Für den Notfall gerüstet

Wer seine Mitarbeiter auf Reisen schickt, darf sich nicht auf private Reiseversicherungen oder Krankenkassen verlassen. Die Wahl einer Geschäftsreiseversicherung ist notwendig, aber komplex.
SicherReisen2

Eine Reise muss kurzfristig abgesagt werden, und der Flugpreis ist nicht rückerstattungsfähig; das Gepäck mit dem teuren Laptop drin taucht am Zielort nicht mehr auf; aufgrund einer
Verspätung verpasst man den wichtigen Anschlussflug; auf der Reise wird man plötzlich krank oder verletzt sich und muss einen teuren Spitalaufenthalt in Kauf nehmen… Auf einer Geschäftsreise kann leider das eine oder andere schiefgehen. In solchen Fällen ist man froh, eine Reiseversicherung abgeschlossen zu haben, die solche Vorkommnisse abdeckt und einem im Notfall auch die richtigen Ansprechpersonen für eine Beratung zur Seite stellt.

Über die Krankenkasse oder die Kreditkartenfirma sind häufig schon gewisse Reiserisiken versichert. Ausserdem schliessen viele Reisende eine private Versicherung für ihre Ferien ab, die sich häufig über ein ganzes Jahr erstreckt. Braucht es für Geschäftsreisen deshalb überhaupt noch eine separate Versicherung? Die Experten der Versicherungsanbieter beantworten diese Frage mit einem klaren Ja. «Mit den existierenden Grunddeckungen bei Krankheit und Unfall sind oftmals noch Lücken vorhanden. Ebenso bei Buchungen mit Kreditkarten und Abrechnungskarten, bei denen selten umfassende Reiseversicherungen
inkludiert sind», erklärt Rolf Schwarz von der Axa Assistance. Er erinnert zudem an die Fürsorgepflicht zum Schutz der Mitarbeiter, die dem Arbeitgeber obliegt. «Diese Pflicht besteht auch bei Auslandsreisen. Oftmals denken Unternehmen nur an den Unfall, nicht aber an den Krankheitsfall.»

Die Beratungsfirma ASN führt weiter aus: «Da es dem Arbeitgeber unmöglich ist, den Versicherungsschutz jedes einzelnen Mitarbeiters auf dessen Auslandsaktivität zu prüfen, empfehlen wir eine Volldeckung, die unabhängig vom Versicherungsschutz im Heimatland Leistungen erbringt.»

AUFGEPASST BEI RISIKOLÄNDERN

Petra Eggimann von der Europäischen Reiseversicherung bringt noch weitere Argumente ins Spiel: «Die Leistungen der Ferien- und Freizeitversicherungen weichen oft markant von denen einer Geschäftsreiseversicherung ab. Ausserdem steigen die Gesundheitskosten im Ausland, zum Beispiel in Nordamerika oder Asien, zusehends und die Krankenkassenleistungen sind oft nicht mehr ausreichend.»

Mit den geläufigen Geschäftsreiseversicherungen (siehe Box) sind diese Risiken abgedeckt, sofern Heilungskosten ein Bestandteil davon sind. Aufpassen muss man mit Reisen in Risikoländer, also Des-Versicherung empfiehlt einen Kollektivvertrag für Firmen mit 150 Reisetagen pro Jahr oder mehr. Ein allfälliger Restsaldo kann oftmals auf die kommende Versicherungsperiode übertragen werden.

Die Axa Assistance empfiehlt auf alle Fälle Kollektivlösungen, da sie in der Regel günstiger als individuelle Policen seien. «Bei uns deckt eine Geschäftsreiseversicherung in der Regel sämtliche reisenden Angestellten, auch in Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Reisenden», sagt Rolf Schwarz. Die Prämie hängt von Komponenten wie Destinationen, Dauer, Tätigkeit etc. ab und bewegt sich in unserem Beispiel bei CHF 1500 bis 2000 bei 100 Mitarbeitenden mit 500 Reisetagen bzw. bei CHF 14000 bis 18000 bei 1000 Mitarbeitenden
mit 5000 Reisetagen.

