Costa: Nichts wird dem Zufall überlassen

TRAVEL INSIDE hat auf der ersten Fahrt der Costa Deliziosa mit internationalen Gästen das neue Cruise-Feeling getestet.
Die Costa Deliziosa in Brindisi. ©TI/BE

Die Corona-Massnahmen für den Kreuzfahrt-Restart mit grösseren Schiffen sind strikt, letztlich aber durchaus erträglich.

Wie wird man wohl dereinst auf den Neustart der Schiffsreisen nach der Corona-Pause zurückblicken, der derzeit unter aufwändigen Vorkehrungen über die Bühne geht? Wird man ungläubig den Kopf schütteln? Oder werden sich gewisse neue Bestimmungen und Umsetzungen als Selbstverständlichkeiten einbürgern, die künftig zu einem Reiseerlebnis gehören?

Solche Fragen poppen unweigerlich auf, wenn man derzeit eine der vorerst noch herzlich wenigen Kreuzfahrten unternimmt, die unter umfassenden Massnahmen durchgeführt werden. Costa kehrte zwar bereits am 6. September aufs Wasser zurück und führte inzwischen mit der Costa Deliziosa drei Turnusfahrten ab Triest nach italienischen Häfen durch – allerdings nur für italienische Gäste. Seit dem 27. September sind nun unter bestimmten Voraussetzungen auch Gäste aus anderen Ländern auf dem Schiff zugelassen. So ist für Reisende aus Risikogebieten (gemäss italienischer Definition) ein negativer PCR-Test obligatorisch, der nicht älter als 72 Stunden ist – das gilt aktuell auch für die Schweiz.

Der Digitalisierungsschub

Bereits im Vorfeld gilt es zudem, online einen Fragebogen zum persönlichen Gesundheitszustand auszufüllen. Auch das Check-In erfolgt für alle Gäste zwingend im Web, wo auch viele Leistungen und Reservationen im Voraus getätigt werden können. Der Digitalisierungsschub, der physische Kontakte und Berührungen aus dem Wege räumt, dürfte wohl zu einer neuen Selbstverständlichkeit führen und zeigt sich noch bei weiteren neuen Massnahmen auf der Costa Deliziosa: So gibt es im Speisesaal und in den Bars und Lounges keine Speise- und Getränkekarten mehr – diese können über einen QR-Code auf dem Handy eingesehen werden.

Fast alle Informationen wie das Tagesprogramm, Landausflüge etc. sind ebenfalls nur noch via Bord-WLAN auf der Costa-App verfügbar (zudem über den TV in der Kabine und die interaktiven Bildschirme in den öffentlichen Räumen). Gerade der eine oder andere ältere Reisende wird sich vielleicht mit der schönen neuen Digi-Welt erst noch anfreunden müssen. Zudem und ungewohnt: Die Reception ist unbemannt, für Fragen nutzt man telefonisch den Call-Me-Service.

Hygiene first…

Schon bisher eine Selbstverständlichkeit auf Schiffen war der hohe Hygiene-Standard – man hatte die Lehren aus den Norovirus-Risiken gezogen. Mit dem Coronavirus werden die Hygiene-Massnahmen nun nochmals drastisch erhöht: Auf der Costa Deliziosa trifft man permanent auf Crew-Mitglieder, die überall neuralgische Stellen wie Handläufe etc. reinigen und desinfizieren, in den Kabinen kommen vor Bezug gar Vernebler zum Einsatz. An Dispensern zur Desinfektion der Hände mangelt es nicht, und von der Crew wird man ständig freundlich daran erinnert, diese auch zu benutzen. Costa unterstreicht zudem, dass die Belüftungssysteme an Bord mit neuen Filtern ausgestattet wurden, die Luft von höchster Qualität garantieren.

Neu zum Thema Hygiene gehört aber auch das Tragen der wenig geliebten Schutzmaske: Das gilt bei Costa in allen öffentlichen Räumlichkeiten, einschliesslich Restaurants, Bars und Theater sowie an Deck, wo der Mindestabstand nicht gewahrt werden kann. Die Passagiere halten sich fast durchwegs daran, nur beim Sitzen im Gespräch streift man sich die Maske meist von der Nase, der Rest ist Gewöhnungssache. Klar ist auch, dass es keine Buffet-Mahlzeiten mehr gibt.

