Trendwechsel im Gebührensalat (Ausgabe 2013-10)

Die Suche der Airlines nach neuen Gebühren geht zu Ende. Neu werden bestehende Gebühren besser verpackt.

«Unbundling», also das von Low-Cost-Carriern initiierte Auslagern von Leistungen aus dem Ticketpreis, ist bei den Airlines weltweit schon längst üblich. Die Folge des Unbundling ist eine lange Liste von «ancillary services», also Extradienstleistungen gegen Bezahlung, welche je nach Airline in der Höhe und der Ausgestaltung unterschiedlich sein können.

Noch immer werden neue Gebühren erfunden und erhoben. Die jüngste Entwicklung zeigt jedoch, dass jene «ancillary services», welche man dem Gros der Kunden zumuten kann, bekannt sind. Dabei muss man unterscheiden zwischen Gebühren, welche dem Kunden «aufgezwungen» werden wie eine Treibstoffgebühr oder eine Kreditkartengebühr, sowie den Gebühren für Dienstleistungen, welche ein Kunde von sich aus wünscht.

Laut ATPCO sind die zehn meistbenutzten optionalen Dienstleistungen in absteigender Reihenfolge:

• Gepäckbeförderung (Zusatz-, Über-, Spezialgepäck)

• Sitzplatzreservation

• Betreuung unbegleiteter Minderjähriger

• Haustierbeförderung

• Reiseversicherung

• Medizinische Versicherung 

• Lounge-Zutritt

• Upgrades

• Mahlzeiten/Getränke

• Transport vom/bis/am Flughafen

Diese Liste erstaunt wenig und sie wird sich trotz der Fantasie vieler Revenue Manager auch nicht gross ändern. Denn jetzt sind vor allem Marketingexperten gefragt: Der neuste Trend in der Flugtickettarifierung ist jener, die «erwünschten Dienstleistungen» möglichst attraktiv zu präsentieren und zu verkaufen. So werden Services gebündelt, oft mit «Mengenrabatt». Man könnte also aus obiger Liste drei der zehn Leistungen gebündelt für einen Spezialpreis dazubuchen, der tiefer ist, als wenn jede Dienstleistung einzeln dazugebucht wird. Je tiefer der Preis für den «ancillary service», desto grösser die Chance, dass ein Kunde diesen auch beansprucht.

Das Groteske dabei ist, dass die eigentliche Beförderungsleistung, also der Basispreis des Tickets, immer tiefer sinkt, aber der real gezahlte Flugpreis meist nicht, weil kaum jemand gepäck- und mahlzeitenfrei fliegen will. Aber warum sollte beim Flugticket alles inkludiert sein, wenn wir dies beim Bahnbillett auch nicht erwarten?

Heute wird meistens schon beim Buchungsprozess auf die à-la-carte-Tarifierungsvarianten hingewiesen: Die Lage und Beschaffenheit des Flugsitzes etwa ist längst ein wesentliches Preiselement. In Flugzeugen auf Europastrecken gibt es immer mehr als «Premiumsitze» deklarierte Stühle. Das Ziel ist klar: Jeder einzelne Airlinesitz soll dynamisch verkauft werden – und möglichst direkt.

Die New Distribution Capability soll Airlines ebendies ermöglichen: den Kunden kennen, um loyale Kunden besser zu bedienen. Für einen Platinumkunden kann der Zuschlagspreis entfallen oder geringer sein, für den Gelegenheitskunden gibt es keinerlei Rabatte. Die Airline will heute wissen, welchen «Wert» ein Passagier hat und ist deshalb so versessen darauf, den Buchungsprozess zu kontrollieren. Zu Ende gedacht könnten die Gebühren sogar weiter aufgeteilt werden: Der Gepäckzuschlag könnte sich etwa an der Flugdistanz orientieren.

Erwarten sollte man statt neuer Gebühren also neue Vermarktungsvarianten für bestehende Gebühren.

Jean-Claude Raemy