Aerticket ist in der Schweiz angekommen

Geschäftsführer Andreas Gantenbein und Co-Geschäftsführer Nick Gerber geben einen Einblick in das Content-Traveltech Angebot der Aerticket Suisse AG.
Andy Gantenbein (links) und Nick Gerber erklären das Aerticket-Angebot. © TI

Die in Zürich domizilierte Aerticket Suisse AG, mit Aerticket (Deutschland) und Globetrotter als 50:50 Aktionäre, lancierte bereits vor der Pandemie ein Content-Traveltech Angebot in der Schweiz, das sich heute sehen lassen kann.

Die Aerticket (spricht sich A-ärticket) Gruppe ist einer der grössten Full-Service-Consolidator und unabhängiger Business-to-Business-Dienstleister für Linienflüge weltweit, früher nannte man dies Broker. Das Unternehmen ist Partner der Airlines, Dienstleister für Reisebüros, Kooperationen und Internetportale OTA und entwickelt Buchungstechnologien. In der gesamten Firmengruppe werden 7 Mio. Tickets jährlich ausgestellt. 

Geführt wird das Unternehmen in der Schweiz von Andreas Gantenbein, ihm zur Seite steht Nick Gerber von Globetrotter als Co-Geschäftsführer von Aerticket Suisse AG. Präsident der Gesellschaft ist der Berliner Firmengründer Rainer Klee, Verwaltungsrat ist Globetrotter Travel Service CEO Dany Gehrig.

Aerticket Suisse AG bedient mit der Offert- und Buchungsplattform «Cockpit» den Schweizer Reisemarkt. Die Schweizer Reisebüros können dabei von einer intuitiven und innovativen Softwarelösung profitieren, inklusive online CRS Zugängen und online Buchungsmanagement mit Ancillary-Verkauf. Dabei ist das «Cockpit» mit den Angeboten im Bereich Flug, Flugticket-Management, und dem Veranstalter «Cockpit Holidays» mit weltweiten Produkten von namhaften Anbietern aus den Bereichen Hotels, Mietwagen, Ausflügen, Transfers, Fähren, Züge und Bussen ein idealer Begleiter für alle Reiseprofis.

TRAVEL INSIDE hat im Gespräch mit den beiden Flugticket-Spezialisten Andreas Gantenbein und Nick Gerber mehr über das Produkt Aerticket und deren Ziele auf dem Schweizer Markt erfahren.


Andreas Gantenbein und Nick Gerber: Die Lancierung von Aerticket im Schweizer Markt als Aerticket Suisse AG fand direkt vor der Pandemie statt – wie hat man sich durch die Krise gekämpft?

Andreas Gantenbein: Die Lancierung hat wegen der Pandemie natürlich länger gedauert. Aber Aerticket in der Schweiz aufzugleisen war keine kurzfristige Strategie. Im Herbst 2019 haben wir bekanntgegeben, dass wir in der Schweiz an den Start gehen, und im Winter haben wir mit dem ganzen Setup, mit dem Technischen und der Firmengründung begonnen.

Kurz darauf hat die Pandemie zugeschlagen. Dementsprechend waren wir dann gezwungen, das Ganze etwas zu bremsen. Es machte wenig Sinn mitten in der Krise neue Kunden zu akquirieren.

Die Aerticket Suisse AG und Globetrotter sind im Frühjahr 2021 ein Joint Venture eingegangen – wie kam das zu Stande?

Andy Gantenbein © TI

Andreas Gantenbein: Das Ziel war, dass wir in der Schweiz mit einem grösseren Partner bzw. grossen TO starten, da der Markt in diesem Bereich gesättigt ist. Deshalb fanden dann auch Gespräche statt mit Globetrotter.

Globetrotter und Aerticket kennen sich durch ‘alte’ Firmen, wie Explorer Fernreisen oder Diethelm Keller Group schon lange. Dadurch gab es zwischen den Unternehmen bereits einen Austausch. Globetrotter hatte bereits zuvor für ein Tochterunternehmen von Aerticket Tarife und Tickets ex Schweiz gemacht. Es gab also bereits eine längere Historie zwischen Globetrotter und Aerticket, die sich dann als Nick Gerber, Dany Gehrig und ich dazugestossen bin, noch konkretisiert hat.

Nick Gerber: Ja, genau – es ist über zehn Jahre her, als wir in Berlin die ersten Gespräche diesbezüglich geführt haben. Es gab immer einen freundschaftlichen Austausch zwischen Aerticket und Globetrotter. Die Zeit war dort vielleicht noch nicht reif. Unterdessen ist im Airlinevertrieb aber viel gegangen.

