Gestern vor einer Woche liess ich mich in die Geheimnisse einer der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten Tunesiens einweihen: Ein Archäologie-Professor führte mich in Karthago durch die Ruinen des riesigen, direkt am Meer gelegenen Badehauses der Antoninus-Pius-Thermen. Es war mein zweiter Besuch dieser grössten Thermenanlage ausserhalb Roms innert neun Monaten. Die Marmorsäulen waren noch dieselben, die Überreste der Wasser-, Abwasser- und Heizsysteme ebenfalls, genauso wie der benachbarte Präsidentenpalast. Zwei Dinge aber waren anders: Die riesige Landesflagge beim Palast wehte zum Gedenken an die Opfer der Jasmin-Revolution auf Halbmast, und die zahlreichen Soldaten, die früher als Aufpasser gegen das verbotene Fotografieren in Richtung Palast postiert wurden, waren verschwunden.
Dies ist ein (eher unwichtiger) Aspekt des nunmehr freien Tunesiens. Von viel grösserer Bedeutung ist die Tatsache, dass heute auf den Strassen und in den Cafés nicht mehr Fussball und Frauen die einzigen Gesprächsthemen sind: Allgegenwärtig sind jetzt Diskussionen um die Zukunft des Landes solche früher kaum denkbaren Gespräche werden gerne auch mit ausländischen Gästen geführt.
Das offizielle (Übergangs-)Tunesien hat eine Grossinitiative gestartet, um im Sommer und Herbst 2011 möglichst viele Touristen an seine Strände und zu seinen Sehenswürdigkeiten im Landesinnern zu locken. Der als interimistischer Handels- und Tourismusminister amtierende Franco-Tunesier Mehdi Houas empfängt Medienvertreter und Reiseveranstalter aus den wichtigsten europäischen Herkunftsländern. Und die Landesvertretungen des Tunesischen Verkehrsbüros (ONTT) werden Werbeaktionen sowie Famtrips für Direktoren und Produktverantwortliche von Tour Operators sowie für Reisebüro-Mitarbeitende organisieren.
In der Schweiz erhofft sich ONTT-Chef Abdennaceur Jerbi insbesondere in der Werbung auch von den im Tunesien-Geschäft aktiven Veranstaltern eine substanzielle Unterstützung. Die kurze Reise in die beliebte Feriendestination hat gezeigt, dass die tunesische Tourismusbranche intakt und zum Empfang von Gästen bereit ist. Es besteht kein Zweifel daran, dass eine möglichst rasche Rückkehr zum touristischen Business as usual Tunesiens ohnehin nicht einfachen Weg in die Demokratie massgeblich erleichtern würde.