Die Emotionen gehen hoch in der Airlinebranche. Der Grund dafür heisst EU-ETS: Emissions Trading Scheme oder zu Deutsch EU-Emissionshandel (siehe Box). Ab 2012 soll auch die Luftfahrt in den Handel von Emissionsrechten eingebunden werden. Von Beginn weg gab es laute Kritik am Vorhaben; die IATA etwa bemängelte schon vor drei Jahren, dass man den Airlines in einer Krisenzeit keine zusätzliche Belastung aufbürden sollte und dass ein Single European Sky, also ein einheitlicher europäischer Luftraum, gleich dringend und um einiges effizienter wäre.
Seither ist der Ton stetig aggressiver geworden. Insbesondere die US-ame-rikanischen Airlines kritisierten die Regelung stark. Die EU setzte im Gegenzug nicht-europäische Airlines unter Druck und drohte ihnen mit einem Flugverbot, sollten sie sich nicht dem Emissionshandel unterwerfen. Vor gut einer Woche taten sich dann über 20 Staaten zusammen, darunter die Schwergewichte China, Indien und USA, und drohten ihrerseits mit dem Entzug von Lande- und Überflugrechten für EU-Airlines. Der Kampf zwischen Brüssel, Washington und Peking ist vollends entfacht.
Auch beim Board of Airline Representatives in Switzerland (B.A.R.) ist man über die Neuregelung alles andere als erfreut. «Wir sind ganz klar dagegen, haben als Verein aber keinen Handlungsspielraum», sagt Geschäftsführer Max Hugi, «ETS verteuert das ganze Geschäft und das zu jener Zeit, in der auch zusätzliche Lärmgebühren auf die Airlines zukommen. Diese Kosten werden auf die Passagiere abgewälzt werden müssen.» Und für die Schweiz könnte ETS laut Hugi noch ganz andere Auswirkungen haben: «Zurzeit berät das BAZL darüber, den EU-Emissionshandel auch auf die Schweiz auszuweiten. Eventuell werden ab 2013 also alle Flüge aus der und in die Schweiz vom Emissionshandel betroffen sein.»
Die Swiss lehnt das EU-ETS ebenfalls ab, «da es als regionales System zu starken Wettbewerbsverzerrungen führt, dem internationalen Recht widerspricht und die Gefahr von Handelskonflikten birgt», so Sprecherin Myriam Ziesack. Die Swiss wünsche sich eine globale Lösung auf Ebene der Internationalen Zivilluftfahrtbehörde ICAO. «Wir gehen davon aus, dass uns mit der neuen CO2-Abgabe jährliche Mehrkosten von CHF 10 bis 15 Mio. entstehen. Diese Kosten können wir nicht selber tragen, sondern müssen sie in irgendeiner Form kompensieren», sagt Ziesack.
Sollten die Kosten auf die Passagiere abgewälzt werden, schätzen EU-Experten mit Zusatzkosten auf Langstreckenflügen von zwei bis zwölf Euro pro Ticket.
Stefan Jäggi
Was ist der EU-Emissionshandel?
Der EU-Emissionshandel ist der weltweit grösste Handel von Emissionsrechten. Kernstück sind die Emissionszertifikate, quasi Genehmigungen für den Ausstoss von CO2. Eine gewisse Anzahl solcher Zertifikate erhält ein Unternehmen kostenlos; sind sie aufgebraucht, muss die Firma weitere Zertifikate kaufen. Darin eingebunden sind seit 2005 bereits rund 11000 Kraftwerke, Zementfabriken und andere Anlagen mit einem hohen CO2-Ausstoss. Ab 2012 gilt dies auch für die Luftfahrt und betrifft gemäss jetzigem Stand sämtliche Airlines (auch nicht-europäische), die im EU-Raum starten oder landen. Gemäss heutigen Berechnungen werden vorerst 85% der benötigten Zertifikate kostenlos sein.
SJ