… und Mindestabstand

Was (hoffentlich) nicht eine Selbstverständlichkeit wird, derzeit aber unumgänglich ist, sind sämtliche Vorkehrungen zur Einhaltung des Mindestabstandes von 1,5 Metern. Dazu trägt bereits die aktuell limitierte Auslastung des Schiffes bei, die bei der Costa Deliziosa maximal 60 Prozent beträgt. An Bord der Testreise von Triest über Bari nach Brindisi tummelten sich nur rund 700 Passagiere (darunter ca. 300 aus deutschsprachigen Märkten), was bei möglichen 2260 Passagieren einer Auslastung von rund 30 Prozent entspricht. An persönlicher Bewegungsfreiheit mangelt es also derzeit auf dem Cruiseliner nicht, ob jedoch die Kostendeckung für die Reederei aufgeht, ist eine ganz andere Frage.

Abstand wahren dominiert auch bei der Einschiffung in Triest: Um Massenaufläufe zu verhindern, werden die Gäste in zeitlich gestaffelten Gruppen aufgeboten. Im Terminal weisen Signalisationen, klar abgegrenzte Räume und das Personal auf die strikte Einhaltung von Distanz hin. Jeder Passagier, auch wer mit einem negativen PCR-Test anreist, muss sich vor dem Boarding noch einem Antigen-Schnelltest unterziehen und wartet dann rund eine Stunde auf das Resultat, bis er die weiteren Formalitäten und die Temperaturkontrolle erledigen und an Bord steigen kann – die Bordkarte liegt jetzt auf der Kabine. Neu und attraktiv ist auch die Möglichkeit, die Seenotübung im Rahmen eines «Smart-Drills» individuell zu absolvieren.

Begrenzungen da und dort

An Bord weisen vielerorts Bodenmarkierungen auf den Mindestabstand hin, ebenso Schilder mit Hinweisen auf die maximale Nutzung der Lifts, der Jacuzzi und des Pools. Die Zugänge zu den Aussenbars sind eingegrenzt, an der Bar sitzen geht nicht mehr und die Tischanordnung in den Lounges und Restaurants ist grosszügig. «Die maximale Auslastung der öffentlichen Räume ist limitiert, nur zusammen reisende Gäste dürfen nebeneinandersitzen», ergänzt der österreichische Hotelmanager Eduard Puckl, der schon viele Jahre im Geschäft ist aber so etwas noch nie erlebt hat. Noch eine Besonderheit: Bei jeder Bestellung wird die Bordkarte gescannt, was für die Abrechnung zwar üblich ist, inzwischen aber auch als Contact-Tracing dient.

Auch das Theater wird nur gut zur Hälfte belegt und man wird auf den Platz eingewiesen. Eine Enttäuschung für Wellness-Fans dürfte die behördlich verordnete Schliessung der Saunas, Ruheräume etc. des Spas sein, wo derzeit nur Massagen (mit Handschuhen oder Geräten) oder Beauty-Behandlungen möglich sind. Für die Nutzung des Fitnessstudios ist eine Registrierung notwendig.

Ausflug in der «Bubble»

Der Landgang erfolgt auch auf der Costa Deliziosa ausschliesslich im Rahmen eines kontrollierten, von der Reederei organisierten Ausflugs in der «Bubble», individuelle Landgänge sind nicht erlaubt. Auf der Testreise geht es ab Bari zum Trulli-Dorf Alberobello, ein herausgeputzter touristischer Hotspot und beeindruckende Kulisse für Fotografen. Der Bus wird nicht voll ausgelastet, in der Gruppe geht es durch das Dörfchen, zur Degustation und zum Shopping. Stets wird nachgezählt – individuelles Ausbrechen wird nicht geduldet und allenfalls (und wie schon bei MSC so gehandhabt) mit einer Zugangssperre auf das Schiff geahndet. Costa versüsst das neue Ausflugskonzept mit einer Aktion, die fünf Landausflüge für EUR 99 beinhaltet.

Im Falle eines Falles…

Nur Gäste, die beim Einschiffen einen negativen Schnelltest aufweisen, dürfen an Bord. Ist das Resultat positiv oder unsicher, wird im Terminal noch ein PCR-Test durchgeführt, was eine weitere Wartezeit von zwei bis drei Stunden zur Folge hat. Ist auch dieser positiv, darf nicht zugestiegen werden. «Das passierte auf den bisherigen Fahrten erst einmal», sagt Puckl. Auch die Temperatur wird beim Zustieg gemessen, nicht aber zwingend täglich während der Reise, was auf den ersten Blick etwas erstaunen mag. Allerdings: Es stehen Messgeräte für die individuelle Nutzung bereit, und die Temperatur wird bei jedem Ausflug gemessen. Bei mehr als 37,5 Grad muss man in die Kabine und den Arzt informieren.

