Swiss brüskiert ihre Grosskunden (Ausgabe 2015-05)

Verschmähte Partnerschaft

Dass «Nullprozent» für die Grosskunden der Airlines nie null Prozent waren, ist keine neue Erkenntnis. Wer einem Lieferanten einen Zentner Äpfel abnimmt, hat stets bessere Konditionen als derjenige, der nur ein Kilo kauft. Hilft er noch beim Ausladen und rückt diese Äpfel gar ins beste Regal, wird auch diese Arbeit und die Bewerbung abgegolten. So weit, so gut und ein im Geschäftsalltag übliches Vorgehen. 

Ähnlich halten es die Airlines mit ihren Grosskunden in der Reisebranche: Auch hier gibt es seit dem Aus der generellen Kommissionszahlung für Ticketverkäufe spezifische Marketing- und Incentive-Verträge für grosse Volumina-Abnehmer. Dass die Incentivierung dieser Verkäufe das «Ausladen», nämlich die mit dem Ticketvertrieb verbundenen Arbeitskosten, nicht mehr zu decken vermag, ist das Eine. Die entsprechenden Ansätze werden nun aber von der den hiesigen Markt dominierenden Lufthansa-Gruppe mit dem federführenden Homecarrier Swiss im Lead offenbar weiter gekürzt. Auch wenn die Verträge aus kartellrechtlichen Gründen wohl für alle Grosskunden mehr oder weniger identisch ausgelegt sein dürften, wird bereits von einem Missbrauch einer marktdominierenden Stellung gesprochen.  

Man ist sich in der Reisebranche sehr wohl bewusst, dass sich die europäischen Legacy Carrier in einem bitteren Wettbewerb um Sein oder Nichtsein befinden. Und insbesondere Swiss wird jetzt auch noch durch die Aufwertung des Schweizer Frankens gebeutelt: Während die Kosten unverändert in Franken anfallen, fliessen bei den Erlösen massiv (geschwächte) Euro und Dollar ein. 

Umso grösser ist das Unverständnis in der Reisebranche, dass gerade die Swiss sich in diesem kritischen Umfeld nicht stärker mit dem Vertriebspartner verbünden will, der gewillt wäre, ihr zur Seite zu stehen. Doch bei den Airlines scheint es offenbar keine andere Heilslehre mehr zu geben, als den Reisebüro-Anteil in die Bedeutungslosigkeit abzudrängen und nur noch auf das Internet zu setzen. 

Beat Eichenberger