Terroranschlag in Tunis (Ausgabe 2015-13)

Unterstützung statt Mitgefühl

Der Anschlag von Tunis bringt für die tunesischen Touristiker ein trauriges Ritual wieder hervor: Auf die Negativmeldung folgt der bange Blick auf die Medienberichte, auf die auswärtigen Ämter mit ihren Reisehinweisen, auf die Veranstalter. So wie es vor vier Jahren, als der Arabische Frühling begann, oft genug vorgekommen ist.

Die jetzige Situation unterscheidet sich aber vom Arabischen Frühling. Damals waren die Probleme hausgemacht, der allgemeine Tenor war, dass «Tunesien selbst schuld an der Misere ist» und sie «ihr Land in den Griff bekommen» sollen. Diesmal handelt es sich hingegen um eine globale Bedrohung, die jedes Land treffen könnte und von der Tunesien jetzt in Mitleidenschaft gezogen wurde. Das Resultat ist Mitgefühl und Sympathie für das Land und dessen Bewohner.

Eine solche Sympathiewelle aus der Ferne ist schön und gut, aber sie bringt Tunesien wenig, solange das Mitgefühl nicht in handfeste Unterstützung umschlägt – sprich die Veranstalter ihre Programme aufrechterhalten und die Leute auch wirklich reisen. Die Vorzeichen stehen nicht allzu gut, denn die aktuelle Situation unterscheidet sich eben noch in einem weiteren Punkt vom Arabischen Frühling. Dort richteten sich die Unruhen nie gegen Touristen, sondern fanden innerhalb der Bevölkerung statt. Für Touristiker war dies das wichtigste Argument der letzten vier Jahre. Nun fällt dieses Argument weg – Ziel des Anschlags waren primär Touristen.

Was dies für die Nachfrage bedeuten kann, weiss man spätestens seit Luxor 1997 – oder auch seit dem Anschlag auf die Al-Ghriba-Synagoge auf Djerba 2002. Mildernd könnte sich höchstens auswirken, dass Tunis nicht gleich Djerba ist und sich die touristische Wahrnehmung von Festland und Insel sehr unterscheidet. Heute konzentrieren sich 80–90% des Tourismus auf Djerba. Passiert nicht nochmals etwas, könnte zumindest dort das Jahr gerettet werden. Das Festland kann es wohl abschreiben.

Stefan Jäggi