Auf zu neuen Ufern

Eine zweiwöchige Pazifik-Kreuzfahrt mit der Bremen zu unbekannten Inseln, fremden Kulturen und seltenen Tieren.
Ausleger
Welten prallen im Pazifik aufeinander: Auslegeboot und Kreuzfahrtschiff.

Die Sonne scheint, das Meer ist warm und spiegelglatt – dem perfekten Badespass steht nichts im Weg! Trotzdem fühlen wir uns nicht so richtig wohl beim Schwimmen. Im Kopf geistert eine erschreckende Zahl herum: Genau hier fällt der Meeresgrund bis zu 10 960 Meter ab. Es ist die sogenannte «Challenger Tiefe», die tiefste Stelle aller Ozeane. Zu spüren oder zu sehen ist der unheimliche Schlund allerdings nicht. Rundum ist friedliches blaues Wasser, und darüber spannt sich ein blauer Himmel. Der einzige Fixpunkt ist das Hotelschiff Bremen, das in 100 Meter Entfernung vor sich hindümpelt. Wir sind auf Expeditionsfahrt von Guam über Yap, Palau und die philippinische Inselwelt nach Manila.

frauenEine Premierenfahrt

Der Badestopp über dem Marianengraben, der mit dem Versenken einer Gedenkkapsel gefeiert wird, ist nur eines von vielen spannenden Ereignissen dieser Reise. Denn das komfortable Expeditionsschiff von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten ist auf sogenannter Premierenfahrt. Das heisst, es ist auf einer ganz neuen Route unterwegs. Die im Programm figurierenden Gewässer und Inseln werden zum ersten Mal von einem Schiff dieser Reederei, teilweise sogar überhaupt von einem Kreuzfahrtschiff, angelaufen. Wir stossen also in völlig neue Welten vor – ein herrlich prickelndes Gefühl.

Unbekannte paradiese

Ausgangspunkt unserer Kreuzfahrt ist die mikronesische Insel Guam – 1941 von den Japanern besetzt und 1944 von den USA zurückerobert –, die heute bei Amerikanern und Asiaten als Badeferiendestination beliebt ist. Ein letzter Blick auf Strassen, Wohn- und Hotelbauten, dann geht’s hinaus in den weiten Pazifik, zu unbekannten Paradiesen! Schon das erste Etappenziel erweist sichals Highlight. Auf der kleinen Insel Yap scheint nämlich die Zeit still zu stehen. Die Behausungen sind aus Schilf geflochten, die Frauen tragen Bastrock und Blumenkette, das Familienvermögen besteht aus Steingeld in Form grosser, runder Steinscheiben.

Tags darauf erreichen wir die zauberhafte Inselwelt von Palau. Der berühmte «schwimmende Garten » aus Hunderten von dicht bewachsenen Kalksteineilanden ist von weitem sichtbar. Bald gleitet die Bremen sachte in eine glasklare Lagune hinein. Zwei Tage hat die Schiffsgesellschaft nun Zeit zum Baden, Schnorcheln und Wandern. Wem die feuchte Hitze nichts ausmacht, der steigt motiviert zumweltberühmten Jelly Fish Lake hoch, wo sich inmitten von Abermillionen (ungefährlicher) Quallen schwimmen lässt.

Im grünblauen Labyrinth

Besonders faszinierend ist die Fahrt durch die philippinische Inselwelt. Trotz ihrer berückenden Schönheit ist der Grossteil der über 7000 Eilande bis anhin vom internationalen Tourismus weitgehend verschont geblieben. Kreuzfahrtdirektorin Ingrid Schwarz hat im Vorfeld drei Wochen lang die nautischen und touristischen Aspekte von mehr als 40 Zielen in den Visayas und der Calamian Bay persönlich auskundschaftet. Dennoch ist es für die Crew eine echte Herausforderung, dieses Labyrinth aus Fjorden, Buchten, Inselchen und Dschungelbergen ohne Hilfe von Lotsen und ohne verlässliche Seekarten zu meistern.

Ein Besuch auf der Brücke veranschaulicht die Schwierigkeiten: Immer wieder sind unerwartete Sandbänke, Untiefen und schwimmende Perlenfarmen zu umschiffen. Und manchmal ist die Passage zwischen den Inseln nur um weniges breiter als das Schiff selber. In solchen Fällen ist laut Kapitän Peter Rössler «das gute alte Seemannshandwerk des Peilens gefragt». Der gebürtige Sachse hat genügend Erfahrung. In 20 Jahren als Offizier und neun Jahren als Kapitän auf Kreuzfahrtschiffen hat er manche heikle Situation erlebt, die schlimmste im Jahr 2001, als die Bremen von einer Monsterwelle getroffen wurde.

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Stimmungsvolle Bilder auf der kleinen Insel Yap.

