Auf der Donau im Tiefenrausch

Die brandneue Excellence Empress ist mit ersten Gästen auf der Donau unterwegs und setzt weltweit neue Standards bezüglich Umweltverträglichkeit. Der Reisejournalist Kurt Schaad hat, auf Einladung von Mittelthurgau, für TRAVEL INSIDE die Empress von Passau bis Wien begleitet.
Die brandneue Excellence Empress (Mittelthurgau): Einziges Passagier-Flussschiff an der Anlegestelle Melk. © Kurt Schaad

Wien ist an sich gut gerüstet mit seinen Anlegestellen für die Donauschifffahrt. 12 Pontons stehen bereit, an denen bis zu drei Schiffe im «Päckchen» festmachen können. Nicht selten sind in der Hochsaison bis zu 36 Schiffe hier vertäut. Hochsaison wäre jetzt. Aber neben der Excellence Empress des Reisebüros Mittelthurgau liegen nur noch drei weitere Flussschiffe am Quai, um die Passagiere in eine Stadtrundfahrt zu entlassen. Corona hat auch im an sich boomenden Bereich der Donau-Flussschifffahrt deutliche Spuren hinterlassen.

Das Reisebüro Mittelthurgau hat nach einer erzwungenen Covid 19-Pause seine Schiffe im Juli wieder in Betrieb genommen. Für eine einwöchige Reise von Passau nach Budapest und wieder zurück nach Passau sind 105 Passagiere mit drei Twerenbold-Bussen (Maskenpflicht) nach Passau gekommen. Die Busse werden das Schiff parallel begleiten und für Ausflüge zur Verfügung stehen.

Die Excellence Empress ist fast ausgebucht – auch wenn etliche Kabinen leer bleiben. Die coronabedingten Tischabstände im Restaurant beschränken die Anzahl der Gäste. Eine Verbreitung des Virus auf einem Schiff wäre für jeden Reeder ein Albtraum. Deshalb wird auf der Empress peinlich genau auf die Einhaltung der «Corona-Regeln» geachtet. Alle Passagiere müssen vor Antritt der Reise beim Schiffseingang in eine fixe Kamera schauen, die mit einem Temperaturmesssensor ausgestattet ist. Dort und beim Zutritt zum Restaurant befinden sich Hand-Desinfektionsstationen. In jeder Kabine stehen Desinfektionssprays und Schutzmasken zur Verfügung. Beim Zirkulieren im Schiffsinnern wird das Tragen von Masken ausdrücklich empfohlen.

Twerenbold investiert EUR 20 Mio. in neue Empress

Ein spezieller Gast, mit einem Gewicht von rund 400 Kilogramm wird mit einem schiffseigenen Kran an Bord gehievt: ein Steinway Flügel. Er wird in der Schleuse von Altenwörth eine wichtige Rolle spielen. Das Schiff ist das neuste der Excellence Flotte. Gebaut in Serbien, kam in den Niederlanden der Innenausbau dazu. 20 Millionen Euro hat die Twerenbold Gruppe als Eignerin für die Empress bezahlt.

Irene Künzler ist die Hotelmanagerin. Wie die meisten Mitglieder der Besatzung, die sich aus 13 verschiedenen Nationalitäten zusammensetzt, war sie in Kurzarbeit. Die Frauenfelderin ist mit dem Fernwehvirus infiziert, der sie erst einmal aufs Meer führte, wo sie sich auf der MS Europa vom Comis bis zur Barkeeperin hochdiente. Mit Hotelfachschule und BMS legte sie anschliessend in der Schweiz die Grundlage für die weitere Fernwehpflege. Nun ist sie wieder auf dem Wasser unterwegs. Nicht mehr auf dem Meer, sondern auf Flüssen und ist begeistert, dass am Horizont über dem Bug auch noch «Kulissen» zu sehen sind. Seit das Schiff Anfang Juli in den Niederlanden an die Schweizer Eigentümer übergeben wurde, ist Irene auf der «Empress» dabei und hatte bei der Überführung nach Passau Zeit, sich mit ihrer Mannschaft und dem Schiff vertraut zu machen.

Es ist ein ruhiges Dahingleiten. Das einzige «Geräusch» in der Kabine stammt von der Air Condition. Die beiden Motoren sind gut isoliert. Aus Sicht der Umweltverträglichkeit ist der wichtigste Teil des Diesel-Antriebs das Abgasreinigungssystem Clean Air Technology. Ein Katalysator mindert den Stickoxid Ausstoss um mindestens 75 Prozent. Dazu kommt ein Diesel-Russpartikelfilter, der den Ausstoss von Feinstaub um mindestens 90 Prozent reduziert.

Haupt-Schadstoffemissionen markant vermindert

Mit Stolz verkündet der Eigentümer, dass die Empress weltweit das erste Flussschiff ist, bei dem die Haupt-Schadstoffemissionen derart markant vermindert werden konnten. Nachhaltigkeit kostet. In diesem Fall bedeutet das eine Mehrinvestition von rund 400’000 Schweizer Franken. Im Motorenraum befindet sich auch noch die schiffseigene Kläranlage. Der Reeder hat mit dem Streben nach Umweltfreundlichkeit auf jeden Fall auch ein gutes Marketinginstrument in der Hand.