Die anderen zwei angefragten Versicherungen können keine Bandbreite nennen, da die Prämie je nach inkludierten Bausteinen und Deckungssummen stark varieren können. «Die Mindestprämie liegt bei CHF 500 und ist nach oben offen», heisst es bei der Allianz Global Assistance. Sie empfiehlt eine Kollektivversicherung nur für grössere Unternehmen oder KMU mit vielen Reisetagen. So hält es auch die Mobiliar: «Wenn in einer Firma sehr wenige, namentlich bekannte Personen reisen, z.B. Aussendienst, Verkäufer oder die Geschäftsleitung, wird oft für jede betroffene Person eine private Reiseversicherung
abgeschlossen. Das hat den Vorteil, dass sowohl ge-tige Angelegenheiten (EDA) abrät. Die meisten Anbieter versichern Reisen in diese Länder zwar auch, aber nur gegen einen Prämienaufschlag. Bei der Axa Assistance gibt es beispielsweise eine spezielle Krisenassistance, die in solchen Fällen hinzubuchbar ist. Andere verlangen ab einer gewissen Häufigkeit solcher Reisen einen etwas höheren Tagesansatz. Anders sieht es hingegen aus, wenn Naturkatastrophen, Kriege oder terroristische Aktivitäten erst nach Reisebeginneinsetzen. Diese Risiken sind in der Regel mitversichert.

EINER FÜR ALLE?

Ein Unternehmen muss sich die Frage stellen, ob es seine Mitarbeiter einzeln versichern will oder gleich einen Kollektivvertrag für die Reisetätigkeiten der ganzen Firma abschliesst. Die Europäische Reiseversicherung empfiehlt bereits ab drei reisenden Personen eine Police für das gesamte Personal. Die Prämie basiert in solchen Fällen auf der Anzahl jährlicher Reisetage und schwankt je nach Anzahl inkludierter Personen, Reisedestinationen, mitversicherten
Gesellschaften und Tätigkeiten während der Reisen. Die Versicherung nennt zwei Beispiele: Für 100 Mitarbeitende mit total 500 Reisetagen beträgt die Prämie zwischen CHF 1250 und 4000; für 1000 Mitarbeitende mit total 5000 Reisetagen zwischen CHF 10000 und 25000. «Unser Slogan lautet: Die Tagesprämie pro Person kostet weniger als eine Tasse Kaffee», so Eggimann.

Auch die ASN nennt Beträge in dieser Grössenordnung. «Eine umfassende Deckung ist bereits ab jährlich CHF 3200 für 500 Reisetage bzw. CHF 18000 für 5000 Reisetage pro Jahr erhältlich.» Die Anzahl Personen spielt bei der ASN keine Rolle; eine Firma muss im Voraus auch nicht melden, wer die Reisenden sind. Dieschäftliche wie auch private Reisen versichert
sind», erklärt Mobiliar-Sprecher Jürg Thalmann.

SicherReisen
Medizinische Versorgung kann sehr teuer werden.

NACH DEM MEETING AN DEN STRAND

Dies wird vor allem dann zum Thema, wenn ein Mitarbeiter an seine Geschäftsreise gleich noch ein paar Tage Ferien an derselben Destination anhängt. Dann greifen nämlich viele Geschäftsreiseversicherungen nicht mehr. Bei der Allianz Global Assistance sind diese Verlängerungen in der Einzel-Jahresversicherung zum Beispiel nicht gedeckt, im firmenweiten Kollektivvertrag hingegen sind maximal zehn Tage vor oder nach der Geschäftsreise mitversichert. Bei der Axa Assistance sind angrenzende Ferientage mitversichert, und auf Wunsch können sogar Familienmitglieder, die auf der Geschäftsreise mit dabei sind, in die Deckung eingeschlossen werden. Bei ASN lassen sich Privatreisen – egal, ob in Zusammenhang mit einer Geschäftsreise oder nicht – zum üblichen Tagessatz mitversichern, und bei der Corporate Travel Insurance der Europäischen Reiseversicherung sind 21 Ferien- oder Freitage am selben Ort mit drin. Mit dem Premium- Produkt erstreckt sich die Deckung auch auf Begleitpersonen.

Es zeigt sich: Die Vielfalt der Angebote und Bausteine ist enorm. Eine Standardlösung gibt es nicht; die meisten Anbieter setzen auf individuelle Lösungen oder auf mehrere vordefinierte Leistungs-Pakete. Fragt man die Versicherer nach den absoluten «Musts» für eine Geschäftsreiseversicherung, zeichnet sich aber ein recht einheitliches Bild ab: Praktisch alle erwähnen eine Assistance mit SOS-Schutz sowie eine Deckung für die Heilungskosten infolge Krankheit oder Unfall als Basis.