Das Comeback der Cruise-Neubauwelle

In der Kreuzfahrtindustrie wird nach drei Jahren Corona-Nachwehen seit letztem Jahr wieder massiv in neue Kreuzfahrtschiffe investiert. Ein Überblick.
Die Disney-Flotte wächst bis 2031 auf 13 Kreuzfahrtschiffe an.
 ©Disney

Seit der Pandemie (2020) hat mit wenigen Ausnahmen kleinerer oder neuer Anbieter (etwa NYK Cruises, Mitsui Ocean Cruises, The Ritz-Carlton Collection, Aman at Sea, Four Seasons, Orient Express, Sun Stone und die Zero-Projekte von Ponant und Hurtigruten) keine grosse Kreuzfahrt-Reederei mehr neue Schiffe bestellt.

Alle seither ausgelieferten (und einige noch kommende) Schiffe wurden noch vor der Pandemie bestellt oder optioniert. Dies, weil die Pandemie der Industrie grosse Schuldenberge sowie eine gewisse Verunsicherung über die weitere Entwicklung der Kreuzfahrten beschert hat.

Doch im vergangenen Jahr hat sich das Blatt endgültig wieder gewendet und die Reedereien investieren nach einer dreijährigen Pause angesichts positiver Nachfrage-Perspektiven wieder tüchtig in Neubauten.

Hier ein Überblick der Neubauten:  

• Carnival Cruise Lines brach im Februar 2024 den Bann und bestellte als erste Reederei nach Corona bei der Meyer-Werft (D) ein viertes Schiff der Excel-Klasse (183’900 BRZ), einen Monat später gar eine fünfte Einheit. Die Auslieferung ist für 2027, resp. 2028 terminiert. Im Juli legte Carnival noch einen drauf: Bei Fincantieri (I) wurde der Bau von drei Einheiten einer neuen Mega-Schiffsklasse (230’000 BRZ) in Auftrag gegeben, die zwischen 2029 und 2033 ausgeliefert werden soll.   

Ebenfalls im Februar 2024 gab dann Royal Caribbean Int. bei den Chantiers de l’Atlantique (F) den Bau einer siebten Einheit der Oasis-Klasse in Auftrag (231’000 BRZ). Die Auslieferung soll 2028 erfolgen. Im September 2024 folgte ein weiterer Neuauftrag: Auf der Meyer-Werft in Turku (Finnland) entsteht bis 2027 eine vierte Einheit der Icon-Klasse (250’000 BRZ), den grössten Cruiselinern der Welt. Es besteht eine Option für drei weitere Schiffe dieser Klasse. Zudem evaluiert RCI offenbar den Bau einer neuen Discovery-Bauklasse, die etwas kleiner als die Oasis- und Icon-Klasse ausfallen könnte.  

Im April 2024 dann der Paukenschlag von Norwegian Cruise Line Holdings: Bei der Fincantieri-Werft (I) sollen insgesamt acht neue Cruiseliner für die drei Marken der Holding entstehen. Vier Neubauten einer neuen Klasse (ca. 225’000 BRZ) sind für Norwegian Cruise Line vorgesehen und sollen 2030, 2032, 2034 und 2036 in Betrieb gehen. Zwei Einheiten einer neuen Bau Serie (86’000 BRZ) wurden für Oceania Cruises in Auftrag gegeben mit geplanter Indienststellung 2027 und 2029. Ebenfalls zwei neue Schiffe (je 77’000 BRZ) erhält Regent Seven Seas Cruises in den Jahren 2026 (Seven Seas Prestige) und 2029. 

 Ebenfalls im April 2024 hat Windstar Cruises bekannt gegeben, dass sie die von Mystic Cruises auf der portugiesischen West-Sea-Werft im Bau stehende neue Einheit der Explorer-Serie (10’000 BRZ) Ende 2025 als Star Seeker übernehmen wird. Und ein Jahr später wechselt eine identische Einheit, die bei Quark Expeditions als World Explorer im Einsatz ist, als Star Explorer ebenfalls zu Windstar. 

