Swiss hält an Mehrwertsteuer auf GDS-Gebühr fest – vorläufig (Ausgabe 2009-23)

Eine Einigung um die Mehrwertsteuerregelung schien erzielt. Doch Bedenken über den Prozessaufwand verzögern eine Lösung.

Seit inzwischen über acht Monaten operieren Swiss/Lufthansa mit
«Preferred Fares» im Schweizer Reisemarkt. Und die Auseinandersetzung
darüber ist noch längst nicht durch. Ein zentrales Thema, welches noch
nicht fertig geregelt ist, betrifft die Frage, ob zusätzlich zu den
erhobenen GDS-Gebühren auch eine Mehrwertsteuerabgabe fällig ist.

Zwar hat die Eidgenössische Steuerverwaltung bereits im Januar erklärt,
dass die GDS-Gebühren bei den Vorzugspreisen von Swiss und Lufthansa
als eine Nebenleistung der Beförderungsleistung zu definieren sind und
somit die Mehrwertsteuer (ausser bei Inlandflügen) entfallen sollte.
Auf diesen ersten Bescheid, welcher auf Anfrage des Schweizerischen
Reisebüro-Verbands (SRV) erteilt wurde, folgte ein zweiter Bescheid an
die Swiss. Dieser hatte eine andere Basis.

Thomas Benz (Head of Marketing Switzerland, Swiss) erklärt: «Konkret
ging es darum, dass das Reisebüro, sollte es von der
Mehrwertsteuerpflicht auf die Gebühren entbunden werden,
steuerrechtlich vom Vermittler- in den Händlerstatus befördert wird.
Das wiederum birgt Probleme, weil die BSP-Abrechnung rechtlich gesehen
nicht als Rechnungsstellung gilt. Die Steuerverwaltung verlangt aber
eine korrekte Rechnungsstellung. Die Konsequenz für Swiss wäre, dass
alles in elektronischen Files übermittelt werden müsste. Das wäre
sowohl für Swiss als auch für Reisebüros aufwendiger. Und das ist nur
eine Konsequenz, es gibt noch weitere.»

Marcel Hausheer (City Reisen/SRV-Fachgruppe Flug) hält seinerseits
fest: «Die Änderung vom Vermittler- zum Händlerstatus möchte niemand so
richtig. Doch die ganze Diskussion um mögliche Auswirkungen kaschiert
das Wichtigste – nämlich, dass der SRV das Preferred Fares Model (PFM)
nach wie vor grundsätzlich ablehnt. Und dies war die Grundlage, dass
diese Diskussion überhaupt gestartet wurde.»

Laut Benz war Swiss grundsätzlich gewillt, den Empfehlungen der
Steuerverwaltung zu folgen, und wollte die nötigen Anpassungen
vornehmen, falls die Konsequenzen aus der Statusänderung der Reisebüros
für alle betroffenen Parteien tragbar gewesen wären, obwohl laut Benz
«die Erklärung der Steuerverwaltung kein Entscheid, sondern ein
Bescheid ist, welcher keine Weisungskraft hat». Dieses Vorgehen sei von
der Fachgruppe des SRV in einer Sitzung am 6. April auch gutgeheissen
worden.

Doch es kam anders. Seither zusammen mit dem SRV durchgeführte
Abklärungen über Konsequenzen einer Nicht-Weiterverrechnung der
Mehrwertsteuer haben erhebliche Probleme ans Tageslicht geführt. Dabei
geht es nicht um den Betrag der Mehrwertsteuer an sich, sondern um den
erwähnten, damit verbundenen Arbeits-aufwand. Benz hat zwar Verständnis
für die harte Position des SRV, «denn die Konsequenzen und der Aufwand,
welche damit für alle im Distributionsprozess zusammenhängen, sind doch
zu hoch. Aber es ist nicht so, dass wir an dieser
Mehrwertsteuerregelung zwingend festhalten.»

Hausheer meint seinerseits: «Das Mehrwertsteuerthema ist wichtig, weil
es je nach Entscheid zu grösseren Anpassungen in den Prozessen des
Reisebüros und auch in den Beziehungen zum Kunden führen wird. Das
bedeutet höhere Prozesskosten als Folge des PFM, welches ja niemand
ausser den Airlines will.»

Die Mehrwertsteuerthematik betrifft in erster Linie die Airlines,
Reisebüros und das Steueramt, während der Endkunde nicht involviert
sei. Überdies gebe es einen bestehenden Prozess für die Abrechnung
(Vorsteuerabzug), welchen alle Reisebüros heute anwenden. Das Reisebüro
bezahlt die CHF 8 Gebühr inklusive Mehrwertsteuer an die Airline, diese
leitet die MwSt. ans Steueramt weiter, und das Reisebüro erhält über
einen Vorsteuerabzug den MwSt.-Betrag zurück. «Dieser Prozess ist
bekannt und aus unserer Sicht der bestmögliche Weg», so Benz.

Am Dienstag vorletzter Woche trafen sich SRV und Swiss wiederum zum
Austausch. In der Diskussion wurde dann gemeinsam entschieden, dass
eine «Expertenrunde» mit Exponenten von Airlines (LH/LX) und Reisebüros
(SRV/Reisetreuhand) einberufen wird, welche zu einem definitiven
Entscheid kommen soll. Es wird noch nach einem Termin für das
Zusammenkommen dieser Runde gesucht. Benz hebt diesbezüglich hervor,
dass Swiss grundsätzlich gewillt ist, einen partnerschaftlichen Weg zu
gehen.

Jean-Claude Raemy

Problemfelder, welche auf Erledigung warten

Was die Ausrichtung der Mehrwertsteuer auf der LN-Taxe betrifft,
einer seit Herbst 2008 auf Inlandflügen erhobenen Taxe, so liegt im
Moment der Ball bei Swiss, wie Thomas Benz (Swiss) zugibt: «Hier sind
noch definitionsbedingte Differenzen vorhanden. Wir sind daran, diese
mit der IATA (BSP) auszumerzen. Wobei ich anfügen muss, dass es dafür
das Einverständnis aller Airlines mit Schweizer Domesticflügen braucht,
also etwa auch von Baboo. Solche Prozesse beanspruchen einfach Zeit.»

Was die Plating-Problematik betrifft – hierbei gibt es aufgrund der
Verträge und Rules zum Preferred Fares Model (PFM) Einschränkungen bei
den Möglichkeiten der Ticketausstellung – so gibt es laut Benz keine
Systemlösung, «weil die GDS das grundsätzlich nicht unterstützen».
Swiss suche nach Lösungen und habe bereits Anpassungen bei den
Tarifkonditionen im Swiss-System vorgenommen, um die Fehlerquote zu
reduzieren. Es seien aber weiterhin fast keine ADM deswegen ausgestellt
worden, was heisst, dass das Problem nur in spezifischen Fällen
vorkommt. Dennoch wolle Swiss auch hier das Problem – auf Anregung und
im Gespräch mit dem SRV – baldmöglichst aus der Welt
schaffen.   

JCR
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