Bis zur Corona-Krise hat die Golf-Airline Qatar Airways stetig ausgebaut, auch die Verbindungen in die Schweiz. Mitten in der Pandemie-Zeit hat Johannes Falck als DACH-Chef der Fluggesellschaft übernommen. Ein ungewöhnlicher Start, wie er im Interview mit TRAVEL INSIDE sagt.
Seit April sind Sie DACH-Chef von Qatar Airways. Wie ist es, mitten in der Krise einen neuen Job in der Airline-Industrie zu übernehmen?
Diese Krise betrifft die gesamte Branche in einem noch nie dagewesenem Ausmass und es hat seit meinem ersten Tag noch nicht einen Tag gegeben den man mit «business as usual» bezeichnen könnte. Es ist eine sehr herausfordernde aber auch spannende Zeit mit einer steilen Lernkurve. Enge Zusammenarbeit aller Beteiligten ist sehr wichtig um sich den neuen Gegebenheiten immer wieder aufs Neue anpassen zu können. Das Team macht hervorragende Arbeit und wir sind stolz, auch während der Krise als eine der ganz wenigen Fluggesellschaften weiter geflogen zu sein.
Sind Sie im Home Office gestartet?
Ja auch ich habe mich vorerst ins Home Office begeben und mich daran gewöhnen müssen, anfangs nicht mit allen Kollegen, Kunden und Vertriebspartnern an einem Tisch sitzen zu können.
Warum der Wechsel von Emirates zum Konkurrenten?
Ich freue mich, dass Team von Qatar Airways für Deutschland, Österreich und die Schweiz leiten zu dürfen. Gerade in der jetzigen sehr herausfordernden Zeit ist es wichtig, als Team zu agieren und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Dieser Herausforderung möchte ich mich stellen, Tag für Tag.
Wie viele QR-Flugzeuge waren an Ihrem ersten Arbeitstag in der Luft?
Ich weiss es nicht sicher, aber unser Zeitplan wurde eindeutig stark verkürzt. Unsere Passagiere und Kunden hatten während dieser Krise oberste Priorität. Wir haben auch während der Krise weiterhin Fluggäste aus aller Welt nach Hause befördert. Beispielsweise beförderte Qatar Airways im April fast 45% der internationalen Reisenden von und nach Australien, darunter mehr als 30’000 Passagiere zwischen Doha und Sydney, Melbourne oder Perth, wie aus den Zahlen hervorgeht, die diese Woche von der australischen Regierung (Bureau of Infrastructure, Transport and Regional Economics BITRE) veröffentlicht wurden.
Wo liegen die Unterschiede dieser beiden grossen Golf-Airlines?
Qatar Airways hat das beste Produkt und Service am Markt. Es ist stets unser Anspruch Kundenbedürfnisse frühzeitig zu erkennen und ein entsprechendes Angebot zu offerieren. Wir möchten als Fluggesellschaft des Vertrauens auch weiterhin für unsere Kunden da sein und uns flexibel auf die neuen Bedürfnisse des Markte einstellen.
Warum sollen Schweizer eine Asien- oder Afrika-Reise mit Qatar und nicht mit Emirates buchen?
Wir sind laut Skytrax die beste Fluggesellschaft der Welt, und ich denke, das spricht für sich selbst. Wir haben ein verlässliches Netzwerk mit verlässlichen Flugplänen, im Gegensatz zu anderen Fluggesellschaften, bei denen die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass Flüge gestrichen werden, was Kunden in eine schwierige Situation bringt. Sie können uns während der Pandemie vertrauen, und Sie können uns noch mehr vertrauen, wenn sich die Dinge zu verbessern beginnen.
Qatar Airways war eine der ersten Fluggesellschaften, die auf die Krise reagierte, indem sie ihren Kunden mehr Flexibilität bei den Buchungen bot. Anfang März bot sie den Fluggästen die Möglichkeit, ihre Daten zu ändern oder ihr Ticket gegen einen Reisegutschein + 10% des Ticketwertes einzutauschen. Da sich die Krise verlängert hat, wurde die Gültigkeit sogar verlängert.
