Der doppelte Neustart von Aaretal Reisen

Mit einem Herbst-Charter nach Brač nahm die Zusammenarbeit von Aaretal Reisen mit der österreichischen Mutter Gruber Reisen Fahrt auf.
Andreas Gerber, Geschäftsführer Aaretal, nimmt die Destination Brač unter die Lupe. © BE

Eiger, Mönch und Jungfrau verabschiedeten in der Ferne die Bombardier Q400 von Croatia Airlines, die kürzlich im Auftrag von Aaretal Reisen Richtung Brač vom «gmögigen» Flughafen Bern-Belpmoos abhob.

Ein grosser Moment für Aaretal-Geschäftsführer Andreas Gerber, war es doch der erste Charterflug, den das Unternehmen seit der Corona-Krise durchführen konnte. Und dies erst noch höchst erfolgreich: «Die 76 Plätze der Maschine sind fast komplett ausgebucht», freute sich Gerber, der trotzdem noch einen Platz für TRAVEL INSIDE frei halten konnte.

Der bequeme, knapp zweistündige Direktflug von Bern nach der drittgrössten Adria-Insel Brač, Split und der kroatischen Küste vorgelagert, diente als Zubringer zum bekannten 4-Sterne-All-Inclusive Sport- und Wellness-Resort Bretanide.

Das Goldene Horn auf Brač. © BE

Dieses liegt bei Bol an der Südküste der Insel, in direkter Nähe zum Goldenen Horn, einer prächtigen Kieselzunge, die sich ins Meer erstreckt und als einer der schönsten Strände Kroatiens gilt. Und für diese Geschichte von besonderem Interesse: Das Bretanide-Resort gehört der österreichischen Gruber Reisen, der Muttergesellschaft von Aaretal Reisen.

Wechselhafte Aaretal-Geschichte

Die letzten zehn Jahre waren für Aaretal Reisen mit einigen Hochs und Tiefs verbunden: 2011 verkaufte Gründer Beat Iseli (zuvor Saga und Nordic) das Unternehmen nach 19 erfolgreichen Jahren an die damals aufstrebende Skywork-Gruppe, der Sitz wurde von Münsingen nach Belp verlegt.

Iseli gründete danach Belpmoos Reisen, bei Aaretal übernahm Marko Lang das Ruder. Bereits 2014 kam es wieder zu einem Inhaberwechsel: Der Bieler Unternehmer Sébastian Mérillat, der auch an Skywork beteiligt war, übernahm Aaretal Reisen von der Skywork-Gruppe.

Als Marko Lang 2016 die Geschäftsführung aufgab, kam Andreas Gerber ins Spiel. Der Reise-Profi mit einer langjährigen Karriere bei Imholz, SSR-Reisen, Nordic Voyages und zuletzt 14 Jahren beim Spezialisten Desert Team übernahm die Leitung von Aaretal Reisen.

«Aaretal war damals stark im Tour Operating mit eigenen Flügen und Allotments ab Bern engagiert und arbeitete nach wie vor auch eng mit Skywork zusammen», blickt Gerber zurück. Das Angebot umfasste vor allem Bade-Destinationen am Mittelmeer wie zum Beispiel Preveza, Elba und Mallorca.

Skywork-Schock und Gruber-Einstieg

Nur zwei Jahre später dann der grosse Schock: Skywork musste Ende August 2018 den Betrieb einstellen und Konkurs anmelden. «Dies hat uns massiv getroffen», sagt Gerber, der dieses Ereignis heute als einschneidender bezeichnet als die aktuelle Corona-Krise. «Von einem Tag zum andern fielen rund 80 Prozent unseres Umsatzes weg und wir mussten für unsere Gäste Ersatzlösungen suchen».

Dem Unternehmen entstanden dadurch grosse Verluste, Personal musste entlassen werden und für die Saison 2019 konnten angesichts des massiv reduzierten Flugangebots ab Bern kaum noch eigene Produkte aufgelegt werden – Aaretal konzentrierte sich in der Folge vor allem noch auf das Retail-Geschäft.

Nicht zuletzt diese Entwicklung führte dazu, dass Investor Mérillat den Ausstieg aus Aaretal Reisen suchte – und in Österreich fündig wurde. Bereits im Frühling 2019 zeichnete sich ab, dass Gruber Reisen aus Graz an einem Schweizer Standbein interessiert ist, die Übernahme von Aaretal Reisen erfolgte schliesslich offiziell per 1. November 2019.

Aufatmen bei Aaretal, wo man nun mit neuem Elan die Saison 2020 in Angriff nahm: Ab Bern sollte Flybair die entstandene Ferienflug-Lücke schliessen, und Gerber plante ein starkes Comeback von Aaretal Reisen als Tour-Operator mit Charterflügen nach Badezielen ab Bern: «Rund die Hälfte unsere Gäste wollen ab Bern fliegen – der Flughafen Belpmoos hat ein beachtliches touristisches Potenzial», weiss Gerber.

