Cathay Pacific: «Dass die Branche uns sagt, was sie konkret von uns braucht»

Vorausgesetzt China öffnet sich, rechnet Cathay Pacific damit, bis Mitte 2024 wieder auf dem Niveau von 2019 zu operieren.
Kinto Chan, Regional General Manager Europe von Cathay Pacific. ©BRA

Nach beinahe drei Jahren Absenz ist Cathay Pacific zurück und verbindet Zürich mit Hongkong mit zwei wöchentlichen Flügen jeweils dienstags und freitags.

Kinto Chan, Regional General Manager Europe, erklärt im Interview mit TRAVEL INSIDE wie die Wiederaufnahme der internationalen Verbindungen von Cathay Pacific abläuft und in Zukunft ablaufen wird.


Kinto Chan, im Oktober transportierte Cathay Pacific 400’000 Passagiere, was 85% weniger als im Oktober 2019 ist. Wann glauben Sie wieder das Niveau von vor der Pandemie zu erreichen?

Wir denken, dass wir Ende 2023 auf einer Kapazität von etwas mehr als 70% von vor der Pandemie sein werden und hoffentlich Mitte 2024 auf dem gleichen Niveau wie 2019.

Damit sind wir im Vergleich zu anderen asiatischen Airlines bessergestellt. Die IATA sagte voraus, dass die asiatischen Fluggesellschaften erste Ende 2024 zurück auf dem Niveau von 2019 sind. Unsere Vorausschau und die Art wie die Nachfrage nun zurückkommt, macht uns zuversichtlich, dass wir früher dort ankommen.

Das hängt aber offensichtlich davon ab, ob China sich öffnet oder nicht?

Korrekt, weil wir 19 Ziele auf dem chinesischen Festland anflogen, beispielsweise zehnmal täglich Hongkong – Bejing und achtzehnmal täglich Hongkong – Shanghai mit Grossraumflugzeugen.

Festland China ist ein grosser Teil unseres Markts und wenn dieser in diesem Zeitrahmen nicht öffnet, kann uns dies vor andere Herausforderungen stellen.

Wir sehen allerdings auch, dass andere asiatische Märkte, die erst vor kurzer Zeit öffneten, sehr schnell wachsen. In Japan beispielsweise, welches wie Hongkong im September öffnete, bedienen wir bereits wieder sieben Destinationen. Die Geschwindigkeit der Erholung in Asien ist aussergewöhnlich.

Betrachten wir bestimmte Routen wie Hongkong–Europa und Hongkong–Australien/Neuseeland. Auf welchem Niveau befindet sich die Kapazität im Vergleich zu 2019?

Das hängt stark vom eigentlichen Ziel ab. In London beispielsweise sind wir mit vier täglichen Flügen beinahe wieder auf dem Niveau von 2019. In Paris sind wir bei vier Flügen, in Frankfurt ab Januar bei sechs Flügen gegenüber vor der Pandemie, als wir diese Städte täglich anflogen.

Natürlich hoffen wir, dass wir auch in Zürich rasch die Frequenzen steigern können.

Zurzeit ist unsere Strategie nicht darauf ausgerichtet, möglichst viele Flüge auf einer Route anzubieten, sondern möglichst viele Ziele anzufliegen. Traditionell ist Hongkong von seiner Reichweite abhängig. Hongkong hat eine nach aussen gerichtete Wirtschaft und ist auf Verbindungen in alle Teile der Welt angewiesen.

Wie sieht es auf der Känguru-Route nach Australien und Neuseeland aus?

Vor der Pandemie flogen wir Adelaide, Auckland, Brisbane, Christchurch, Melbourne, Perth und Sydney an. Heute fehlen nur noch Adelaide und Christchurch, wobei wir planen, diese beiden Städte im nächsten Sommer wieder zu bedienen.

Die Anti-Covid-Massnahmen Hongkongs sind nach wie vor strikt. Tests werden benötigt und eine Selbstüberwachung ist Pflicht. Wie beeinflusst diese die Nachfrage für den Flug ab Zürich?

