Zürcher müssen 2x Nein stimmen (Ausgabe 2011-44)

Die Abstimmung am 27.11. ist für die Zukunft des Flughafens Zürich sowie für die Schweiz wichtig.

Die Debatte um die «Pistenausbaustopp-Initiative» im Kanton Zürich, eine Behördeninitiative, ist voll entbrannt. Mittendrin: der Zürcher Flughafen, wichtigster internationaler Gateway der Schweiz.

Die Initiative geht vom «Bündnis für eine nachhaltige Flughafenentwicklung» aus, dem verschiedene Behörden- und Bürgerorgani-sationen angehören, etwa der Schutzverband der Bevölkerung um den Flughafen Zürich (SBFZ). SBFZ-Präsidentin Ursula Moor sagt: «Der Flughafen bleibt auch auf dem bestehenden Pistensystem ein wichtiger Wirtschaftsmotor. Die heutige Raumplanung begünstigt den Flughafen einseitig und ist auf Pistenverlängerungen ausgelegt. Es braucht einen gesetzlich verankerten Ausbaustopp der Pisten, damit sich die Gemeinden qualitativ entwickeln können.»

Die Fluglärmgegner sind aber innerlich zerstritten. Der Verein Flugschneise Süd Nein (VFSN) meint, bei der Initiative würden nur der Osten geschützt und Südstarts erzwungen, und hat deshalb einen Gegenvorschlag lanciert. Mit der Parole Nein/Ja steht der VFSN zurzeit aber auf politischer Ebene ziemlich alleine da.

In der Flug- und Tourismusbranche wird ganz klar das doppelte Nein befürwortet. Nebst Befürwortergremien wie dem «Komitee Weltoffenes Zürich» hat sich besonders die Swiss, anteilsmässig der grösste Carrier am Flug-hafen Zürich, als Kämpfer wider die Behördeninitiative hervorgetan, mit einem Infobus und zahllosen Auftritten des CEO und weiteren Exponenten in Diskussionsrunden – derweil der Flughafen selbst sich in Schweigen verhüllt, keine politischen Statements abgeben will und sich damit den -Unmut vieler zuzieht, welche für die Anliegen des Flughafens kämpfen …

Die Argumentation der Initiativgegner ist einleuchtend. Da sind etwa wirtschaftliche Fakten: 35% der auslän-dischen Touristen- und Geschäftsrei-senden kommen per Flugzeug in die Schweiz, ein Drittel aller Exporte (nach Wert) verlässt bzw. ein Sechstel der Importe (nach Wert) erreicht die Schweiz per Luftfracht – wovon 72% am Flug-hafen Zürich abgewickelt werden. Der Flughafen allein bietet 23300 Arbeitsplätze. Eine Beschneidung der Wachstums-möglichkeiten kann nicht im Interesse des Wirtschaftsraums Zürich sein, sonst verabschiedet sich Zürich aus dem internationalen Wettbewerb der Wirtschafts-standorte. Davon wäre auch die restliche Schweiz betroffen.

Das gewichtigste Argument jedoch: Es braucht die Initiative schlicht nicht. Das in Kraft stehende Flughafengesetz schreibt unter §10 vor, dass keine lärmwirksame Veränderung von Länge und Lage der Pisten ohne Zustimmung der Staats-vertretung im Verwaltungsrat beantragt werden darf. Das heisst: Das Volk kann heute jederzeit darüber befinden, ob der Flughafen Pisten bauen oder verändern darf oder nicht.

Am «Forum der Luftfahrt» von Aerosuisse stellte Verkehrsministerin Doris Leuthard einen Zusammenhang zwischen der Abstimmung und den Verhandlungen zwischen der Schweiz und Deutschland zum Zürcher Anflugregime her und empfahl ein Nein zu beiden Vorlagen. 

Auch TRAVEL INSIDE und die Airline- und Tourismusbranche empfehlen dem Zürcher Stimmvolk innig, die Initiativen zu verwerfen.

Jean-Claude Raemy