Wir haben kürzlich angekündigt, dass wir unbegrenzte Datumsänderungen erlauben werden, und die Passagiere können ihr Reiseziel so oft wie nötig ändern, wenn es innerhalb von 5.000 Meilen vom ursprünglichen Reiseziel liegt. Die Fluggesellschaft wird für Reisen, die vor dem 31. Dezember 2020 abgeschlossen werden, keine Tarifunterschiede berechnen; danach gelten die Tarifregeln. Alle Tickets, die für Reisen bis zum 31. Dezember 2020 gebucht werden, sind ab dem Ausstellungsdatum zwei Jahre lang gültig. Alternativ können die Passagiere von Qatar Airways ihr Ticket gegen Qmiles eintauschen, um es nach Belieben zu verwenden, oder es gegen einen Reisegutschein mit 10% zusätzlichem Ticketwert eintauschen, der ebenfalls zwei Jahre gültig ist. Weitere Optionen sind die Rückerstattung des Tickets auf die ursprüngliche Zahlungsweise, wenn die Flüge storniert werden, oder in Form eines Reisegutscheins. Kürzlich hat sie ihre Richtlinie dahingehend aktualisiert, dass eine Umleitung des Zielortes erst nach 14 Tagen nach der Buchung möglich ist.
Wie wichtig ist der Schweizer Markt für Qatar?
Der Schweizer Markt ist für uns sehr wichtig. Wir fliegen seit Juli 2004 nach Zürich und seit Juni 2007 nach Genf, und wir sind sehr stolz darauf, dass wir diese wichtigen Destinationen mit unserem globalen Netzwerk verbinden konnten. Eine kürzlich durchgeführte Studie zeigt, dass die Schweizerinnen und Schweizer die Champions im Auslandsreiseverkehr sind. Jedes Jahr verbringen mehr als 80% der Schweizerinnen und Schweizer Zeit im Ausland, verglichen mit einem Durchschnitt von 60% der EU-Bevölkerung. Die Top-Destinationen ab Zürich und Genf sind in Asien: Bali, Bangkok, Colombo, Ho-Chi-Minh-Stadt, Manila; im Indischen Ozean: die Malediven; in Australien Sydney und Melbourne und in Afrika Seychellen, Windhuk, Nairobi.
Wie verteilt sich Business Travel und Leisure?
Wir bedienen natürlich beide Märkte, und wir haben festgestellt, dass die Grenzen weiterhin verschwimmen, wenn Menschen Businessreisen nutzen, um ihren Besuch zu verlängern oder Doha als Zwischenstopp zu nutzen, wobei sie manchmal ihre Partner oder Familien mitnehmen. Was den Gesamtverkehr betrifft, unter normalen Umständen, so gibt es je nach Jahreszeit eine (Aufteilung 60/40 – 60 Freizeit 40 Business – für 2019) Aufteilung zwischen Freizeit und Geschäft.
Wie sieht die Anbindung der Schweiz jetzt und in den nächsten Monaten aus – wie viele Flüge ZRH und GVA? Gleich viele wie vor Covid, wie viele weniger?
Vor Covid boten wir täglich zwei Flüge von Zürich und einen täglichen Flug von Genf an. Von Zürich aus wurde unser Flugbetrieb im März auf 5 wöchentliche Flüge reduziert, und seit Mai führen wir einen täglichen Flug durch, der im August bald auf 11 wöchentliche Flüge ansteigen wird. Seit Ende März wurden jedoch alle unsere Flüge nach Genf eingestellt, und unser Flugbetrieb nach Genf wird Anfang August mit 4 wöchentlichen Flügen wieder aufgenommen.
Welches Flugzeug kommt zum Einsatz?
Von Zürich aus operieren wir mit einer A350-900, die mit der Qsuite ausgestattet ist. Sie bietet eine Kapazität von 283 Sitzplätzen in einer Zwei-Klassen-Kabine. Business Class (36) und Economy Class (247). Bis Ende August fliegt Qatar Airways ab Genf mit der Boing 787, die eine sehr geräumige Kabine mit hohen Decken und viel Tageslicht bietet (22 Sitze in der Business Class und 232 Sitze in der Economy Class), und ab 1. September kommt A350 mit der Qsuite. Die Flugzeuge sind mit den fortschrittlichsten Luftfiltersystemen ausgestattet, die auf dem Markt erhältlich sind. Diese Systeme sind mit HEPA-Filtern in Industriegrösse ausgestattet, die 99,97 Prozent der viralen und bakteriellen Verunreinigungen aus der Umluft entfernen und so den wirksamsten Schutz vor Infektionen bieten. QR überprüft ständig seine Verfahren zur Sicherstellung der Sauberkeit der Kabine, und alle Flugzeuge werden im Rahmen des normalen Reinigungsprozesses regelmässig desinfiziert. QR ist seit Beginn der Verbreitung des Coronavirus führend in der Branche. Nach jedem Flug nach Doha werden die Flugzeuginnenräume einer rigorosen Reinigung unterzogen, wobei alle Oberflächen mit einem speziellen Desinfektionsmittel abgewischt werden. Passagiere, die in der Business Class mit der Qsuite fliegen, können die verbesserte Privatsphäre nutzen, die diese preisgekrönte Suite bietet, einschliesslich verschiebbarer Sichtschutzwände und vollständig schliessender Türen, die einen privaten Rückzugsbereich schaffen. Die Passagiere können sich auch dafür entscheiden, in ihrer Privatsuite den ‘Do Not Disturb (DND)’-Indikator zu verwenden, wenn sie ihre Interaktionen mit der Kabinenbesatzung einschränken möchten.
