«Wir dürfen nicht selbstzufrieden werden» (Ausgabe 2006-51)

CEO Christoph Franz freut sich über das bei Swiss Erreichte, warnt aber vor Selbstzufriedenheit. Noch muss der Turnaround nachhaltig werden.

«Die gegenwärtig gute Entwicklung der Luftfahrt, an der Swiss überdurchschnittlich teilhat, überrascht uns eigentlich nicht, denn wir hatten bereits vor zwölf Monaten ein gutes Gefühl.» So äusserte sich Christoph Franz am Rande des Meetings der CEOs der Star-Alliance-Mitglieder in Istanbul gegenüber TRAVEL INSIDE zur LX-Situation.

«Die Konjunktur hat sich besser als erwartet entwickelt, daneben haben verschiedene andere Faktoren dazu beigetragen, dass sich Swiss mit einer operativen Marge von 6,5% in den ersten neun Monaten dieses Jahres im Branchen-Umfeld überdurchschnittlich gut entwickelt hat.» Aber Franz fährt fort: «Eigentlich müssten in solchen Zeiten Werte von über 10% die Norm sein. Deshalb dürfen wir nicht selbstzufrieden werden. Schon das Halten der Position ist nur im Wachzustand möglich, da immer wieder neue Konkurrenten auftauchen.»

Laut Franz erstreckt sich die massive Resultatverbesserung auf  alle Bereiche, und er sieht denn auch überall noch Möglichkeiten zur weiteren Verbesserung: «Wir sind noch nicht am Ziel, wir befinden uns immer noch im Sanierungsprozess.»
Als Beispiel für weitere Sparmöglichkeiten weist er darauf hin, dass Flugzeug-Checks, die früher 27 Tage dauerten, seit kurzem in 23 Tagen zu Ende geführt würden. Noch immer werden sämtliche Verträge auf Sparpotenzial durchforstet.

Für eine denkbare, vorübergehende Abflachung der Nachfrage sei man gerüstet, man habe zwar noch Bankkredite, aber die alten Schulden seien getilgt: «Rund 20% des Jahresumsatzes steht uns cash zur Verfügung.» Das sei auch nötig, denn nicht aus Zufall habe die Swissair früher das Image einer fliegenden Bank gehabt. «Wir wollen der Schweizer Kultur, die Werte wie Solidität und Stabilität hochhält, entsprechen.» Dazu sei auch die Unabhängigkeit von Banken zu zählen. «Unsere Mutter ist uns in Sachen Besitz von Flugzeugen noch hoch überlegen, aber wir wollen diesen Weg auch gehen.»

Das bedeute, dass man die Ablösung der gegenwärtigen Regionalflotte aus eigenen Mitteln finanzieren wolle. Bezüglich Typenwahl ist noch alles offen, Franz erinnert allerdings daran, dass noch immer eine offene Bestellung bei Embraer über 30 Flugzeuge existiere.

Im Verhältnis zum neuen Star-Alliance-Mitglied Turkish Airlines will Swiss an die traditionell guten Beziehungen anknüpfen, die noch vor wenigen Jahren bestanden – «wir haben eine gemeinsame Geschichte» –, und schon bald das Angebot abstimmen sowie Codeshares vereinbaren. «Wir können vom TK-Netz profitieren und erhoffen uns, TK-Passagiere über Zürich hinaus nach Westen fliegen zu können.»

Die Kooperation mit Lufthansa sei geprägt von Offenheit und der Suche nach Synergien, die der Verstärkung des Netzwerks dienten. Sparmöglichkeiten böten sich vor allem im Overhead-Bereich. Im Vertrieb stelle man verschiedene Modelle auf die Probe, wolle aber keineswegs alles über denselben Leisten schlagen: «Wir sind nicht unter Druck.» Bereits koordiniert wird der gemeinsame Auftritt im Corporate-Geschäft. Um die 100%-Übernahme durch Lufthansa vollziehen zu können, fehlt noch die Übertragung der Verkehrsrechte in China, Indien und Russland.

PK

LX im November

Swiss wies im November 2006 einen Ladefaktor von 77,4% aus, was im Vergleich zum selben Monat des Vorjahres eine Steigerung um 5,3 Prozentpunkte bedeutet. Die Zahl der beförderten Passagiere nahm um 22,4% auf 837’637 zu. Der Ladefaktor im Europa-Verkehr betrug 67,7% (plus 9,2 Prozentpunkte), jener auf der Langstrecke 81,9% (Zunahme 3,5 Prozentpunkte). Die Zahl der angebotenen Sitzkilometer (ASK) stieg in der Berichtsperiode um 11,3% an, jene der verkauften Sitzkilometer (RPK) um 16,3%. 

PK