Wir sehen das eher als Stimulator anstatt als Hindernis. Ursprünglich planten wir nur einmal pro Woche Zürich zu bedienen. Als wir den Verkauf starteten reagierte der Markt dermassen gut, dass wir, noch bevor die Operation überhaupt startete, einen zweiten wöchentlichen Flug auflegen konnten. Die Auslastung der Flüge liegt bei 98 Prozent.

Als Fluggesellschaft hoffen wir natürlich, dass es in Hongkong bald wie in Europa sein wird und man sich frei bewegen kann.

Wie sind die Anteile zwischen zielreinem Verkehr nach Hongkong und demjenigen zu Anschlusszielen?

Als Beispiel auf dem heutigen Flug, er eine Kapazität von 280 Passagiere hat, fliegen 145 rein nach Hongkong und der Rest reist über weiter zu anderen Zielen.

Die beiden wöchentlichen Flüge haben eine sehr lange Aufenthaltsdauer in Zürich von rund 29 Stunden. Kann eine solche Operation rentabel sein?

Wir betreiben heute nur einen Drittel unserer Flugzeuge. Eine solche Operation mag etwas teurer sein, hilft uns aber, mit der reduzierten Flotte neue Ziele zu bedienen. Zudem können wir die damit bei den Passagieren beliebtesten und für die Fracht geeignetsten Flugtage bedienen.

Das wird sich aber ändern je weiter Cathay Pacific hochfährt?

Ja, natürlich. In Frankfurt sind wir bereits wieder bei einer normalen Operation mit normalen Aufenthaltszeiten.

Cathay Pacific gehört teilweise der Swire Group und teilweise der staatlichen chinesischen Fluggesellschaft Air China. Wie ist die Beziehung zwischen Cathay Pacific und Air China?

Air China und wir sind zu einem gewissen Teil Konkurrenten, zu einem gewissen Teil aber auch Zusammenarbeitspartner. Beispielsweise von Hongkong nach Beijing, vor der Pandemie, führten wir alle Flüge gemeinsam als Codeshare-Flüge durch. Jedoch auf vielen anderen Routen sind wir starke Konkurrenten, beispielsweise auf der Strecke von Shanghai nach Sydney. Es handelt sich also um eine freundliche, aber kompetitive Beziehung, würde ich sagen.

Von Europa nach China betrachte ich Air China als einer unserer grössten Mitbewerber.

Wie kommt es, dass Cathay Pacific bei Oneworld ist und Air China bei Star Alliance?

Für uns ist das nicht ungewöhnlich, denn wir denken immer aus Kundensicht und wie wir unseren Kunden den grösstmöglichen Vorteil bieten können.

Air China, als Star Alliance Mitglied, bringt einen einzigartigen Vorteil mit, nämlich ein riesiges Netzwerk in China, weshalb wir auf den Flügen von Hongkong nach China Partner sind.

Gleichzeitig sind wir aber enge Partner der Lufthansa Group, weshalb die CX-Flüge von Zürich nach Hongkong und zurück auch einen LX-Code und die LX-Flüge einen CX-Code haben. Die Lufthansa Group bietet auf den Routen von Ostasien nach Europa die besten Möglichkeiten für unsere Kunden, weshalb wir in dieser Partnerschaft sind.

Für uns ist weniger wichtig zu welcher Allianz wir gehören, sondern viel wichtiger, welche Möglichkeiten wir unseren Kunden bieten können.

Ist Cathay Pacific frei in ihren kommerziellen Entscheidungen, unabhängig von Air China?

Absolut, wir treffen unsere Entscheidungen völlig unabhängig und sind Mitbewerber.

Investiert Cathay Pacific in den Ausbau der Flotte?

Ja das tun wir. Wir nehmen viele A-350-1000 in der Flotte auf, welcher das Rückgrat unserer Langstrecken-Flotte sein wird. Der A-350-1000 ist sehr effizient in Bezug auf den Treibstoffverbrauch. Wir haben ein sehr ambitioniertes Ziel in Bezug auf unsere CO2-Emissionen bis 2030.

