Dramatische Situation bei Kuoni/DER: CEO Zümpel muss alles hinterfragen

Im 2020 wird ein Umsatz-Einbruch von 70 Prozent erwartet, eine grosse Restrukturierung mit Stellenabbau steht an.
Dieter Zümpel. ©TI

Dieter Zümpel (62), Chef von DER Touristik Suisse – Kuoni, Helvetic Tours und viele weitere Spezialisten-Marken – hat seinen ersten Vertrag um drei weitere Jahre verlängert. Da hatte er noch nicht mit Corona gerechnet. Das Virus bringt jetzt seinen ganzen persönlichen Plan komplett durcheinander und damit auch seinen erfolgreichen Ausstieg bei der Nummer 2 im Schweizer Reisemarkt. Aber mit dieser katastrophalen Situation steht er in guter Gesellschaft: Praktisch alle grossen Reiseunternehmen werden im 2020 vermutlich  gigantische Umsatzeinbussen und wohl auch Verluste hinnehmen müssen. Dies trifft Hotelplan Suisse, TUI Suisse, Globetrotter Group, Knecht Reisegruppe aber auch Twerenbold massiv, wenn auch in unterschiedlicher Dimension.

Für das Jahr 2020 rechnet Zümpel, gemäss Aussagen in einem Interview mit der «Sonntagszeitung», mit einem Minus um 70%. Er schätzt die Situation als dramatisch ein. Besonders tragisch sei es, weil DER/Kuoni per Ende Januar «beim Umsatz fast zweistellig im Plus lag», wie er berichtet. Er habe vergangene Woche den Mitarbeitenden – DER Touristik Suisse beschäftigt über 1’000 Personen und betreibt 80 Filialen – mitteilen, dass eine Restrukturierung unvermeidbar sei. «Wir hinterfragen alles – das Filialnetz, die Produktion der Reisen, aber auch die Kosten der Zentrale», sagt Zümpel. Er wolle zwar so viele Arbeitsplätze wie möglich erhalten, aber bloss die Kosten für das Kopierpapier neu zu verhandeln, reiche nicht mehr, erklärt Zümpel. Ab Juni würden die Mitarbeitenden auch nicht mehr 100% ihrer Löhne ausbezahlt erhalten.

Kommt jetzt die Fusion mit Hotelplan – oder doch mit TUI Suisse?

Auf mögliche Zusammenarbeitsformen mit Mitbewerbern angesprochen, erklärt Zümpel: «In dieser Situation gibt es nur zwei Möglichkeiten: Der Stärkste überlebt, oder aber es kommt zu Zusammenschlüssen. Wir sind offen für jedes Gespräch mit Mitbewerbern, Hotelplan ist einer davon.» Bekanntlich gab es bereits mehrere Anläufe für eine Fusion oder gar Übernahme Hotelplan und Kuoni, alle Versuche scheiterten jedoch am Entscheid der Migros-Verwaltung aber auch am Kuoni-VR, der 2015 die Unternehmung an die DER Touristik/Rewe verkaufte.

Bekannt ist aber auch seit Längerem, dass Hotelplan für sein Warmwasser-Volumengeschäft, wo die internationalen Reiseveranstalter dank ihrer Einkaufsgrösse eine bessere Ausgangslage besitzen, einen Partner sucht. Allerdings ist dies bisher an nicht kompatiblen IT-System Gesprächen gescheitert oder nicht zustande gekommen. Hotelplan besitzt eine eigene hochqualfizierte IT, die jedoch sehr teuer ist. Alle in Frage kommenden ausländischen TO besitzen indes ihre eigenen Systeme und sind daher an der Übernahme der HP-Technologie offenbar nicht interessiert. Dies könnte sich nun durch diese Pandemie-Krise ändern.

Kunden wollen Bar-Rückzahlung – formaljuristische Schritte gegen Swiss in Vorbereitung

50% der Kunden, so Zümpel im Interview, würden mittlerweile auf auf eine Bar-Rückzahlung pochen. Sie würden diese – auch dank der Liquidität aus dem Cash-Pool des Mutterhauses Rewe – anstandslos begleichen. Angesprochen auf die Swiss wird Zümpel rabiat: «Wir warten seit Monaten auf eine erkleckliche Millionen-Summe und werden vertröstet, während die Swiss laut eigener Aussage Rückzahlungen an Kunden tätigt, die direkt gebucht haben. Das ist absolut inakzeptabel», ärgert sich Zümpel. «Wir hoffen noch immer, das Problem im Dialog zu lösen, parallel dazu bereiten wir die nötigen formaljuristischen Schritte vor.» (TI)