Corona-Schock und erster Charterflug

Doch die Hoffnungen wurden im März 2020 durch einen weiteren Schock zunichte gemacht, die Corona-Krise. Wie in der gesamten Reisebranche brach das Geschäft fast total ein, und auch dieses Jahr war noch nicht viel besser. «Wir waren und sind für unsere Kunden immer erreichbar und haben etwas Retail-Umsatz, an ein eigenes Tour-Operating war bisher nicht zu denken», gibt Gerber zu Protokoll. Die Zahl der Mitarbeitenden ist von einst acht ist auf zwei geschrumpft, die in Kurzarbeit stecken.

Diesen Sommer erkannte Gerber aber eine erste Chance – und zwei Jahre nach der Übernahme endlich eine erste konkrete operationelle Zusammenarbeit mit der österreichischen Mutter. Gruber Reisen besitzt nämlich seit 2001 auf Brač das Bretanide Resort und hat dieses auch diesen Sommer wieder erfolgreich ab Graz und anderen Flughäfen Österreichs mit eigenen wöchentlichen Charterflügen und Bäderbussen vermarktet.

Das Bretanide-Resort bei Bol. © BE

Dies könnte doch auch ab Bern klappen, war man sich in Bern wie in Graz bald einig. In Verbindung mit einer Charterrotation, die nur einen kurzen Leerflug nach Bern bedingte, ergab sich während der Berner Herbstferien ein einmaliger Charterflug vom Belpmoos nach Brač ins Bretanide, der prompt Zuspruch fand. Es war aber nicht nur die erste Risiko-Operation seit langem für Aaretal, sondern auch eine Art erfolgreicher Test für geplante weitere Rotationen im nächsten Jahr.

Starke Austria-Mutter und Perspektiven

Die Aussicht auf einen eigenen Tour Operator in der Schweiz für das auch hierzulange bekannte und schon bisher von Veranstaltern angebotene eigene Resort Bretanide dürfte einer der Beweggründe für die Übernahme von Aaretal durch Gruber Reisen gewesen sein. Bestimmt haben die Steirer auf Grund ihrer guten Erfahrungen mit Abflügen ab Graz und anderen österreichischen Flughäfen dabei auch das touristische Potenzial des Regionalflughafens Bern erkannt, der sich ähnlich positioniert.

Gruber Reisen wurde 1968 als Busunternehmen in Graz gegründet und später von den heutigen Inhaberfamilien Helmut und Michael Schlögl übernommen. Zug um Zug wurde das Tour Operating ausgebaut, vor allem nach Zielen an der Adria in Kroatien, in Norditalien und in Slowenien, die nebst Charterflügen und für Selbstfahrer auch weiterhin mit Bus bedient werden. Auch Griechenland gehört heute zum Portfolio.

Weitere Standbeine sind unter anderem Wellness, Studien und Städtereisen, und eine Spezialisierung erfolgte zudem mit Gruber Golfreisen und dem Spezialist für Tennisreisen, Hannes Zischka Sportreisen. Parallel dazu wurde das Retail-Geschäft entwickelt, das heute 28 eigene Reisebüro-Filialen in Österreich und Slowenien umfasst. Gruber Reisen gehört heute zu den führenden Reiseunternehmen in Österreich und beschäftigt rund 170 Mitarbeitende.

«Im Jahr 2001 ergab sich die Gelegenheit, vom vormaligen kroatischen Besitzer das Bretanide Resort auf Brač zu übernehmen und wir haben daraus die erste All-Inclusive-Anlage in Kroatien gemacht», erzählt Eva Schlögl von der Besitzerfamilie, die auch als Geschäftsführerin des Resorts amtet.

Die in den 1980er-Jahren erbaut Anlage ist mit ihren in einem zeitgemässen Baustil gehaltenen Pavillons in einer gepflegten Grünanlage einem dalmatinischen Dorf nachempfunden, verfügt über 287 Zimmer und ist die einzige Hotel-Investition von Gruber Reisen.

Diese in Österreich und Deutschland beliebte und längst bestbekannte Ferienanlage will Aaretal im nächsten Jahr nun auch stärker in der Schweiz in den Vordergrund rücken: «Wir planen eine Charterkette ab Bern, voraussichtlich im Herbst», bestätigt Andreas Gerber, der nun entsprechende Fluglösungen evaluiert. Womit dann die Verbindung Aaretal-Gruber endgültig auch im Produktebereich Fahrt aufnehmen wird.

(Beat Eichenberger, Brač)