Es gibt bei der Reduktion von C02-Emissionen drei Säulen. Eine Säule ist die Operation, auf welche wir eher geringen Einfluss haben. Eine weitere ist der nachhaltige Treibstoff, in welchen wir sehr viel investieren. Wir sind die einzige asiatische Fluggesellschaft die aktiv nachhaltigen Flugtreibstoff (SAF) einkauft und werden 2030 zehn Prozent des Gesamtbedarfs mit nachhaltigem Treibstoff abdecken.

Die wichtigste Säule ist jedoch das Flugzeug selbst und wie effizient ist. Der A-350 ist das ökologischste heute für Langstrecken verfügbare Flugzeug. Er ist sehr treibstoffeffizient. Auf dem A-350 transportieren wir etwas weniger Passagiere, der Treibstoffverbrauch und folglich der CO2-Ausstoss ist jedoch 20 – 25 Prozent geringer.

Ende Jahr werden wir 46 A-350 in unserer Flotte haben und flotten zusätzlich viele A-320neo ein, um die älteren A-320 mit konventionellen Triebwerken abzulösen.

Cathay Pacific stellt neues Personal ein. Ist die Rekrutierung schwierig?

Wir rekrutieren 4000 Mitarbeiter*innen, darunter 700 Pilot*innen und, weil Cathay Pacific in Asien eine starke Marke ist, gibt es zwar Herausforderungen aber nicht wirklich grosse Probleme qualifiziertes Personal zu finden.

Die jüngere Generation ist interessiert an Karrieren, die es ihr ermöglicht die Welt zu entdecken. Im Moment erreichen wir die Rekrutierungsziele und hoffen, dies auch in Zukunft zu tun.

Gab es an asiatischen Flughäfen ähnliche Probleme wie hier in Europa mit der Wiederaufnahme des Flugverkehrs?

Wir hatten Glück! Obwohl wir den Geschäftseinbruch beklagen, lernten wir von dem, was an europäischen Flughäfen vorkam. Wir, aber auch die ganze asiatische Aviatik Branche, plant einen progressiven Wiederaufbau.

Während dem wir 4000 Mitarbeiter*innen rekrutieren, tut dies der internationale Flughafen Hongkong auch und stellt in allen Bereichen Personal ein.

Wir möchten sicherstellen, dass wir unseren Passagieren einen nahtlosen Service anbieten können.

Planen Sie Marketingaktivitäten, um die Route nach Zürich zu bewerben?

Wir haben soeben unsere ‘Green Friday’-Kampagne gestartet. ‘Green Friday’ deswegen, weil wir nebst einem sehr attraktiven Flugpreis anbieten, den Kunden helfen ihre CO2-Emissionen zu kompensieren und motivieren unsere Passagiere mit dieser Kampagne davon Gebrauch zu machen. Wir haben ein sehr gutes CO2-Kompensationsprogramm, mit welchem wir in Mangrovenwälder in Südostasien investieren.

Und wie hoch ist der Anteil derjenigen Passagiere, die die Emissionen kompensieren.

Als wir die Kampagne starteten waren die Verkäufe doppelt so hoch als normal. Die Aktivität wurde in sensibilisierten Märkten sehr gut aufgenommen und wir sind sehr zufrieden mit den Resultaten.

Was möchten Sie der Reisebranche in der Schweiz noch mitteilen?

Wichtig ist, nach dem wir drei Jahre abwesend waren, dass die Branche uns mitteilt, was sie konkret von uns braucht. Der positive Empfang hat uns sehr berührt, denn nicht in unseren Träumen hätten wir bereits im Dezember mit fünf zusätzlichen Flügen geplant. Jedoch mit zunehmender Konkurrenz wird es wichtig für uns zu wissen, was die konkreten Bedürfnisse sind.

Interview: Hans-Peter Brasser