Azamara und die legendäre R-Klasse

Schiffsreisen-Update: Nach Verkauf durch Royal Caribbean Group plant Azamara mit einem vierten Schiff und einem neuen bekannten Chairman den doppelten Restart.
Die Azamara Quest der legendären R-Klasse. © Azamara
Beat Eichenberger, TRAVEL INSIDE Cruise-Spezialist

Der Verkauf der Marke Azamara durch die Royal Caribbean Group (TI berichtete aktuell) sorgte Mitte Januar für einiges Aufsehen: Die Premium-Nischenreederei mit drei kleineren Schiffen auf speziellen Routen weltweit wurde vom bislang nicht in der Cruise-Industrie engagierten New Yorker Private-Equity-Unternehmen Sycamore Partners für rund 200 Millionen US-Dollar übernommen.

Man werde Azamara als starke Marke erhalten und weiterentwickeln, versicherten die neuen Investoren. Royal Caribbean ihrerseits sah offenbar für Azamara zwischen ihrer etablierten Premium-Marke Celebrity und der 2018 zugekauften Luxus-Marke Silversea unter den herrschenden Corona-Bedingungen keine Zukunft mehr.

Ihrer Zeit voraus

Tatsächlich ist die Geschichte rund um Azamara Cruises höchst spannend: Die Reederei wurde 2007 als hochklassiges Tochterunternehmen von Royal Caribbean gegründet und auf der Basis einzelner Schiffe der einstigen Renaissance Cruises entwickelt. Dieser 1989 formierte Anbieter ist heute noch mit seiner zwischen 1998 und 2001 auf den französischen Chantiers de l’Atlantique in St. Nazaire gefertigten Neubauserie von acht kleineren, eleganten und innovativen 30’270-BRZ-Neubauten für je 674 Passagieren ein Begriff.

Diese Bauserie ging als R-Klasse (kurz als R One bis R Eight bezeichnet) in die Cruise-Geschichte ein. Die Schiffe waren mit ihrem für damalige Verhältnisse sehr hohen Anteil an Balkonkabinen und grosszügigen Platzverhältnissen (Space-Ratio) ihrer Zeit voraus. Das hohe Investment brach jedoch 2001 Renaissance Cruises das Genick, die R-Schiffe wurden von Cruiseinvest übernommen und in der Folge verchartert und verkauft. Eine wichtige Rolle spielte dabei nebst Azamara auch die 2002 von Branchen-Crack Frank Del Rio gegründete Oceania Cruises (seit 2017 Teil der Norwegian Cruise Line Holdings):

  1. R One: ging als Insignia an Oceania Cruises, war zwischenzeitlich als Columbus 2 für Hapag-Lloyd Cruises im Einsatz und danach erneut als Insignia bei Oceania.
  2. R Two: ging als Regatta an Oceania.
  3. R Three: ging als Pacific Princess an Princess Cruises und wurde eben erst von Azamara übernommen.
  4. R Four: ging als Tahitian/Ocean Princess an Princess Cruises und danach als Sirena an Oceania.
  5. R Five: wurde vorerst von Pullmantur gechartert und ging danach als Nautica an Oceania.
  6. R Six: wurde vorerst von Pullmantur gechartert und ging danach als Azamara Journey an Azamara.
  7. R Seven: wurde vorerst von Delphin Seereisen gechartert, ging danach an Pullmantour und schliesslich als Azamara Quest an Azamara.
  8. R Eight: wurde vorerst von Swan Hellenic gechartert, ging danach als Royal Princess an Princess Cruises, später als Adonia an P&O Cruises und schliesslich als Azamara Poursuit an Azamara.
Orlando Ashford kommt an Bord

Mit der kürzlichen Übernahme der Pacific Princess (ex-R Three) durch Azamara zeigt sich somit das interessante Bild, dass sämtliche R-Schiffe nun konzentriert auf zwei Reedereien auf dem Markt sind: Vier Einheiten bei Oceania, jetzt neu ebenfalls vier Einheiten bei Azamara. Beide Reedereien haben in den letzten Jahren tüchtig in ihre inzwischen doch rund 20 Jahre alte R-Flotten investiert und die Schiffe modernisiert.

