Die Umsätze in der Schweizer Reisebranche sind wieder auf Kurs des Niveaus von 2019, stellt der Schweizer Reise-Verband (SRV) an seiner jährlichen Medienkonferenz fest. Er vertritt ein Marktvolumen von knapp CHF 2,5. Der prognostizierte Umsatz von organisierten Ferienreisen ins Ausland liegt 2023 gut 20% über dem im Vorjahr. An Herausforderungen mangelt es derweil nicht – dies zeigt die repräsentative Umfrage des SRV im Stimmungsbarometer.
Nach dem beispiellosen Umsatzeinbruch durch die Covid-Pandemie von 2020 bis 2022 hat sich der Outgoing-Tourismus erholt – das Reisen gehört nach wie vor zu den wichtigsten Grundbedürfnissen der Schweizerinnen und Schweizer. Das Marktvolumen bei Ferienreisen ins Ausland mit mindestens einer Übernachtung beträgt in der Schweiz gemäss SRV-Hochrechnung rund CHF 10, wovon gut drei Viertel auf selbst organisierte Reisen entfällt.
CHF 2,5 generieren die 796 Schweizer Reiseveranstalter und Reisebüros über ihre verschiedenen Buchungskanäle. «Dementsprechend wird jede vierte Auslandreise über die Schweizer Reisebranche abgewickelt und ist somit vollumfänglich kundengeldabgesichert», hält Martin Wittwer, Präsident SRV, fest.
Keine signifikanten Preissteigerungen erwartet
Für 2023 erwartet der SRV ein Umsatzwachstum von gut 20% gegenüber Vorjahr, wodurch die Reisebranche wieder das Umsatzniveau von 2019 erreicht. Der Eingang langfristiger Buchungen liege deutlich über den Erwartungen, was als Vertrauensbeweis besonders erfreulich sei, wenngleich sich die Passagierzahlen noch knapp 10% unter dem Vor-Pandemie-Wert bewegen.
Durchschnittlich haben sich die Veranstalterpreise für klassische Badeferien laut SRV rund 10% gegenüber 2019 erhöht. Die Preise von Unterkünften und anderen Serviceleistungen in den Zielgebieten sind abhängig von diversen Faktoren: Den teilweise noch reduzierten Flugplänen, Personalengpässen, höheren Energiepreisen, oder der Teuerung.
«Aufgrund der starken Schweizer Frankens werden die Effekte der Teuerung in vielen Zielländern aber spürbar abgefedert. Für das Winterhalbjahr erwarten die Reiseveranstalter keine signifikante Preissteigerung – das Niveau wird sich mehrheitlich auf jenem von 2022 bewegen», sagt SRV-Geschäftsführerin Andrea Beffa.
Fachkräftemangel als grösste Herausforderung
Zwischen dem 9. und 24. August 2023 befragte der Schweizer Reise-Verband 211 Mitglieder der Reisebranche im Rahmen einer repräsentativen Umfrage zu den aktuellen Chancen und Herausforderungen der Branche; 74% aus der Deutschschweiz und 26% aus der Westschweiz. Als grösste Herausforderungen wurde der Fachkräftemangel genannt – so sind momentan noch rund 120 Stellen bei allen SRV-Mitgliedern zu besetzen.
Derweil lancierte die IST – Höhere Fachschule für Tou-ristik & Outdoor in Kooperation mit dem SRV die neue Fachausbildung «Travel Advisor», welche sich explizit an Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger richtet. Erfreuliches gibt es bei den Lernenden zu berichten: 95 Nachwuchstalente wagten im August 2023 die ersten Schritte ins Berufsleben, 27 mehr als letztes Jahr.
Nebst dem Fachkräftemangel und der Inflation wurden auch die Zuverlässigkeit der Airlines und die Performance der Flughäfen als grosse Herausforderung genannt. Zwar besteht dieses Jahr eine hohe Flugplansicherheit, doch die zahlreichen Verspätungen sind durchaus eine Herausforderung.
Als momentan grösste Chance für die Branche nannten die Teilnehmenden die Fachkenntnisse in der Beratung. Denn Sicherheit, Expertise und Hilfestellungen waren nicht nur während der Pandemie essenziell für die Kundinnen und Kunden – auch diesen Sommer konnten sie, beispielsweise während der Waldbrände auf Rhodos, auf die äusserst kulante Handhabung und Hilfeleistung der Reisebranche zählen.
Klimawandel, Kaufkraft und KI – die Branchenthemen der Zukunft
Zwar gaben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Umfrage an, dass das Thema Nachhaltigkeit von Kundenseite kaum angesprochen werde. Martin Wittwer, Präsident SRV, macht deutlich, dass er gerade den Klimawandel und damit das nachhaltigere Reisen als eine der grössten Herausforderungen der Zukunft sieht.
«Als SRV begleiten wir die Reisebranche auf diesem Weg, fördern das nachhaltigere Reisen und unterstützen die Klimapolitik der Schweiz in unserem Einflussbereich – doch um die Klimaziele bis 2030, respektive 2050 zu erreichen, sind enorme Anstrengungen von allen Akteuren nötig», so Wittwer. So engagiere sich der SRV bereits seit langem für nachhaltige Initiativen der Reisebranche, wie aktuell beispielsweise KlimaLink – einen einheitlichen Berechnungsstandard der CO2 Emissionen von Reisen.
Wittwer erwähnt zudem die schwindende Kaufkraft als grosse Challenge: «Die schwindende Kaufkraft wird das Einkaufsverhalten vieler Verbraucher generell verändern – und auch die Reisebranche tangieren», ist Martin Wittwer überzeugt. Ein Branchenthema der Zukunft, welches der Reisebranche ein riesiges Potenzial biete und gleichzeitig eine Herausforderung darstelle, sei Künstliche Intelligenz: «Die Möglichkeiten, den Kundinnen und Kunden dank KI eine noch umfassendere Beratung zu bieten oder die gesamte Customer Journey noch effektiver zu begleiten, sind enorm vielfältig und spannend.» (TI)