Für den Fall eines Corona-Ausbruchs steht auf der Costa Deliziosa eine Quarantänestation mit 149 Balkonkabinen zur Verfügung. Diese befindet sich horizontal mittschiffs mit direkten Zugängen. Infizierte Personen und ihre Erstkontakte dürfen sich nicht länger als 24 Stunden auf dem Schiff aufhalten. Falls die Route keinen Stopp vorsieht, muss das Schiff einen solchen einlegen. An Bord befinden sich drei Ärzte, das Bord-Hospital ist u.a. auch mit einem Beatmungsgerät ausgerüstet. Wer infiziert von Bord muss, ist kostenmässig für seine Rückreise selber verantwortlich – ausser man hat eine Corona-Versicherung abgeschlossen.

Crew ist gefordert

Strenge Massnahmen gelten natürlich auch für die Crew: «Bei Arbeitsaufnahme erfolgt der erste Covid-Test schon vor dem Abflug, dann folgen 14 Tage Quarantäne in einem Hotel und ein weiterer Test. Erst dann kann das Crew-Mitglied an Bord, wo es in der ersten Zeit im Rahmen einer Soft-Quarantäne die speziellen Trainings und seine Arbeit aufnimmt», erklärt Hotelmanager Puckl. An Bord gehören dann – nebst der Arbeit mit Masken – tägliches Temperaturmessen und monatliche Tests zum Alltag, im Regelfall ist man zu zweit in der Kabine untergebracht.

Der Landgang ist für viele Besatzungsmitglieder je nach Nationalität und Anlaufhafen schwierig bis kaum möglich: Auf der aktuellen Route können gemäss Puckl jeweils gerade mal 10 Personen an Land – viele haben schon seit Wochen und gar Monaten keinen festen Boden mehr unter den Füssen gehabt. Dafür wurden zwei seitliche Decks exklusiv für die Crew zugänglich gemacht.

Ein Fazit

Die Erfahrungen auf der Costa Deliziosa zeigen: Das Sicherheitskonzept von Costa ist umfangreich, durchdacht, detailliert und in der Umsetzung da und dort gar pingelig. Das muss es auch sein, denn eins ist klar: Jetzt darf nichts schief gehen! «Unsere Massnahmen gehen weit über das hinaus, was die landgestützte Hotellerie tut und tun muss», hält Hotelmanager Puckl fest. Werden alle Vorschriften des von der RINA zertifizierten Protokolls strikt und sorgfältig umgesetzt (auch von den Passagieren!), so wird das Schiff zu einer Art «Quarantäne-Insel», was man in der aktuellen Lage durchaus als USP und Chance betrachten kann.

Gemäss Puckl haben sich die bisherigen Gäste mit ganz wenigen Ausnahmen zufrieden über das neue Cruise-Erlebnis geäussert. Tatsächlich gehen einzelne Massnahmen über das hinaus, was z.B. wir Schweizer uns aktuell im Corona-Alltag gewohnt sind. Und dass auf einer Seefahrt mit 700 Gästen auf einem für über 2200 Passagiere konzipierten Schiff mit etwas eingeschränkten Möglichkeiten nicht dieselbe lebendige Stimmung aufkommen kann wie zuvor, liegt auf der Hand – Erholungssuchende werden es aber zu schätzen wissen. Reisende jedoch, für die bei einer Schiffsreise in erster Linie das individuelle Entdecken der Landziele im Vordergrund steht, werden mit den «Bubble»-Ausflügen etwas Mühe haben. Kurz: Die Kreuzfahrt ist wieder möglich, durchaus ertragbar und sehr wohl ein Erlebnis, wenn man die Schiffsreise an und für sich und die Weite des Meeres liebt.

Der Costa-Neustart

Die Costa Deliziosa wechselt am 10. Oktober ihr Routing und legt weiterhin ab Triest bis Ende Jahr einwöchige Fahrten nach Griechenland auf. Nach wie vor geplant ist, dass das Schiff dann am 3. Januar auf Weltreise geht. Die Costa Diadema startete am 19. September ab Genua ins westliche Mittelmeer (nur für italienische Gäste) und hat ab Anfang November längere Seefahrten zu den Kanaren und nach Ägypten und Griechenland im Programm. Ab dem 10. Oktober nimmt auch die Costa Smeralda ihre Fahrten ab Savona ins westliche Mittelmeer auf, Ende Dezember folgt der Neubau Costa Firenze ebenfalls ab Savona ins zentrale Mittelmeer.

Inzwischen hat Costa auch das Sommerprogramm 2021 veröffentlicht: Geplant ist der Einsatz von drei Schiffen im westlichen Mittelmeer (Costa Smeralda, Firenze und Pacifica), drei Schiffen im östlichen Mittelmeer (Costa Deliziosa, Luminosa und Magica) sowie vier Schiffe in Nordeuropa (Costa Fortuna, Diadema, Favolosa und Fascinosa).

(Beat Eichenberger)