Azamara wurde jahrelang durch CEO und Präsident Larry Pimentel geprägt, der zuvor Seadream Yacht Club leitete. Pimentel schied Anfang 2020 aus, offenbar nach Differenzen mit Royal Caribbean über die weitere Ausrichtung von Azamara. Nun teilt Sycamore mit, dass man Orlando Ashford als neuen Executive Chairman von Azamara an Bord geholt habe. Ashford ist ein erfahrener Manager, der bis im letzten Sommer Präsident von Holland America Line war und zuvor Führungspositionen in anderen Industriebereichen hielt. Als Präsidentin von Azamara wurde die bisherige COO Carol Cabezas ernannt.

Das neue Führungsteam ist nun gefordert, sowohl den Corona-Neustart wie auch den unternehmerischen Neustart von Azamara erfolgreich zu gestalten. Die Marke war bis anhin in Europa nicht sehr bekannt, doch dies könnte sich ändern: Dem Konzept kleinerer Schiffe auf sorgfältig entwickelten, nicht alltäglichen Destinations-Routen, oft mit längeren Liegenzeiten und Übernacht-Aufenthalten verknüpft und exklusiven Extras und Events aufgewertet, wird gerade nach Corona gute Chancen zugesprochen.


Hier weitere, noch nicht gesondert gemeldete News der letzten Tage aus der weiten Welt der Schiffsreisen:

