Der Zürcher Fluglärmstreit ist in eine neue Runde gestartet: Es wird zwar nicht mehr oder weniger verhandelt, dafür Klartext gesprochen. Die Schweizer Verkehrsministerin Doris Leuthard meinte bei einem Treffen mit dem deutschen CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder, dass «Taliban» die Lösungssuche ständig blockierten. Die angesprochenen «Taliban» reagierten postwendend und wiesen Bundesrätin Leuthard darauf hin, dass «unsägliche Verunglimpfungen keinen Lösungsvorschlag des Fordernden, der Schweiz, ersetzen». Als «Taliban» geoutet hat sich so die selbsternannte Bürgerinitiative Flugverkehrsbelastung Landkreis Waldshut e.V.
Der Verein, auf dessen magerer Website man nicht einmal erfährt, wie viele Mitglieder er hat, scheint vor allem aus einer (aktiven) Person zu bestehen, dem Vorsitzenden Rolf Weckesser. Weitere Namen findet man nicht, auch nicht auf den auf jegliche Äusserungen von Schweizer Politikern zum Thema Zürcher Fluglärmstreit versandten Medienmitteilungen. Die Bezeichnung «Taliban» ist also gar nicht so abwegig.
Aber wenn es darum geht, einen harschen Ton anzuschlagen, sind die süddeutschen «Taliban» um keine Worte verlegen: Zu Äusserungen von Aussenministerin Calmy-Rey meinte die Bürgerinitiative kürzlich, «eine Aussenministerin der Schweiz unternimmt in Unkenntnis der realen Situation den Versuch, Bürgern eines souveränen Staates, der EU-Mitglied ist, mit imperialem Anspruch verfassungsmässige Rechte zu beschneiden». Dass man solche Äusserungen nicht ganz ernst nehmen kann, ist das eine. Das andere ist, dass den «Taliban» die Argumente fehlen, weil sie laut einem deutschen Gutachten unter keinem Zürcher Fluglärm leiden. Deshalb pochen sie auf die Herabsetzung der Flugbewegungen. Das Lärmargument zieht zudem jedes Jahr weniger, weil die Flugzeuge dauernd leiser werden.
Immerhin lässt die Aussage von Volker Kauder (dessen Bruder Siegfried übrigens süddeutscher Bundestagsabgeordneter ist und zur «Erbsenzählerfraktion» in Sachen Fluglärmstreit gehört), die «kleinkarierte Streiterei» müsse aufhören und die effektive Lärmbelastung sei als Mass der Dinge zu verwenden, hoffen. Damit hat der «Taliban»-Vergleich also doch etwas bewirkt.