Christine Welten vom Reisebüro Mittelthurgau ist die Reiseleiterin auf dem Schiff. Die erzwungene Corona Pause nutzte sie, um zu Hause Freundschaften zu pflegen. Sie war begeistert, wieder einmal den blühenden Frühling hautnah zu erleben. Viele Mitglieder der Besatzung haben den unerwarteten Heimaturlaub, dank Schweizer Verträgen und entsprechender Kurzarbeitsentlöhnung, sicher mehrheitlich genossen.

Man merkt aber auch, dass sie froh sind, wieder arbeiten zu können. Die Dessertspezialistin aus Portugal, der Souchef, ebenfalls aus Portugal, mit Wohnsitz in Bali, der Küchengehilfe aus Indonesien, der Bordmaschinist aus Rumänien, die serbische Kellnerin aus dem Kosovo oder der Bäcker aus Rumänien, der mitten in der Nacht aufsteht, um frisches Brot zu backen.

Zwier Keiser, der erste Kapitän, zu Hause in den Niederlanden, fand die Zwangspause mit der Zeit ziemlich nervig. Mit seinen 29 Jahren ist Zwier einer der jüngsten Kapitäne. Man müsse eben die Chance packen, wenn sie kommt, meint er mit jugendlichem Selbstbewusstsein. Er arbeitet zwei Wochen auf dem Schiff und ist dann zwei Wochen zu Hause, bevor es wieder für zwei Wochen aufs Schiff geht. In den Niederlanden kann er sein Haus fertig umbauen.

«Tiefenrausch»

Die Empress ist mit neuster Steuertechnik ausgestattet. Kapitän Keiser steuert das Schiff mit den Fingerspitzen zentimetergenau in die Schleuse von Altenwörth. Im Normalfall würde das Schiff nach etwa 15 Minuten rund 15 Meter tiefer die Schleuse wieder verlassen. Aber das hier ist nicht der Normalfall. Hier erleben die Gäste an Bord in der Folge den «Tiefenrausch» – ein Schleusenkonzert.

Der Bariton Burkhard von Puttkamer ist der Mann hinter dem speziellen Ereignis. Der Musiker merkte eines Tages, dass Scheusenkammern eine hervorragende Akustik bieten. Mindestens so gut wie diejenige der Hamburger Elbphilharmonie oder des Luzerner KKL, sagt er. Konzerte an ungewöhnlichen Orten ist das Markenzeichen des Baritons. In Deutschland hat er schon über 180 Klassik-Konzerte dieser Art organisiert. Die eindrücklichsten sind ausser Zweifel die Schleusenkonzerte, die er als Markenzeichen hat eintragen lassen und für die das Reisebüro Mittelthurgau exklusiver Partner ist.

Ein Konzert auf einem Schiff in einer Schleuse ist vor allem auch eine logistische Herausforderung. Die Schleuse kann nicht unendlich lang blockiert werden. Hilfreich ist, wenn es sich um eine Doppelschleuse handelt, wie hier in Altenwörth. Es braucht aber auch dann viel Verhandlungsgeschick und Überzeugungskraft. Vor allem, wenn solch ein Konzert in Österreich zum ersten Mal durchgeführt wird. Neben dem Schleusenbetreiber mussten auch verschiedene Amtsstellen und der Kraftwerksbetreiber zustimmen. Die gute Umweltbilanz der Empress haben den Entscheid auf jeden Fall begünstigt.

Beethoven, Schubert, Mozart oder Verdi hätten sich wahrscheinlich entzückt gewundert, wenn sie ihre Lieder und Arien für Bariton und Klavier in dieser aussergewöhnlichen Klangkammer der dunkel nassen Seitenwände und bedrohlich wirkenden Stahltore hätten hören können. Burkhard v. Puttkamer betitelte das Konzert nicht unpassend mit «Tiefenrausch». Für die Schiffsgäste war es sicher ein spezielles Erlebnis und man ertappt sich dabei, sich vorzustellen, wie es tönt, wenn ein ganzes Orchester mit Chor die Schleusenkammer mit Musik füllen würde.

Nach dem «Tiefenrausch» folgt dann wieder der «Landschaftsrausch» – das entschleunigende Dahingleiten, welches den Reiz einer Flusskreuzfahrt in erster Linie ausmacht. Und man ertappt sich dabei, sich ein wenig zu freuen, wenn man in diesen schwierigen Zeiten die Anlegestellen und den Fluss mit weitaus weniger Touristen als normal teilen muss. Freuen kann man sich aber dann, wenn die Rückkehr zur richtigen Normalität auch eine Verbesserung der Umweltverträglichkeit mit sich bringen wird.

(Kurt Schaad)