  • Star Clippers belohnt Frühbucher. Der grösste Anbieter von Segel-Kreuzfahrten verlängert den Frühbucher-Vorteil für seine drei Grosssegler bis 31. März 2021. Es locken Nachlässe bis 20 Prozent. Die aktuelle Planung für den Fünfmaster Royal Clipper wie für den Viermaster Star Flyer sieht diesen Sommer verschiedene Routen im Mittelmeer vor, die Star Clipper legt letztmalig Fahrten in Südostasien auf.
  • Celestyal lanciert Flash-Sales. Die griechische Celestyal Cruises setzt auf die Griechenland-Saison 2021 und legt eine Reihe von wöchentlichen Flash-Sales auf, die auf ausgewählten einwöchigen Aegäis-Kreuzfahrten Preise ab 599 Euro pro Person bei Doppelbelegung bieten. Die bis 26. März vorgesehenen Flash Sales umfassen zudem eine Anzahlung von nur 99 Euro pro Kabine und die Möglichkeit, die Reise bis 30 Tage vor Abfahrt umzubuchen.
  • Sea Cloud verschiebt Neustart. Die deutsche Reederei Sea Cloud Cruises mit ihren (bald) drei exklusiven Segel-Kreuzfahrtschiffen will ihre Aktivitäten nach der Corona-Pause am 7. Mai mit der Sea Cloud I ab/bis Piräus nach der griechischen Inselwelt wieder aufnehmen. Die Sea Cloud II startet am 2. Juni ab/bis Nizza mit Reisen entlang der Côte d’Azur und nach Korsika. Und der Neubau Sea Cloud Spirit kommt ab 2. Juni ab/bis Rom nach Sizilien und Korsika zum Einsatz.
  • Ponant wurde ausgebremst. Der ab 8. Februar 2021 geplante Einsatz der Le Laperouse von Ponant auf sieben Kreuzfahrten für den neuseeländischen Markt wurde von der neuseeländischen Regierung verhindert. Der Crew wurde wegen der strengen Covid-Einreisebestimmungen das notwendige Visum verweigert.
  • Viva Cruises mit vier eigenen Flussschiffen. Der Flussreiseanbieter der Basler Scylla-Reederei, Viva Cruises, setzt künftig ganzjährig vier eigene Schiffe ein. Dabei wird das Branding angepasst: Nebst der Viva Tiara erhalten die bisherigen zwei Einheiten Treasures und Inspire den Zusatz «Viva», und die 2018 erbaute Robert Burns wird in Viva Moments umbenannt. Der auf 2021 geplante Neubau Viva One wird auf 2022 verschoben.
  • Royal Caribbean erneuert Galapagos-Flotten. Die beiden in den Galapagos-Inseln aktiven Reedereien der Royal Caribbean Group modernisieren ihre Flotten: So hat sich Silversea von der Silver Galapagos getrennt und setzt dafür (sobald es Corona zulässt) die im letzten Sommer neu erbaute Silver Origin ein. Und Celebrity Cruises hat die Celebrity Xperience an Emerald Blue Cruises (Panama) verkauft und diese bereits 2019 durch die neue Celebrity Flora ersetzt. Weiterhin im Einsatz soll die Celebrity Xploration verbleiben.
  • Norwegian publiziert neuen Katalog. Wie Travel Inside bereits meldete, hat Norwegian Cruise Line den neuen deutschsprachigen Katalog 2021-2023 publiziert. Die neue Rekordzahl von acht Schiffen wird für Europa-Fahrten eingesetzt, darunter z.B. die rundumerneuerte Norwegian Spirit im östlichen Mittelmeer, die Norwegian Jade ab Amsterdam nach den britischen Inseln oder die Norwegian Star ab Reykjavik nach Grönland. Das weltweite Programm führt u.a. erstmals Fahrten in die Antarktis, eine grössere Zahl von Alaska-Reisen oder Routen in Afrika oder Südostasien/Japan auf.
  • Princess Cruises mit Routen-Specials. Die Planung 2021/22 von Princess Cruises sieht im Januar 2022 eine spezielle Südamerika-Tour mit der Diamond Princess von Santiago de Chile rund um das Kap Horn mit Sceenic Cruising in der Antarktis nach Buenos Aires vor. Die Sapphire Princess legt zu dieser Zeit eine spezielle Fahrt von Melbourne entlang der Küsten Neuseelands mit Besuch der Fjorde auf. Buchungen bis 2. März profitieren von einem Bordguthaben bis zu 300 US-Dollar pro Kabine.
  • Celebrity besucht Down Under . Die Celebrity Eclipse kehrt in der Saison 2022/23 nach Australien und Neuseeland zurück mit Abstechern nach Zielen im Südpazifik. Von Sydney und Auckland aus sind 19 verschiedene Reiserouten zwischen 5 bis 18 Tagen programmiert.
  • Regent Seven Seas gibt sich romantisch. Die US-internationale Luxus-Reederei Regent Seven Seas stellt spezielle Reisen für 2022/23 vor, die sich ideal für romantische Jubiläen und andere Zweisamkeiten eignen. Besondere Routen kreisen um Erlebnisse wie eine Gondelfahrt in Venedig, den Sonnenuntergang auf den Bermudas, die Leidenschaft des argentinischen Tangos, das Paradies der Malediven oder die Kirschblüten-Saison in Japan.
  • Silversea stellt Programm 2022/23 vor: 315 neue Reisen hat Silversea, die Luxusmarke der Royal Caribbean Group, für die Periode 2022/23 entwickelt. Das weltweite Programm der sechs klassischen Liner und drei Expeditionsschiffe führt unter anderem eine grosse Palette von Fahrten in Europa auf, aber auch spezielle Routen in Alaska, der Antarktis, in den Galapagos-Inseln und in der Kimberley-Region Australiens.
  • Holland America geht auf Grand Voyage. Die Grand World Voyage 2023 von Holland America Line ist buchbar und führt ab 3.1.23 in 128 Tagen mit der Zaandam ab/bis Fort Lauderdale via Panamakanal, Australien, Südafrika und Europa wieder zurück nach Florida. Auf einer weiteren Grand Voyage umrundet die Zaandam im Herbst 2022 Afrika und die Volendam Anfang 2023 Südamerika. Es sind natürlich auch einzelne Teilstrecken buchbar.

(Beat Eichenberger)