Mit der Gründung der Aerticket Suisse AG und als Andreas Gantenbein auf uns zu kam, hat es dann auch für Globetrotter Sinn gemacht das näher anzuschauen. Und es war relativ rasch klar, dass diese Zusammenarbeit, die Partnerschaft passt und wir gemeinsam Sache machen. So wurde im Februar 2020 die Aerticket Suisse AG gegründet, woran Globetrotter zu 50% beteiligt ist.

Hat Aerticket im Sinn weitere Joint Ventures in der Schweiz einzugehen?

Andreas Gantenbein: Nein. Kooperationen aber keine Joint Ventures.

Inwiefern hat die Pandemie zu Verzögerungen geführt?

Andreas Gantenbein: Es hat sich einfach vieles in die Länge gezogen. Vor allem im technischen Bereich, im Setup haben wir in der Pandemie viel Zeit gebraucht. Gerade bei der IATA war es schwierig in dieser Zeit. Die Läden waren geschlossen, kaum jemand war richtig erreichbar….

Nick Gerber: Um das Business buchhalterisch sauber zu führen, haben wir neue IATA-Nummern gebraucht – das war eine ziemlich schwierige Aufgabe in der Krise. Dazu kam, dass auch intern nicht auf den vollen Staff zugegriffen werden konnte und wir auch da Engpässe hatten.

Kann Aerticket heute in der Schweiz das anbieten, was man sich vorgenommen hat?

Andreas Gantenbein: Ja. Heute sind wird etabliert und so aufgestellt, wie wir das wollten. Wir haben heute eigentlich zwei Businesses: Einmal für Globetrotter intern, also die Globetrotter Group und dann noch unser externes Business, welches wir in den letzten beiden Jahren aufgebaut haben. Extern sind wir mehr im Fulfillment für Veranstalter als im klassischen Agenturvertrieb tätig.

Ausserdem haben wir ein eigenes Ticket-Office bei Nick Gerber in Bern am Globetrotter Hauptsitz. Das Team mit Globetrotter Ticketing Profis, die für Aerticket Suisse AG arbeiten, ist seit März voll aktiv.

Nick Gerber: Ja, das ist eigentlich dasselbe Team, welches wir auch im Globetrotter Ticketshop hatten.

Was wird denn alles angeboten?

Andreas Gantenbein: Unsere Plattform heisst Cockpit. Das ist eine B2B-Plattform, wo sich Reisebüros einloggen können – jeder hat sein eigenes Login. Innerhalb der Plattform haben wir Hunderte von Schnittstellen angebunden. 7 GDS, über 100 Airlines, die neusten NDC-Schnittstellen, Fairlogics und Tarife aus 50 Ländern.

Wer kann sich denn alles ein Login erstellen lassen?

Andreas Gantenbein: Grundsätzlich jedes Reisebüro mit einer der anerkannten Reisegarantie kann sich ein Login machen lassen und über Cockpit buchen.

Wir haben drei Hauptstandbeine: Wir haben ein Setup für Globetrotter Travel Service und Globetrotter Group. Sie haben ein separates Setup mit internen Konditionen. Dann gibt es das zweite Setup für den klassischen Fremdvertrieb. Und das dritte Setup ist für das TO Fulfillment.

Ein Kuoni-Reisebüro wird aber nicht bei Ihnen buchen?

Nick Gerber © TI

Nick Gerber: Wir sehen uns in unserer Strategie prioritär in diesem dritten Standbein. Es gibt so viele gute Spezialisten TO, für die das ganze Ticket-Fulfillment ein riesiger Aufwand darstellt. Wir können das für sie ausführen bzw. übernehmen. Ein Kuoni/DER Touristik Reisebüro wird nicht zu uns kommen, da sind wir realistisch – aber wenn sie möchten, sagen wir selbstverständlich nicht nein.

Andreas Gantenbein: Kuoni und TUI haben ihre Inhouse-Ticketshops, wo sie buchen müssen oder sollten. Technisch betrachtet und vom Content her, bieten wir natürlich viel mehr an. Global gesehen hat Aerticket wegen den Direktschnittstellen und über 100 IATA Firmen den besten Content. Diese Möglichkeiten haben die anderen Ticketshops nicht.

Wie viele Anwender hat Aerticket in der Schweiz?

Nick Gerber: Auf Seite Globetrotter etwa 20 Cockpit-Logins von Globetrotter Travel Service, rund 10 Globetrotter Group (TO) und 25 Logins, die über Globetrotter zur Aerticket Suisse AG gekommen sind.

Andreas Gantenbein: Dazu kommen noch ungefähr 60 sogenannte externe Anwender. Also sind wir insgesamt bei zirka 120 Büros, die uns in der Schweiz aktiv nutzen.

Wo liegt das Ziel?

