«Wir nähern uns nicht einer Geschäftsreiselogik an» (Ausgabe 2013-37)

TRAVEL INSIDE sprach mit Edelweiss-CCO Alain Chisari über das Ferienfluggeschäft und das neue Kabinenprodukt.

Herr Chisari, Sie wechselten im Mai 2013 von der Swiss als Chief Commercial Officer zur Edelweiss Air. Wie gross war dieser Schritt für Sie?

Die Entscheidung zu wechseln ist mir leicht gefallen, da Edelweiss einerseits eine grossartige Airline ist und andererseits die Aufgabe als CCO eine tolle Herausforderung darstellt. Aus meiner Zeit bei der Swiss bringe ich u.a. auch vier Jahre Erfahrung als Head of Leisure Sales mit und kenne mich somit gut aus in der Thematik der Ferienfliegerei. Bei Edelweiss bin ich zuständig für den gesamten Kommerzbereich, was im Wesentlichen folgende Bereiche beinhaltet: Die Strategie und Geschäftsfeldentwicklung, die Netzwerkplanung, das Marketing, den Verkauf sowie auch die Customer Relations.

Welche Themen haben Sie in den ersten vier Monaten am meisten beschäftigt?

Aktuell ist natürlich Ägypten eine grosse Herausforderung. Insgesamt habe ich mich stark mit der kommerziell strategischen Ausrichtung der nächsten Jahre sowie mit der Netz-werkplanung und der Vorbereitung des Sommerflugplans 2014 beschäftigt. Die Produktgestaltung war ein weiteres grosses Thema. Ansonsten durfte ich mich in die langjährige Edelweiss-Kultur einleben und unser Team näher kennenlernen. Man denkt zwar, dass sich Swiss und Edelweiss sehr nahe sind, doch aufgrund der Ferienfliegerei funktioniert Edelweiss ganz anders als die Swiss. 

Kann Edelweiss Air unabhängig von der Swiss entscheiden – z.B. über die Aufnahme neuer Destinationen?

Wir können komplett selbst bestimmen. Die Geschäftsfeldentwicklung gestalten wir grundsätzlich selbst und analysieren, wo es noch Potenzial für die Ferienfliegerei gibt. Die konkrete Flugplanung erfolgt dann aber gemeinsam mit der Swiss, damit wir optimal eingebettet sind und von der Hub-Logik in Zürich profitieren können. Gerade in der nachfrageschwächeren Saison ist das sehr vorteilhaft für Edelweiss. 

Die Veranstalter übernehmen zunehmend weniger Risikoplätze. Ist das TO-Geschäft generell rückläufig?

Die abnehmende Risikobereitschaft ist ein Trend, den wir in den letzten Jahren beobachten konnten. Zählt man aber die fixen Kontingente der TOs und die über den Einzelplatzverkauf von den Veranstalterfilialen gebuchten Flüge zusammen, verzeichnen wir in der Schweiz ein wachsendes Veranstaltergeschäft.

Edelweiss positioniert sich als Feriencarrier, nähert sich aber mit der neuen Business Class immer mehr dem Produkt der Swiss an. Ein Kompromiss?

Nein, das ist kein Kompromiss. Ein Geschäftsreisender fliegt in seinem Arbeitsalltag in der Business Class – und warum soll er nun weniger komfortabel in die Ferien fliegen? Genau dies war und ist ein grosses Anliegen unserer Fluggäste. Wir nähern uns also nicht einer Geschäftsreiselogik an, sondern decken ein Kundenbedürfnis ab. Gerade bei Destinationen wie z.B. Mauritius oder den Malediven ist das neue Produkt absolut ferientauglich.

Die Business Class im A330-300 ist erst drei Jahre alt und wird nun bereits wieder ersetzt. Rechnet sich das?