Immer noch im April 2024 beauftragte Emerald Cruises die vietnamesische Halong-Werft nach der Azzurra und Sakara mit dem den Bau einer dritten Megayacht Emerald Kaia (10’000 BRZ), die bereits 2026 zur Auslieferung kommt.  

Im Juni 2024 äusserte die saudische Aroya Cruises, dass man bis 2035 zwei Neubauten plane – Details stehen noch aus. Aroya Cruises nahm im letzten Dezember mit ihrem ersten Schiff Aroya Fahrt auf.   

Im Juli bestätigte Crystal ihre bereits zuvor geäusserte Absicht, auf der Fincantieri-Werft zwei neue Luxusschiffe (61’800 BRZ) bauen zu lassen, im November kam der Auftrag für eine dritte Einheit dazu. Die Neubauten sind für die Jahre 2028, 2030 und 2032 terminiert.  

Viking Ocean Cruises stockt ihre Flotte kleinerer Premium-Einheiten laufend weiter auf. Die Optionen für je einen Neubau (54’000 BRZ) im Jahr 2028 und 2029  wurden im Juli 2024 bei Fincantieri (I) in feste Aufträge umgewandelt, und im Oktober folgte die Einlösung einer Option für nochmals zwei Einheiten mit Termin 2030. Es bestehen Optionen für vier weitere Schiffe in den Jahren 2031 und 2032.  

Im August 2024 liess die chinesische Adora Cruise verlauten, nach der Adora Magic City in Shanghai einen zweiten Neubau in Auftrag zu geben (Adora Flora City, 143’000 BRZ), der 2027 Fahrt aufnehmen soll. Adora Cruises ist ein Joint-Venture von CSSC und Carnival und vor allem auf den chinesischen Markt ausgerichtet.  

Ebenfalls im August 2024 sorgte der Grossauftrag von Disney Cruise Line für Beachtung. Gleich vier neue Cruiseliner lässt die Reederei auf der Meyer-Werft bauen, die zwischen 2027 und 2031 in See stechen sollen. Inzwischen wurde bekannt, dass es sich dabei um eine vierte Einheit der Wish-Klasse (144’000 BRZ, 2027) sowie drei Einheiten einer neuen Bauklasse handelt (100’000 BRZ, 2029, 2030 und 2031).Gleichzeitig gab der japanischer Disney-Partner OLC ebenfalls bei Meyer eine Einheit der Wish-Klasse in Auftrag, die 2029 Fahrt aufnehmen soll.  

Geht es in diesem Jahr in demselben Tempo weiter? Eben hat Celebrity Cruises angekündigt, auf den Chantiers de l’Atlantique eine fünfte Einheit der Edge-Klasse bauen zu lassen (140’000 BRZ), die 2028 ausgeliefert werden soll.  

Natürlich wird in der Szene und den spezialisierten Medien stets über mögliche neue Aufträge der einen oder anderen Reederei spekuliert: So soll etwa MSC Cruises mit der Meyer-Werft in Turku über eine neue Ultimate-Schiffsklasse im Gespräch sein, die noch grösser als die Icon-Schiffe von RCI ausfallen könnte.

Auch zu Carnival Corporation brodeln die Gerüchte: Mit Fincantieri werde über den Bau von sechs bis acht neuen Kreuzfahrtschiffen der 150’000-BRZ-Grössenordnung gesprochen, die dereinst für die Marken Carnival, Aida und Costa zum Einsatz kommen könnten.

Ob schliesslich der australische Milliardär Clive Palmer nun tatsächlich mal den Bau einer schon seit vielen Jahren geplanten Replika der Titanic in Angriff nimmt, gehört im Moment ebenfalls noch ins wunderliche Reich der Spekulationen.  

Beat Eichenberger