Andreas Gantenbein: Unser Fokus liegt wie erwähnt auf der Zusammenarbeit mit Spezialisten-TO – wir möchten für noch mehr TO in der Schweiz die komplette Abwicklungen übernehmen. Wir sind 24/7 erreichbar, wir haben ein globales Ticketing und ein Team, das rund um die Uhr arbeitet.

Wäre dann auch eine Zusammenarbeit mit TTS oder einer TPS für Sie interessant?

Andreas Gantenbein: Ja, hier könnten wir für eine ganze Gruppe spezifische Angebote schnüren. Das wäre auf jeden Fall interessant für uns.

Wie gross ist denn das Potential an möglichen Kunden in der Schweiz?

Andreas Gantenbein: Das Potential ist sehr gross und wir möchten im Schweizer Markt auch wachsen. Vom System und vom Content her haben wir einen grossen Vorteil gegenüber unserer Konkurrenz. Wenn jemand viele Flüge verkauft, ist er bei uns besser aufgehoben.

Was wir zusätzlich anbieten und einen relevanten Kontext zum Umsatz gibt, ist das Cockpit Holidays – eine komplette Buchungsplattform, wo alles vom Hotel, Mietwagen bis zur Rundreise gebucht und zusammengestellt werden kann. Für den klassischen Fremdvertrieb ist der reine Nur-Flug vielleicht weniger interessant, als eben die Möglichkeit komplett alles bei uns zusammenzustellen.

Mit Cockpit Holidays Service können Anwender eine komplette Pauschalreise zusammenzustellen?

Andreas Gantenbein: Genau, wir haben einerseits den Flugbereich, wo wir alles anbieten was es gibt. In diesem Bereich sind wir einzigartig.

Die Frage ist jetzt, wie viel Wert ist das jemandem, der Umsatz bei einem Veranstalter poolen muss? Hat er genug Umsatz und kann es sich leisten, sich auf uns zu konzentrieren und über uns zu buchen, weil wir einfach mehr anbieten oder eben nicht.

Darum bieten wir mit Cockpit Holidays zusätzlich den Ersatz vom Micro-Touroperating. In diesem Tool ist praktisch alles möglich. Ein Hotel, zwei Hotels, eine ganze Weltreise. Es können Fähren, Flixbusse oder Mietwagen gebucht werden. Das alles zusammen gibt dann einen Auftrag, der über die Aerticket Suisse AG verrechnet wird.

Da kann das Reisebüro auch seine eigene Provision einstellen. Wir übernehmen in diesem Fall den Touroperator. Es ist einfach ein super Ersatz für alle manuellen Prozesse.

Dafür braucht es aber eine Garantie?

Andreas Gantenbein: Ja, die haben wir. Im Moment noch über den Sicherungsschein von Cockpit Holidays Berlin, aber wir sind gerade dabei dem Garantiefonds beizutreten, so dass die Aerticket Suisse AG dann direkt in der Schweiz über den Garantiefonds versichert ist.

Wie viele Anwender in der Schweiz nutzen Cockpit Holidays?

Andreas Gantenbein: In der Schweiz wurde Holidays noch nicht so stark gepusht, daher eher wenig. Wir haben den Fokus bisher vor allem auf TO und auf Flüge gelegt. Aber zum Beispiel in Frankreich nutzen 50% der Anwender Cockpit Holidays und die anderen 50% das normale Cockpit.

Wer kann dieses Cockpit Holidays nutzen?

Andreas Gantenbein: Jedes Reisebüro mit einer Reisegarantie.

Wieso nutzen nicht mehr Reisebüros und TO euer System bzw. euer Angebot?

Andreas Gantenbein: Wir sind dran. Wir führen im Moment viele Gespräche. Während der Pandemie haben wir abgewartet, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass die Gespräche selten abschliessend waren und wir vieles wieder aufrollen mussten.

Was kostet denn ein Cockpit-Login?

Andreas Gantenbein: Gar nichts, das Login ist gratis. Es kostet erst dann, wenn gebucht wird. Hier verlangen wir ganz klassisch eine Gebühr.

Wie hoch sind diese Gebühren?

Andreas Gantenbein: Bei Cockpit Holidays ist es ein klassisches Touroperator-Modell mit einer Marge – grundsätzlich 15%, aber die kann selbst eingestellt werden.

Was auch noch sehr wichtig ist: Wir geben in den AGB eins zu eins die Konditionen der gebuchten Bausteine weiter. Also ein Hotel kann je nach dem bis zu einem Tag vor der Abflug kostenlos storniert werden bei uns. Gleiches gilt für Mietwagen usw.

Nick Gerber: Bei Cockpit selbst ist es ein Fee-Modell. Ein Consolidating-System, wo wir pro Ticket etwas verdienen. Wir bieten faire Konditionen – die Gebühr beträgt ungefähr 10 Franken, ist aber individuell verhandelbar.

Interview: Yannick Suter