Swiss stärkt den Online-Vertrieb (Ausgabe 2014-12)

Reisebüros ernten Kollateralschaden

Als Premium-Carrier mit einem der Buchungsklasse entsprechenden All-inclusive-Tarif hielt sich Swiss bis anhin in Sachen Zusatzangebote zurück. So hatte der Online-Kunde bei Buchung eines Economy-Saver-Tarifs die Möglichkeit, eine 48-Stunden-Preisgarantie zu addieren, einen Upsell in die Economy resp. ein Upgrade in die Business Saver vorzunehmen oder eine Reiseversicherung abzuschliessen. 

Doch auch Swiss, wo man den 2013 um 24% gesteigerten operativen Gewinn auf 264 Mio. Franken als Turn-around bezeichnet, kann und will sich den Megatrends in der Industrie nicht länger verwehren: Mit Swiss Choice wird diesen Sommer die Buchbarkeit von zusätzlichen Serviceangeboten lanciert. Den Auftakt machen die langfristige Sitzplatzreservation und die Möglichkeit, eine Flasche Champagner oder einen Geburtstagskuchen an Bord zu ordern. Die nächsten Schritte sind in der Pipeline: Gegen Aufpreis werden bald auch Wunschmenüs und spezielle Sitze (mit mehr Beinfreiheit, Fensterplatz) in der Economy folgen. Ebenso ein zweites Gepäckstück oder die Vorbestellung von Duty-free-Artikeln als Auftakt zu einem umfassenderen Shop.

Technologischer Hintergrund für diese Ancillary-Welle bildet die von Swiss weiterentwickelte digitale Welt für ihre Website und den Online-Shop – ein Quantensprung, wie an der Pressekonferenz versichert wurde. So wird sich die «fully responsive» Website als eine der ersten in der Airline-Industrie automatisch dem jeweiligen Endgerät anpassen, und gewisse Inhalte werden automatisch personalisiert. Dass solche Neuerungen letztlich in einem Zusammenhang mit der laufenden NDC-Diskussion stehen, liegt auf der Hand. Auch dieser neue Datenstandard soll letztlich den Kunden mehr Flexibilität und eine grös-sere Tarif- und Angebotsvielfalt bieten, so die Airlines.

Grundsätzlich geht es um nichts anderes als eine Umgestaltung der Art und Weise, wie Flugtickets vertrieben beziehungsweise gekauft werden. Dass die Airlines mit allen Mitteln den Online-Verkauf forcieren, ist zwar vor allem gegen die GDS-Gebühren gerichtet – die Reisebüros, die darüber buchen, ernten aber den Kollateralschaden. Zudem schwindet mit der wachsenden Flut von
Ancillaries oder gar personalisierter Angebote die Preis- und Kostentransparenz, was gerade im wichtigen Segment der Geschäftsreisen auf wachsenden Argwohn stösst. 

Beat Eichenberger