Camper-Ferien: «Fahrzeugbeschaffung wird ein grosses Problem sein»

Motorhome-PM Bruno Jäger von Carxpress/Hotelplan analysiert die Lage auf dem Markt mit den Ferienmobilen.
©Hotelplan

Auf den eigenen vier Rädern in die Ferien statt mit hunderten anderen Menschen ist Flugzeug sitzen – Camper und Motorhomes liegen seit Ausbruch der Corona-Pandemie im Trend. Allerdings neu in der Nähe, wo die Häuser auf Rädern bald knapp und damit teuer werden dürften. Die klassischen Destinationen in Nordamerika sind dagegen noch lange praktisch unerreichbar.

Bruno Jäger, Product Manager Motorhomes/Bikes bei Carxpress von Hotelplan, analysiert für TRAVEL INSIDE die Situation. Jäger gehörte im Juni 2020 zu den rund 130 Hotelplan-Angestellten, welche in der Corona-Pandemie die Kündigung erhielten. Seit dem 1. März 2021 ist er wieder in seiner alten Funktion bei Hotelplan tätig.


Bruno Jäger.

Bruno Jäger, Camper und Motorhomes verkaufen sich in der Schweiz laut der Autobranche wie warme Weggli – wie schaut es bei den Mietcampern aus, profitieren sie auch vom Boom der Reisemobile?

Wir spürten dieses Jahr eine vermehrte Nachfrage nach Offerten für Camper ab der Schweiz. Für nächstes Jahr erwarten wir mehr Buchungen ab der Schweiz, da unsere Partner im Europäischen Ausland sehr früh ausgebucht sein werden.

Welche Art von Camper ist in der Schweiz gefragt?

Meist kleine Camper für 2-3 Personen.

Und wohin wird damit gefahren?

Ein Teil bleibt in der Schweiz, ein Teil ins nahe Ausland und ein ganz kleiner Teil fährt damit in die Nordischen Länder. Letzteres war dieses Jahr jedoch aufgrund der geschlossenen Grenzen in Norwegen und Finnland teilweise herausfordernd.

Ein grosser Teil des Camper-Business aus der Schweiz findet allerdings in Nordamerika statt – und liegt jetzt wahrscheinlich am Boden oder gibt es eine Nachfrage?

Wir hatten für die USA tatsächlich einige Buchungen im Sommer 2021. Die Kunden sind zum Beispiel nach zwei Wochen Badeferien in Mexiko via Flugzeug in die USA gereist und haben dort ihre Ferien mit dem Motorhome fortgesetzt. Aktuell haben wir auch einige Kundinnen und Kunden, die dank der geöffneten Grenzen in den Herbstferien Kanada mit dem Motorhome entdecken dürfen.

Wie lange wird es dauern, bis das Geschäft zurück kommt, wenn die Grenzen wieder geöffnet sind?

Das ist schwierig zu sagen. Für 2022 erwarten wir einen Nachholbedarf für Skandinavien und auch Kanada könnte sich positiv entwickeln, sofern die Einreise nach Kanada weiterhin möglich ist.

Kanada hat seine Grenzen gerade eben geöffnet. Wie läuft es mit Camperferien dort?

Wie man hört, kommen Neubuchungen hauptsächlich aus den Niederlanden und Deutschland rein. Die Schweizer Reisenden sind bei allen Veranstaltern gemäss unserem wichtigsten Motorhome-Partner in diesem Herbst praktisch inexistent.

Gibt es Buchungen, bzw. werden gebuchte Reisen angetreten?

Da wo die Grenzen geöffnet sind werden die gebuchten Reisen auch angetreten.

Für wann wird wieder gebucht?

Wir durften noch einige kurzfristige Buchungen für die kommenden Herbstferien für Reisen nach Schweden, Spanien und Portugal entgegen nehmen. Ansonsten haben wir – Stand heute – für das nächste Jahr hauptsächlich Kanada-Buchungen in den Büchern. Buchungen für Motorhome-Ferien in den USA sind aufgrund der aktuellen Lage noch sehr verhalten. Innerhalb Europas verzeichnen wir erste Buchungen für Deutschland und Spanien.

Von den USA erwartet man die Öffnung frühestens für Oktober oder November. Für wann und wo wird gebucht?

Die Wintersaison ist in den USA typischerweise keine Motorohome-Saison für unsere Kundinnen und Kunden. Erste Buchungen durften wir für Ferien ab April an der Westküsten in den Regionen rund um Seattle, San Francisco und Los Angeles entgegennehmen.

Wie sieht es bei den Anbietern aus nach mehr als anderthalb Jahren ohne internationalen Tourismus, sind Fahrzeuge in genügender Menge verfügbar?

Die meisten Anbieter konnten vom lokalen Markt profitieren. Aber da die Kanadier und US-Amerikaner nicht wie wir Schweizer meist ein Motorhome für zwei, drei  Wochen, sondern nur für ein verlängertes Wochenende, buchen, waren die Einkünfte unserer Motorhome-Partner massiv kleiner und mit viel mehr Arbeit verbunden. Die Beschaffung von neuen Fahrzeugen könnte jedoch zu einem grossen Problem werden. Die Fahrzeugbeschaffung wird ein grosses Problem sein. Ich hatte gerade von einem Fahrzeughersteller in Deutschland erfahren, der für 2022 bereits 24’000 Camper verkauft hat, ihm aber infolge fehlender technischen Komponenten nur 14’000 Chassis geliefert werden konnten. . Entsprechend erhält einer unser wichtigsten Anbieter statt der georderten 100 Fahrzeuge nur 70 Fahrzeuge, und das nicht vor Herbst 2022, obwohl seine Flotten einen dringenden Erneuerungsbedarf hat.

Dies wiederum bedeutet, dass die Preise vermutlich deutlich steigen werden und es für die nächsten Sommermonate schwierig werden kann, das passende Motorhome zu finden – sei dies in Europa aber auch in Nordamerika. Wir empfehlen deswegen, Motorhome-Ferien frühzeitig zu planen und buchen.

Was sind die Erwartungen für Australien und Neuseeland, ebenfalls Motorhome-Destinationen?

Es ist noch nicht bekannt, wann Australien und Neuseeland ihre Grenzen wieder öffnen werden. Daher ist es sehr schwierig für diese Destinationen eine Prognose zu geben. Es wird jedoch vermutlich länger dauern als zum Beispiel in den USA oder Kanada, bis die beiden Länder bezüglich Motorhome-Buchungen wieder auf Vor-Corona-Niveau sein werden.

Zum Schluss noch für Neulinge: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Camper und einem Motorhome?

Ein Camper ist wendiger und kleiner und kann auch für Fahrten in die Innenstädte benutzt werden. Das Camper-Chassis basiert auf Lieferwagen-Chassis. Und da gibt es noch die beliebten VW Transporter T 6.1, die auch als Campervan laufen und generell unter 3,5 Tonnen liegen. Sie sind für maximal für 2-3 Erwachsene oder 2 Erwachsene und maximal 2 Kinder geeignet.

Ein Motorhome basiert meist auf einem Lastwagen-Chassis und bietet in Nordamerika Platz für bis zu 8 Personen. In Europa sind sie kleiner bis max. 6 Personen. Das Kriterium in Europa ist, dass wir keine Camper über 3,5 Tonnen inkl. Zuladung vermieten.

(Interview: Christian Maurer)