Herr Koller, Ihr Komitee setzt sich u.a. für die Konkurrenzfähigkeit des Flughafens Zürich ein. Welche Möglichkeiten haben Sie?
Wir sind eine Interessenvertretung der Wirtschaft, die auf eine gute Erreichbarkeit des Wirtschaftsstandorts Zürich und der Schweiz angewiesen ist. Wir formulieren an die Adresse der Politik in Zürich und Bern Forderungen, welche diese Erreichbarkeit unterstützen oder verbessern. Wir nehmen unter anderem dezidiert Stellung zu Gesetzesvorlagen oder Verordnungsentwürfen, welche die internationale Erreichbarkeit Zürichs beeinflussen. Auch in der direkten politischen Arbeit sind wir erprobt, z.B. im Rahmen von Abstimmungskampagnen. Und jüngst haben wir zusammen mit weiteren Verbänden die kantonale Volksinitiative «Pistenveränderungen vors Volk!» lanciert und im März 2015 dem Kanton Zürich nahezu 10000 Unterschriften übergeben. Dann geben wir auch Studien in Auftrag und machen die daraus gewonnenen Erkenntnisse Meinungsführern und Entscheidern in Politik und Wirtschaft zugänglich.
Hat der von Deutschland blockierte und von der Schweiz bereits ratifizierte Staatsvertrag, der bis 2020 umgesetzt werden soll, noch eine Chance?
Der Ball liegt in Berlin. Ich denke aber nicht, dass sich Verkehrsminister Dobrindt in dieser Sache «ein Bein ausreissen» wird. Die geltende einseitige Deutsche Durchführungsverordnung, kurz DVO, ist nicht gut. Sie ist aber betrieblich gesehen das kleinere Übel als der Staatsvertrag. Die Erzielung von Rechtssicherheit spricht hingegen eher für eine Umsetzung des Staatsvertrags.
Könnten Sie mit dem Status quo leben, oder ist gar mit einer Verschärfung der DVO zu rechnen?
Betrieblich gesehen und unter Berücksichtigung, dass sich das geltende System eingespielt hat, neige ich eher dazu, unter dem heutigen Regime fortzufahren. Wir sind damit aber der Willkür Deutschlands ausgesetzt. Eine Verschärfung der geltenden DVO ist nicht auszuschliessen. Ein solches Vorgehen wäre allerdings ausgesprochen stossend. Weder der Staatsvertrag noch die DVO kann man als «gut» bezeichnen. Eine Alternative ist derzeit aber weit und breit nicht in Sicht.
Wie sehen Sie die Chancen der Volksabstimmung über die Pistenverlängerung?
Zunächst geht es darum, die kantonale Volksinitiative «Pistenveränderungen vors Volk!» durchzubringen. Eine Volksabstimmung ist gegen Ende 2016 zu erwarten. Ich bin zuversichtlich, dass wir diese gewinnen können. Erst nach Annahme der Initiative wird sich das Volk zu allfälligen Pistenverlängerungen äussern können.
Wie sollte der Flughafen Zürich in Ihren Augen 2025 idealerweise aussehen und betrieben werden?
Ideal wäre ein kreuzungsfreier Betrieb. Parallelpisten sind wohl illusorisch. Ein kreuzungsfreier Betrieb ist dennoch möglich, z.B. mit Starts 32 und Landungen 28. Es gibt weitere Kombinationen der Pistennutzung, die einen kreuzungsfreien Betrieb erlauben.
Was halten Sie von der Idee, alle Privat- und Rettungsflüge nach Dübendorf zu verlegen?
Wenn wir keine weiteren Möglichkeiten haben, die Kapazität des Flughafens Zürich nachfragegerecht bereitzustellen, dann wird diese Frage wohl früher oder später ernsthaft diskutiert werden müssen.
UH