Amex GBT: «Niemand will sich für die Rettung des Planeten opfern»

Patrick Moreillon, Amex GBT-Geschäftsführer Schweiz gibt im Interview Auskunft zu den Bemühungen des Unternehmens zur Nachhaltigen und zur Rückkehr des Corporate Travel nach der Pandemie.
Patrick Moreillon, CEO Amex GBT Schweiz

Patrick Moreillon, das diesjährige Kundenforum von Amex GBT in der Schweiz hat sich ausschliesslich um Nachhaltigkeit und die Verkleinerung des CO₂-Fussabdrucks gedreht. Ist das wirklich das wichtigste Thema im Business Travel?

Es ist zweifellos eines der allerwichtigsten Themen, nicht nur im Business Travel, auch im Freizeittourismus, in der ganzen Wirtschaft und schliesslich auch bei Ihnen und bei mir, in den Familien. Nachhaltigkeit wird uns noch einige Jahrzehnte beschäftigen.

Man redet viel, hört viel von Nachhaltigkeit, aber wo bleiben die konkreten Taten, die Passion für die Umsetzung?

Wir müssen uns alle, individuell und auch als Unternehmen, klar werden, dass wir Nachhaltigkeit nicht delegieren können. Wir müssen alle, individuell und als Unternehmen, selber handeln. Es reicht nicht, was Unternehmen und Staaten tun oder vorschreiben. Im Moment ist es doch so, dass alle abwarten und schauen, was der andere macht. Da braucht es mehr Mut zur Tat.

Warum fehlt dieser Mut?

Niemand will sich für die Rettung des Planeten opfern. Keiner will der erste sein, der etwas tut, weil ja ein Wettbewerbsnachteil daraus entstehen könnte. Das riskiert niemand. Also schaut jeder, was der andere macht.

Guter Wille reicht nicht, es braucht Zwang und Vorschriften?

Das ist eine Grundsatzfrage. Ich persönlich denke, leider müssen die Staaten eine aktivere Rolle spielen und direkter eingreifen. Aber auch sie warten ab und schauen, was der andere macht. Keiner tut den ersten Schritt, weil sich die Staaten um die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Wirtschaft sorgen

Wo liegen grössten Schwierigkeiten?

Nachhaltigkeit zu erreichen ist ein Prozess der kleinen Schritte. Zum Beispiel braucht es rasch einheitliche Standards für das Reporting von Nachhaltigkeitsanstrengungen.

Reden wir noch von etwas anderem: Wie geht es Amex GBT in der Schweiz nach der Corona-Zeit?

Als börsenkotiertes Unternehmen dürfen wir keine Zahlen nennen. Aber ich kann sagen, die Erholung hat wieder gut Fahrt aufgenommen nach dem letzten Einbruch wegen Omikron im Februar.  Im Juni haben wir global 76% des Vor-Corona-Niveaus erreicht.

Gilt das auch für Schweiz?

Das gilt auch für die Schweiz, wir sind da im Durchschnitt. In anderen Märkten rund um uns herum, Deutschland und Frankreich zum Beispiel, haben grössere Inlandvolumina die Erholung stärker getrieben. Dieses Inlandgeschäft gibt es in der Schweiz nicht, was die Erholung etwas verzögert hatte. Inzwischen haben wir aber aufgeholt. Auch dank der vielen Headquarters internationaler Konzerne in der Schweiz, die ihre Maschinen wieder starteten und die Reisetätigkeit wieder aufnahmen. Sie müssen wieder vor Ort gehen.

Wie ist das Reiseverhalten heute?

Die ersten, die wieder reisten, waren die C-Levels, also die Kader. Der Sommer war so ruhig wie immer und jetzt zieht es wieder an. Wir sind gegenwärtig im Bereich unserer Ziele und auf dem richtigen Weg zum Niveau von 2019.

Inwiefern spüren Sie den Ukraine-Krieg und seine Folgen und die Inflation?

Das hat natürlich alles Auswirkungen. Die Energiekrise wird sicher gewisse Entwicklungen verlangsamen. Was die Schweiz betrifft läuft die Entwicklung weiter wie wir sie vor dem Sommer prognostiziert haben, das sehen wir positiv.  Die Inflation in der Schweiz ist im Vergleich zu anderen Ländern Europas noch erträglich.

Wie gehen Sie mit den rasant steigenden Preisen bei Flügen und Hotels um?

Die Frage ist, wie die Unternehmen in der Schweiz und anderswo damit umgehen. Im Moment habe ich das Gefühl, dass sie die Teuerung schlucken. Priorität hat für die Weiterentwicklung ihres Geschäfts. Wie sich die Teuerungen langfristig auswirken, werden wir noch sehen. Wir bereiten uns auf verschiedene Szenarien vor.

Geschäftsreisen sind während Corona unter Rechtfertigungs- und Finanzdruck gekommen. Rechnen Sie wieder mit höheren Reisebudgets oder weniger Reisen?

Klar, jeder CFO auf dieser Welt hat natürlich während Corona die unerwartete Gelegenheit ergriffen und beim Reisen gespart. Und die Unternehmen konnten tatsächlich beträchtlich sparen, weil man gar nicht reisen konnte. Auch wenn firmeninterne Reisen zu eigenen Büros besser begründet werden müssen und der Return on Investment stimmen muss, auch wenn statt fünf Personen nur noch eine Person an eine Veranstaltung geschickt wird: Die Unternehmen wissen sehr genau, wie wichtig persönlicher Kontakt ist, trotz aller technischer Möglichkeiten.

Wir spüren Sie diese Veränderung?

Jedes Unternehmen spart gerne Kosten. Gutes Travel Management hat schon immer den RoI im Blick gehabt. Man wird darum stärker unterscheiden, ob eine Geschäftsreise wichtig und nützlich oder bloss angenehm ist. Das werden wir auf jeden Fall spüren. Die GBTA rechnet mit vollständiger Erholung bis 2026. Auch wenn der Business Travel bis dahin nicht ganz das Volumen von USD 1,4 Billionen von vor der Pandemie erreichen sollte, wird eine stattliche Zahl bleiben. Das lässt genügend Raum für viele TMC, grössere und kleinere. Es wird immer ein Bedürfnis der Unternehmen bleiben, sie bei ihren Geschäftsreisen mit einem umfassenden Programm und Angebot zu begleiten.

Haben Sie neue Kunden gewonnen, wie viele kleinere TMC?

Dazu kann ich keine Zahlen nennen. Unsere Kunden erholen sich, die KMU-Kunden sogar deutlich schneller als die Gesamtheit. Was wir sehen: Unsere Kunden brauchen uns, und zwar eher mehr als früher. Der Neustart ist schwierig, und Geschäftsreisen sind komplizierter geworden. Das macht unsere Services für Neukunden aller Grössen attraktiv.

Haben Sie die Leute, die Sie brauchen, um die Kundenanforderungen auch zu erfüllen?

Der Neustart war auch für uns schwierig. Wir mussten die Kapazitäten wieder hochfahren. Heute sind wir bei 98 bis 99% an Personal, was wir brauchen.

Welche neuen Anforderungen stellen die Unternehmen konkret?

Vor Corona war alles auf die Kosten ausgerichtet. Post-Covid steht der Reisende selber viel stärker im Mittelpunkt. Seine Sicherheit, sein Komfort, seine Zufriedenheit.

Interview: Christian Maurer

Business Traveltip News

Business Traveltip News

Die Business Traveltip News erscheinen jeden Mittwoch und liefern Ihnen schnell und umfassend die wichtigsten News aus der Businesstravel-Welt.

Email Address