Durch soziale Projekte zum Reiseunternehmer für Kolumbien

Vor zwei Jahren gründete der Halbkolumbianer Lukas Hohl-Jaramillo «Kolumbienentdecken.ch». Dahinter steckt mehr als «nur» ein Reisebüro.
Lukas Hohl-Jaramillo engagiert sich in Krisenregionen für Kinder und Jugendliche.

Am Anfang stand ein Hockey-Stock: Der passionierte Unihockey-Spieler Lukas Hohl-Jaramillo nahm auf seiner zweiten Reise ins Land seiner Eltern diese Utensilien mit, um mit den Kids in einem Kinderheim in Medellin zu spielen und den ihnen bis anhin völlig unbekannten Sport näherzubringen.

Durch sein soziales Engagement in Kolumbien entstand der Kontakt mit der schweizerischen Botschaft in Bogota, zum EDA und dem kolumbianischen Aussendepartement. Sodann beteiligte sich die offizielle Schweiz am Projekt «Diplomacia Deportiva», welches zum Ziel hat, Kindern aus konfliktgeprägten Regionen Kolumbiens einen mehrwöchigen Auslandaufenthalt zu ermöglichen. Das EDA setzte Hohl-Jaramillo als Betreuer ein, wenn die Jugendlichen in der Schweiz zu Gast sind. «Wir wollen ihnen eine Alternative zu Gewalt und Drogen bieten», sagt der 28-jährige Bieler.

SEINE REISEN NACH KOLUMBIEN entwickelten immer mehr eine Sogwirkung, immer mehr Freunde und Bekannte wollten ihn begleiten. «So nahm alles seinen Lauf; ich wollte den Leuten meine Liebe zu Kolumbien vermitteln und ihnen die Angst nehmen – denn viele Menschen hatten nach wie vor Vorbehalte.» In der Folge gründete er vor zwei Jahren die Online-Agentur Kolumbienentdecken.ch für massgeschneiderte Individualreisen. Die Kontakte zu Hotels, DMC und Tourismusverbänden vor Ort hatte er ja bereits. «Es handelt sich um ein Projekt aus Leidenschaft», führt der Halbkolumbianer aus. Das Unternehmen besteht mittlerweile aus drei Personen – welche vor Ort in Kolumbien und in der Schweiz tatkräftig mithelfen.

Hohl-Jaramillo avancierte in kürzester Zeit zum inoffiziellen touristischen Botschafter Kolumbiens. Schnell wird klar: Es geht ihm um weit mehr, als aus der steigenden Nachfrage nach dem Trendziel Kolumbien Profit zu schlagen.

Das Passions-Projekt nahm volle Fahrt auf. «Dass es jemals etwas richtig Grosses werden würde, hätte ich bei der Lancierung nicht gedacht.» Nun steht Hohl-Jaramillo auch in regem Kontakt mit der kolumbianischen Botschaft in Bern und berichtet «vom Puls an der Front». Der Bieler nahm durchaus eine gewisse Vorreiterrolle in der Schweiz ein, um Kolumbien als Reiseland richtig zu lancieren.

Dadurch, dass der lokale DMC Travelombia in Kolumbienentdecken.ch mit involviert ist, entsteht ein enger Kontakt zum Kunden: Hohl-Jaramillo berät die Kunden in der Schweiz selber, erstellt so viele Offerten wie gewünscht, um dem Kunden die individuelle und massgeschneiderte Reise zu schustern – und sein Partner Alexander Roll, Inhaber von Travelombia, besucht jeden Kunden mindestens einmal persönlich vor Ort und erkundigt sich regelmässig per Whatsapp nach dem Wohlergehen. «So eine unkomplizierte Flexibilität mitsamt der Nähe zum Kunden findet man bei einem x-beliebigen Anbieter nicht», ist Hohl-Jaramillo überzeugt.

Über das Buchungsvolumen möchte er keine Angaben machen – nur so viel: «Auch im Vergleich mit den grossen Reisebüros stehen wir sehr gut da – Tendenz steigend», schmunzelt er. Absichten, mit einem grossen Reiseveranstalter zusammenzuarbeiten, hegt Hohl-Jaramillo derweil nicht: «Dies würde unserem Nischenprodukt sowie der familiären Nähe und Herzlichkeit zuwiderlaufen.»

Nach wie vor stellen die Reisenden viele Fragen zur Sicherheit in Kolumbien; «aber weniger als noch vor einem Jahr», wie Hohl-Jaramillo bemerkt. «Kolumbien ist sicher zu bereisen. Man muss einfach den gesunden Menschenverstand walten lassen.» Gerade auch in Medellin. «Diese Stadt ist ein Highlight – in jeglicher Hinsicht!», schwärmt er. Allerdings – der wachsende Party-Tourismus der Backpacker-Gemeinde stelle zunehmend ein Problem dar; wie auch der «Narcos-Tourismus».

DIE NETFLIX-SERIE «NARCOS», welche die Geschichte Pablo Escobars erzählt, führt einerseits zu einem Touristenboom, andererseits zu einer Glorifizierung des Drogenbarons. «Ja, es gehört zur Geschichte Kolumbiens, man soll darüber reden – aber nicht mit einem Escobar-Shirt ins Land reisen oder sein Grab besuchen. Einheimische empfinden Escobar-Touren als respektlos, denn fast jeder kann dir eine Geschichte erzählen, wie ein Bekannter oder ein Familienmitglied in diesem Drogenkrieg ums Leben kam.»

Offiziell seien die Escobar-Touren gar nicht mehr erlaubt. «Abgesehen davon, dass ich emotional befangen bin, würde ich solche Touren rein aus ethischen Gründen nie anbieten.» Kolumbien biete enorm viel Schönes – die Residenz eines Massenmörders zu bestaunen, gehöre für ihn definitiv nicht dazu. Escobars Haus wurde letzte Woche übrigens gesprengt.

Elisha Schuetz