Frau Selle, wie entwickelt sich das Geschäft von British Airways (BA) im Schweizer Markt?
Nach einem schwierigen Jahr 2010 sind wir 2011 wieder voll auf Wachstumskurs, im guten zweistelligen Prozentbereich. Wir führen dies auf eine generell anziehende Nachfrage sowohl vonseiten der Geschäftskunden als auch der Leisure-Kunden zurück.
Welche Destinationen sind denn die grössten Wachstumstreiber?
Ganz klar Nordamerika. Die Nachfrage ist enorm. Wir fliegen nicht direkt aus der Schweiz in die USA, aber 20 US-Destinationen ab London sprechen für sich. Die neue Route nach San Diego entwickelt sich gut, ebenso Las Vegas, wo wir soeben die Kapazitäten massiv erhöht haben.
Obwohl ja nicht alle Kunden das Umsteigen in London mögen.
Das Image bessert sich. Der Ausbau des Terminals T5C in London-Heathrow ist abgeschlossen. In Sachen Pünktlichkeit und Gepäckauslieferung sind wir damit wieder top. Bisher wurden bereits 70 Mio. Passagiere im T5 abgefertigt; ausser den Anfangsschwierigkeiten gab es keine Probleme.
Das Wachstum in Nordamerika liegt auch am Joint Business Agreement zwischen BA, AA und Iberia
Ja, wir haben im Nordatlantik seit Anfang Jahr klar Marktanteile gewonnen. Aber auch in Südamerika, wo wir jetzt zahlreiche Kombinationen mit Iberia anbieten können. Die Umsetzung des «JB» einen besseren Namen gibt es noch nicht beschäftigt uns derzeit sehr. Im kombinierten Routennetzwerk sind schon über 500 Destinationen im Angebot. Jetzt arbeiten wir an neuen «Corporate Joint Deals». Wir sehen noch Verbesserungsmöglichkeiten bei den «Dealing Proposals».
Mit Iberia werden in Zürich die Büros geteilt. Wann erfolgt die komplette
organisatorische Zusammenlegung?
Fusionen von grossen Airlines dauern immer lange. Zurzeit arbeiten Iberia und BA als getrennte Airlines. Einen Zeithorizont für die vollständige Zusammenlegung gibt es nicht.
Wie viele Personen arbeiten überhaupt für BA in der Schweiz?
In Zürich sind es elf Personen plus vier von Iberia, in Genf vier.
Qantas ist nebenan. Entsteht bald ein Oneworld-Haus?
Nein. Das wäre praktisch, aber zurzeit gibt es gar keinen Platz für die weiteren Partner-Airlines. Bislang gibt es lediglich am neuen Hauptsitz der Oneworld in New York ein richtiges «Oneworld-Haus», wo alle Mitglied-Airlines am selben Ort untergebracht sind.
Als neues Oneworld-Mitglied steht Air Berlin (AB) parat. Wie sieht die Kooperation da aus?
Ex Schweiz gibt es bislang Codeshares auf der AB-Strecke ZürichHannover und auf den BA-Strecken ZürichLondon City und Zürich/BaselLondon Heathrow. Die Kooperation wird Schritt für Schritt ausgebaut. Wir freuen uns auf den Einstieg von AB, der uns europaweit neue Möglichkeiten eröffnet, ebenso wie über jenen von Kingfisher Airlines und Malaysia Airlines. Indien und Malaysia sind gerade für den britischen Quellmarkt enorm interessant.
Ein Wort zu den Tarifen: Wie haben sich diese entwickelt?
Die Preise sind im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen. Das hat mit der erhöhten Nachfrage zu tun. Letztes Jahr mussten wir viele Preisaktionen starten, dieses Jahr erst eine einzige!
Die Schweiz ist weiterhin einer unserer Top-Premiummärkte. Das Verhältnis zwischen Normal- und Premium-Ticketverkäufen bewegt sich bei rund 40:60, das ist im Vergleich zu anderen Märkten enorm hoch.
Stichwort Geschäftsreisen: Wird auch BA eine Kreditkartengebühr in der Schweiz einführen?
In Grossbritannien machen wir dies ja bereits. Kreditkartenkosten sind nach den GDS der zweitgrösste Kostenfaktor. Stand heute haben wir für einen solchen Schritt in der Schweiz aber keinen Plan in der Schublade.
Wie erfolgt die Distribution der BA-Produkte in der Schweiz?
Umsatzmässig sind die Reisebüros weiterhin mit Abstand unser grösster Distributionskanal, wobei ich da TMCs hinzurechne. Verkäufe über ba.com bewegen sich auf stabilem Niveau. Verkäufe über OTAs wachsen auch, werden von uns aber mit Bedacht gepusht, weil sie auch unseren eigenen Vertrieb übers Web konkurrenzieren.
Haben Sie spezielle Marketingmassnahmen für die Reisebüros geplant?
Wir werden am TTW mit Iberia präsent sein. Dazu gibt es im Herbst Roadshows für Agenten, sowohl in der Deutschschweiz als auch in der Romandie.
Jean-Claude Raemy
Zur Person
Katja Selle (44) stammt aus Finnland und hat eine Zeit lang in Zürich studiert mit ein Grund, warum ihr der hiesige Markt am Herzen liegt. Selle ist seit 1994 bei British Airways und arbeitete für den Carrier in unterschiedlichen Funktionen, sowohl im Passage- als auch im Frachtgeschäft, in Frankfurt und in London. Seit dem 1. Februar 2009 ist sie Regional Commercial Manager Central Europe (Schweiz, Deutschland und Österreich) mit Sitz in Frankfurt; inzwischen hat sie auch noch die Verantwortung für Osteuropa (Bulgarien, Polen, Rumänien, Tschechien, Ungarn, ex-jugoslawische Staaten) erhalten. Sie weilt mindestens einmal pro Jahr in der Schweiz. Hierzulande bietet British Airways ab Zürich, Genf und Basel über 160 Flüge pro Woche von und nach London an und von dort aus zu mehr als 140 Reisezielen in über 70 Ländern weltweit.
JCR