Deutsche Reisebranche verlangt Öffnung nach Annus horribilis

Testen, Impfen und Ende der Quarantäne sind die Schlüsselelemente.
DRV-Präsident Norbert Fiebig. © DRV/Wyrwa

Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbands (DRV), ist bei seinem Rückblick auf das Jahr 2020 klar und deutlich. «Es war ein Annus horribilis für die Branche.» Der Umsatzverlust für die Touristik in Deutschland lag nach der Analyse des Marktforschungsunternehmens GfK bei 80%.

Der Gesamtumsatz im vergangenen Jahr betrug rund EUR 32 Mia., 2019 hatte er ein Volumen von rund EUR 70 Mia. Dabei entfielen 2020 rund 39% auf die organisierten Reisen, nach einem Anteil von 51% im Vorjahr. Die Pauschalreisen brachen im vergangenen Jahr um 65% ein und erreichten nur noch EUR 12,5 Mia.

«Das liegt natürlich auch daran, dass im vergangenen Jahr viele Menschen ihren Urlaub eher im eigenen Land oder im Ausland per Autoanreise verbracht haben, was seltener als organisierte Reise gebucht wird», so Fiebig weiter. Obwohl Deutschland das am stärksten nachgefragte Reiseziel war, lag auch hier die Zahl der Übernachtungen aus- und inländischer Gäste um 39% unter denen von 2019.

Leichter Optimismus für 2021

Für das angelaufene Jahr zeigt sich der DRV verhalten optimistisch. Es sei kein eindeutiger Trend zu erkennen, aber in der zweiten Februarwoche seien die Buchungszahlen nach oben gegangen, erklärt der Verbandspräsident. An der Spitze stehe das östliche Mittelmeer mit der Türkei und Griechenland, die griechischen Inseln seien die populärsten Ziele. Nach oben gehe es auch für die Fernreiseziele und die Kreuzfahrten, hier aber überwiegend für Reisen 2022.

«Die Menschen wollen, dass sie ihre Urlaubswünsche umsetzen können und es gibt einen Nachholeffekt. Es ist eine Wiederbelebung zu erwarten und es zeigt sich eine Zuversicht. Aber alles hängt daran, dass die Impfungen nun endlich schnell und ohne Probleme durchgeführt werden können und es eine passende Teststrategie mit den neuen Testverfahren gibt«, so Fiebig.

Es sei nicht zu verstehen, dass es für ein Industrieland wie Deutschland so schwer sei, eine entsprechende Impfkampagne aufzubauen. Von Verbraucherseite her sei aber eine Tendenz zu erkennen, dass die Menschen motiviert seien zu buchen, aber es gebe viele Fragezeichen auf welchem Niveau. Relativ schwach sei die Buchungslage für die Osterferien.

Nach einer Blitzumfrage des DRV unter 600 touristischen Unternehmen erwartet jeweils ein Drittel von ihnen einen Neustart rund um Pfingsten beziehungsweise die Sommerferien. Rund 10% der befragten Reisebüros und 9% der Veranstalter sehen keine Chance für ein Anlaufen des Geschäfts 2021. Maximal die Hälfte des Umsatzes von 2019 ist für rund 90% ein realistisches Ziel.

Die Politik muss handeln

Für den Verband ist nun die Politik gefordert. Ein grosser Knackpunkt ist laut Fiebig das Problem der Quarantäneregelungen, das rund 75% der Kunden vom Buchen abhalte. „Wir müssen dieses eher wirkungslose Mittel ablösen. Wir benötigen ein enges Netz an Tests, so dass dann auch Nicht-Geimpfte verreisen können. Wir haben bereits im September dazu ein Konzept vorgelegt und im Februar noch einmal ein Acht-Punkte-Papier», macht der DRV-Präsident klar.

Die Politik müsse eine schlüssige Teststrategie vorlegen. Es sei möglich, die Reisenden während des Urlaubs mehrfach, vor Hin- und Rückflug zu testen, dann auch vor Betreten des Hotels noch einen Antigentest durchzuführen. «Die Tests an den Flughäfen müssen wieder aufgenommen werden, wir benötigen sie aber auch bei erdgebundenen Reisen. Das Argument der nicht verfügbaren Tests gilt nicht mehr.»

Parallel müsse es mit den Impfungen schneller gehen, Deutschland könne hier nicht so weit hinterherlaufen. «Mit ist es aber besonders wichtig, dass die Politik die Reisen nicht als Gefahr darstellen. Diese Appelle der Politik sind nicht sachgerecht. Von der Pauschalreise geht keine Gefahr aus, dies ist belegbar, eine aktuelle Studie des RKI hat es gezeigt. Die Rückkehr zur Normalität muss überall dort möglich sein, wo ein nachweislich geringes Infektionsrisiko besteht.»

(Wolfram Marx)