Wir streben ein behutsames, nachhaltiges Wachstum an. Hätten wir die heutigen Investitionen schon damals getätigt, als wir die Langstreckenflotte verdoppelten, hätten wir uns unter Umständen etwas zu viel zugemutet. Wir wollten zuerst beweisen, dass wir zwei Langstreckenmaschinen profitabel aus der Schweiz heraus bewegen können. Dies haben wir nun getan und investieren in ein neues Produkt.

Wie wird sich die neue Business-Class auf die Preise auswirken?

Das Produkt wird hochwertiger und uns stehen weniger Sitze zur Verfügung als vorher. Daher gehen wir von einer Preiserhöhung aus, die beim Einstiegslevel je nach Destination und Nachfrage zwischen 20 und 30 Prozent betragen kann. In High-Yield-Destinationen wie den Malediven oder Mauritius liegen die Erhöhungen wohl im oberen Bereich und in preissensibleren Destinationen wie der Karibik eher im unteren Bereich.

Durch die neue Economy Plus fehlen nun aber Economy-Plätze. Erwarten Sie Kapazitätsengpässe?

Kunden fliegen auf unseren Strecken teilweise sehr lange und wir haben schon bis anhin einen Bedarf nach Plätzen mit mehr Beinfreiheit regis-triert, z.B. bei den Notausgangsplätzen. Ausserdem verlieren wir durch die Economy Plus lediglich eine Sitzreihe mit acht Plätzen im A330-300. Im A330-200 werden es aufgrund der neuen Anordnung sogar nur zwei Economy-Plätze weniger sein.

Besteht das Risiko, dass Business-Gäste in die Economy Plus abwandern?

Nein, wir gehen davon aus, dass Business-Class-Gäste auch bei einer Preis-erhöhung weiterhin in dieser Klasse fliegen wollen. Die Reaktionen unserer Kunden zeigen eher, dass es einen Bedarf der Economy-Gäste an der Economy Plus gibt. Die Economy Plus ist eine klar aufgewertete Economy Class und keine abgewertete Business Class.

Seit April fliegt Edelweiss für Swiss Zürich–New York. Was geschieht nach Ablauf des Zweijahresvertrages?

Das Modell ist sehr erfolgreich und ein riesiger Schritt für Edelweiss. Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Projekt auch in Zukunft weitergeführt wird. 

Neue Business Class, neue Serviceklasse und ein fünfter A320

Die beiden Edelweiss-Langstreckenmaschinen erhalten im Mai 2014 eine neue Business Class mit Lie-Flat-Sitzen inklusive Massagefunktion und einem neuen Unterhaltungssystem mit 16-Zoll-HD-Bildschirmen. «Unsere neue Business Class ist einzigartig in der Ferienfliegerei», kündigt Edelweiss-CEO Karl Kistler an. Durch die neuen Sitze verringert sich die Platzzahl in der Business Class von 36 auf 27 Sitze im Airbus A330-300 und von 30 auf 22 im A330-200.

Zudem erhalten die beiden Flugzeuge mit Economy Plus eine neue Serviceklasse. Die 56 Sitze im A330-300 bzw. die 50 Plätze im A330-200 verfügen über einen Sitzabstand von 90cm – 15cm mehr als in der Economy Class – und einen grös-seren Neigungswinkel. Auch alkoholische Getränke sind hier inklusive. Die Economy Plus ist bei einer bestehenden Economy-Buchung für einen Aufpreis von CHF 200 bis CHF 300 pro Weg über www.edelweissair.ch hinzubuchbar.

Die Eco sowie auch die Eco Plus werden mit neuen Sitzen mit eigenen 9-Zoll-HD-Touchscreens ausgestattet. Zudem wird das Inflight Entertainment System (IFS) dem neuesten Stand der Technik angepasst. Für die Umrüstung der Kabine wendet Edelweiss Air laut Kistler einen tiefen zweistelligen Millionenbetrag auf. 

Auch auf der Mittelstrecke gibt es Neuigkeiten: Im April 2014 übernimmt Edelweiss ihren fünften Airbus A320. Wie auch schon die vierte Maschine dieses Typs wird auch diese aus der Flotte von Swiss übernommen. 

Simon Benz