Wie und wohin baut Qatar das Streckennetz zuerst wieder auf?
Im Einklang mit der erwarteten Lockerung der Einreisebeschränkungen auf der ganzen Welt werden wir die ausgesetzten Reiseziele und zusätzlichen Frequenzen schrittweise wieder einführen, wobei wir uns auf die wichtigsten globalen Reiseziele und Partnerdrehkreuze konzentrieren werden. QR hat bereits damit begonnen, die zuvor ausgesetzten Routen wieder aufzunehmen. Unser Netzwerk wird bis Mitte Juli auf mehr als 430 wöchentliche Flüge zu über 65 Zielen erweitert.
Was werden Schweizer wohl zuerst wieder bei Qatar buchen? Wohin über Doha hinaus?
Wir glauben, dass die Menschen schrittweise wieder verreisen möchten, bedingt durch Einreisebeschränkungen. Die Menschen werden wieder reisen wollen, die Welt erleben und Freunde und Familie treffen sowie Geschäftsreisen wieder aufnehmen wollen. In vielerlei Hinsicht haben die Beschränkungen die Menschen erkennen lassen, wie wertvoll die Fähigkeit zu reisen wirklich ist und vielleicht sogar als selbstverständlich angesehen wurde. Wir gehen davon aus, dass sich das Angebot eng an die Nachfrage anpassen wird, da die Fluggesellschaften über Flugzeuge verfügen, um diese gemessene Rückkehr der Passagiere zu bewältigen. Wir glauben, dass die Flugpreise wettbewerbsfähig bleiben werden, wenn die Nachfrage zurückkehrt und die Menschen wieder in die Lüfte steigen. Hier sind einige unserer Schweizer Top-Destinationen ab dem Flughafen ZRH: DOH – DPS – CMB – BKK – SYD – SGN – HKT – MLE – KTM – MNL.
Wie waren die PAX-Zahlen ex ZRH/GVA in den letzten Jahren?
Wir waren mit den Passagierzahlen in den letzten Jahren an unseren beiden Schweizer Gateways sehr zufrieden. Und mit den Wachstumserfahrungen der letzten Jahre.
Wie war die Auslastung? Welche Zahlen peilen Sie 2020 an?
Die IATA-Daten für April zeigen, dass die über 1,3 Milliarden RPKs von QR während des Monats 17,8% des Marktes ausmachten, das Dreifache der nächstplatzierten Fluggesellschaft und mehr als die nächsten vier zusammen. Die IATA-Daten zeigen, dass QR Cargo mit über 900 Millionen CTKs im Monat April oder 7,2% des Marktes ebenfalls führend in ihrem Sektor war und die dringend benötigte Luftfrachtkapazität zur Unterstützung des globalen Handels und des Transports von lebenswichtigen medizinischen und Hilfsgütern in betroffene Regionen sicherstellte. Dies ist eine Fluggesellschaft, die während der Pandemie an ihrer Aufgabe festhielt und ihren Auftrag erfüllte. OAG Data Qatar Airways ist nach ASKs (QR 24,96M ASKs vs. EK 24,75M ASKs) in den letzten 3 Monaten (März-Mai) die grösste Fluggesellschaft der Welt.
Und wann soll das Niveau von Vor-Corona wieder erreicht werden?
Wer weiss – unser Chef Seine Exzellenz Akbar Al-Baker hat gesagt, es könne drei oder vier Jahre dauern, bis wir wieder an den Ort zurückkehren können, an dem wir uns vor Beginn der Notlage befanden.
(Interview: Christian Maurer)
