplans Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) für den Flugplatz St.Gallen-Altenrhein eröffnet. Dieses setzt den Rahmen für Betrieb und Infrastruktur des Regionalflugplatzes. Darin vorgesehen ist ein mittelfristiger Ausbau des Flugbetriebs mit verstärktem Linienangebot, wobei die Zahl der jährlichen Flugbewegungen auf 36500 beschränkt wäre.

UH