Schwimmen, schnorcheln

Die Philippineninsel Bohol mit ihren berühmten Chocolate Hills ist die einzige Touristendestination im Reiseprogramm. Zum Glück. Die Völkerwanderung zu den seltsamen grasbewachsenen «Schokoladehügeln » und das Gedränge im Gehege der Koboldmakis, den kleinsten Affen der Welt, sind ein richtiger Schock nach den ruhigen Tagen abseits des Massentourismus. Dafür geniesst man die folgenden Etappen umso mehr. Täglich werden ein bis zwei Inseln, oft Ausflugsziele der Einheimischen, angelaufen.

Wunderschön ist es, auf Calangaman unter Palmen zu dösen, auf Apo Island über verschlungene Dschungelpfade zu wandern, auf Busuanga, Malapasca, Sangant, Pass und Pandan im 30 Grad warmen Wasser zu baden. Die Schnorchler kommen stets mit einer Fülle von Eindrücken aufs Schiff zurück. Oft werden fantastische Korallenformationen und riesige Schwärme bunter Fische gesichtet, hie und da sorgen Riffhaie und Meeresschildkröten für Aufregung. Beim Tagesrückblick mit den Lektoren wird das Gesehene jeweils ausgiebig kommentiert.

Nach 2176 Seemeilen

Gelegenheit zum Stadtbummeln ist ebenfalls vorhanden. In Port Culion werden eine Kathedrale, ein Fort und eine ehemalige Leprastation besichtigt, in der Stadt Coron hingegen verlocken zahlreiche Shops zum Kauf der lokal gezüchteten goldenen Perlen. Die Küchenmannschaft deckt sich unterdessen mit Früchten und Fischen ein. Von ihrer erfolgreichen Einkaufstour zeugen später ein üppiges Obstbüffet und ein kapitaler Thunfisch.

Kein Wunder, würden sich viele Passagiere freuen, wenn die Bremen auf einem idyllischen Sandstrand auflaufen und ein paar Tage lang nicht mehr flott zu kriegen wäre! Doch das geschieht leider nicht. Nach 14 Tagen und insgesamt 2176 gefahrenen Seemeilen läuft das Schiff pünktlich im Hafen von Manila ein. Der Himmel ist gelb vom Smog, der Blick fällt auf Hochhäuser und Baukräne, aus der Ferne dröhnt der Verkehrslärm. Die moderne Zivilisationhat uns wieder im Griff.

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Besuch in der Perlenstadt Coron.

Ein Hauch von Abenteuer

Die Bremen der deutschen Reederei Hapag-Lloyd Kreuzfahrten ist ein ausgesprochenes Expeditionsschiff, das auch Routen befahren kann, die den Megakreuzern verwehrt sind. Schwerpunkte sind Fahrten in der Arktis (in unserem Sommer) und in der Antarktis (in unserem Winter). In den Zwischenzeiten befährt sie auch warme Gewässer, oft in abgelegenen Gegenden, die noch nie ein Kreuzfahrtschiff gesehen haben. Die Atmosphäre an Bord ist überschaubar und ungezwungen, da nur maximal 164 Passagiere Platz finden. Familien mit Kindern und Partyfreaks kommen aber nicht auf ihre Rechnung, denn das Bordleben spielt eine untergeordnete Rolle. Abgesehen von einem kleinen Fitnessraum, einer Sauna, einer Bibliothek und einem Pool gibt es keine Freizeiteinrichtungen. Und die Unterhaltung beschränkt sich auf abendliche Pianomusik, gelegentliche Folkloredarbietungen und Produktionen der Crew. Im Vordergrund dieser Reisen steht die Entdeckung neuer Horizonte. Sie richten sich deshalb vor allem an unternehmungslustige Natur- und Kulturliebhaber. Eine gewisse Sportlichkeit ist erforderlich, weil die Anlandung der meisten Inseln per Zodiac, mitunter bei hohem Wellengang, erfolgt. Teamgeist ist in Gegenden ohne Infrastruktur ebenfalls vonnöten. Und Gelassenheit ist gefragt, wenn Wind und Wellen das Programm über den Haufen werfen.


Das ist das Expeditionsschiff Bremen

Das 1990 in Japan erbaute und inzwischen mehrmals aufgefrischte 6752-BRZExpeditionsschiff (BRZ = Bruttoregisterzahl, definiert die Grösse eines Schiffes) ist 111 Meter lang, 17 Meter breit und hat einen Tiefgang von lediglich 4,8 Meter. Es verfügt über 82 Aussenkabinen, davon sind 18 mit einem Balkon ausgestattet. Die Bordinfrastruktur umfasst zwei Restaurants, Bar, Lounge, Pool, Bibliothek, Sauna, Fitnessraum, Beautysalon und Mini-Boutique. Ausserdem zwölf motorbetriebene Schlauchboote (Zodiacs) für die Landgänge. Abendessen für alle Gäste zur selben Zeit und mit fester Tischzuteilung im Hauptrestaurant. Garderobe abends sportlichelegant; am Willkommens- und Abschiedsabend etwas eleganter. Bordsprache ist Deutsch. Tägliche Vorträge, Vor- und Rückschauen durch Experten. Die Bremen gehört
zur Flotte von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten. www.hlkf.de

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