«Momentan ist der Stellenmarkt ausgetrocknet»

Christina Renevey, Inhaberin und Geschäftsführerin von Travel Job Market in Zürich über die Situation bei den Personaldienstleistern.
Christina Renevey / zVg

Nicht nur für die Reiseveranstalter ist die derzeitige Krise schwierig, auch die Personaldienstleister stehen vor grossen Herausforderungen. «Vor Corona haben wir kaum Fachpersonal gefunden und wir konnten unseren Kunden nur mit Mühe passende Dossiers zukommen lassen. Seit Corona werden wir mit Bewerbungen geflutet», erklärt Christina Renevey, Inhaberin und Geschäftsführerin von Travel Job Market in Dänikon.

Reisebüros schliessen und Mitarbeitenden wird gekündigt. Für die Reisespezialisten, die jetzt eine neue Stelle suchen, gebe es kaum offene Stellen, die Travel Job Market vermitteln könne.

Momentan erschwere auch die Kurzarbeit die Vermittlung von passenden Talenten. Denn wenn jemand von sich aus kündigt und der Arbeitgeber die Stelle wieder besetzen möchte, sei das immer mit Auflagen verbunden. Die Kurzarbeit erschwere hier das Engagieren neuer Mitarbeitenden.

«Was ist, wenn es wieder los geht und man wieder reisen kann? Dann werden die Kunden in die Reisebüros strömen, aber die Fachkräfte werden dann fehlen», erklärt Christina Renevey. Viele Reisebüromitarbeitende, die ihre Stelle verloren haben, hätten in andere Branchen gewechselt. Was auch verständlich sei. Zudem seien Reisebüromitarbeitende im Arbeitsmarkt gefragt: «Die meisten sind sprachgewandt, flexibel und belastbar», erklärt die Personalfachfrau.

Ein grosser Teil der Reisespezialisten seien glücklicherweise leidenschaftlich mit der Branche verbunden und daher hoffe sie, dass sie wieder zurückkehren. Christina Renevey rechnet aber damit, dass einige dennoch davon absehen: «Die Löhne in der Branche sind tief und darum gehe ich davon aus, dass es auch einige gibt, die darum nicht mehr retour möchten.»

Viel Arbeit und wenig Ertrag

Den Personaldienstleistern geht es ähnlich wie den Reisebüros. Sie erhalten viele Dossiers, die sie aktuell bearbeiten müssen, können aber kaum Mitarbeitende vermitteln und der Umsatz bleibt aus. So eine Situation habe sie in den vergangenen 27 Jahren, in denen sie auf dem Markt sei, noch nie erlebt. Noch vor Corona gab es 150 offene Vakanzen. «Im Moment sind es noch deren 20.»

Da es in der Reisebranche im Moment schwierig sei, Mitarbeitende zu vermitteln, weiche auch sie auf andere Branchen aus. «Wir sind dabei, unsere Kontakte auszuweiten, damit wir mehr Spielraum für Vermittlungen haben.» Wie sich die Lage in Zukunft entwickle, da könne sie gar keine Prognose stellen.

«Im Moment fokussieren wir uns auf Bewerbungscoachings. Wir überarbeiten mit unseren Kandidaten ihre Curriculum Vitae und ihre Bewerbungsunterlagen.» Zudem bieten sie Schulungen für Auftrittskompetenzen an und bereiten die Stellensuchenden auf bevorstehende Vorstellungsgespräche vor.

Auf die Frage, wie es mit den Fachkräften aussehe, die frisch ab der Ausbildung kommen, erklärt Christina Renevey, dass es nur wenige seien, die sich bei ihr melden. «Ich gehe davon aus, dass die meisten eine Anschlusslösung gefunden haben oder beispielsweise die Berufsmatura nachholen.»

Dasselbe in der Eventbranche

In der Eventbranche, für die Travel Job Market auch Stellen vermittelt, sehe es in etwa gleich aus. Da gebe es auch kaum freie Stellen. «Zudem stelle ich fest, dass die Digitalisierung einen regelrechten Schub erlebt hat. Daher sind sogenannte ‹Digital Natives› äusserst gefragt auf dem Arbeitsmarkt», erklärt die Personalfachfrau.

(Daniela Oegerli)