Garantiefonds: «’Motion Ettlin’ greift erst mittelfristig»

Marco Amos, Geschäftsführer des Garantiefonds der Reisebranche, erklärt, weshalb die ‘Motion Ettlin’ mit der Forderung nach einer Staatsgarantie zustande kam.
Marco Amos © TI

Verschiedentlich berichtete TRAVEL INSIDE über die ‘Motion Ettlin’ und die damit geforderte Staatsgarantie für die Kundengeldabsicherung.

Im nachfolgenden Interview erläutert und begründet der seit September 2020 amtierende Geschäftsführer des Garantiefonds, Marco Amos, die Beweggründe und das Vorgehen des Garantiefonds im Zusammenhang mit diesem Vorstoss auf politischer Ebene.


Marco Amos, wurde die ‘Motion Ettlin’, die eine Staatsgarantie für die Kundengeldabsicherer fordert, vom Garantiefonds initiiert? 

Die Kundengeldabsicherung der Reisebranche war, insbesondere während der Pandemie, nicht gerade oberste Priorität der Politik. Wir mussten analysieren, ob unser System noch funktioniert und so weitergeführt werden kann. Aufgrund dieser Analyse haben wir das neue Gebührenmodell eingeführt, welches aber erst mittelfristig greifen wird.

Haben Sie persönlich dieses neue Gebührenmodell entwickelt? 

Initiiert wurde das Modell vom Stiftungsrat. Basierend auf der von der Geschäftsstelle durchgeführten Analyse, erhielt ich den Auftrag Lösungen zu entwickeln und vorzuschlagen. Das neue Gebührenmodell wurde dann vom Stiftungsrat genehmigt und ich wurde mit der Umsetzung beauftragt.

Bei der ‘Motion Ettlin’ handelte es sich um einen ähnlichen Prozess. Im Rahmen der Analyse stellten wir fest, dass das neue Gebührenmodell allein, weil es erst mittelfristig greift, nicht unmittelbar zu einer Verbesserung der Schutzfähigkeit des Garantiefonds führt.

Zuerst suchten wir das Gespräch mit der Bundesverwaltung, um zu schauen, ob es im Rahmen des Covid-Gesetzes oder im Rahmen des Bürgschaftsgesetz Lösungen gäbe, was nicht der Fall war.

Daraufhin schrieben wir verschiedene Politiker an, erklärten die Thematik ersuchten diese um Unterstützung. Im Rahmen der darauffolgenden Gespräche kristallisierte sich heraus, dass Ständerat Erich Ettlin die Problematik versteht und uns unterstützen will.

Wer kennt denn Ständerat Ettlin? 

Das ist ein Kontakt, der über andere Kontakte zustande kam. Wir sprachen auch nicht nur mit ihm, sondern schrieben in den letzten Monaten 150 Parlamentarier*innen an, um auf die Problematik aufmerksam zu machen. Bereits ganz zu Beginn der Pandemie machten wir das Seco darauf aufmerksam, dass da ein Problem auf uns zukommen könnte. Dieser Problematik die nötige Aufmerksamkeit zu verschaffen war ein langer Prozess.

Mit Ständerat Ettlin diskutierten wir das Thema vertieft und er half uns auch bei den Gesprächen mit der Verwaltung. Schlussendlich stellte sich heraus, dass es eine politische Lösung braucht und die Motion der einzig gangbare Weg ist. Auch diese würde, da sie erst in der nächsten oder übernächsten Session diskutiert wird, erst mittelfristig greifen.

Gerade wenn man die Entwicklung in Deutschland betrachtet, wo auch der Staat bis die Fondsgelder aufgebaut sind, eine Garantie übernimmt, erachte ich dies als eine sehr sinnvolle Lösung, sozusagen Hilfe zur Selbsthilfe. Die Branche selbst will einen glaubwürdigen Schutz zu bieten, ist bereit die Gebührenmodelle zu tragen und dies mit den Kunden zu diskutieren sowie an diese weiter zu verrechnen. Damit demonstrierten wir, dass wir in der Lage sind eine Lösung zu finden, die Einnahmen generiert. Allerdings sind diese auf der Zeitachse verschoben und mittelfristig könnte ein Loch entstehen.

Natürlich hätten wir die Gebühren höher ansetzen können, aber dann hätten wir Akzeptanzprobleme. In Deutschland beträgt die Gebühr ein Prozent, um in sieben Jahren das marktgerechte Fondsvermögen aufzubauen. Wir errechneten, dass 0,25% ausreichen um das Zielvermögen in fünf bis zehn Jahren, je nach Konkursfällen, aufzubauen.

Es wäre deshalb im Interesse aller, wenn wir in einem oder mehreren Konkursfällen von der Bank einen vom Staat garantierten Kredit ziehen könnten, um diese zu decken. Dieser würde mit den regelmässigen Einnahmen zurückbezahlt und verzinst. Die Lösung verursacht weder für den Konsumenten noch für den Staat Kosten und käme nur im schlimmsten Fall zur Anwendung. Die Motion ist im Übrigen bewusst so formuliert, dass die Lösung für alle, nicht nur für den Garantiefonds gelten würde. 

Die Lösung würde die Anstrengungen der Reisebranche würdigen und diese, in der Aufbauphase der Fondsvermögen, unterstützen.

Waren die anderen Kundengeldabsicherungen, Swiss Travel Security und TPA, bei diesen Überlegungen und Gesprächen involviert?

Vereinzelt ja.

Oder sind sie die lachenden Dritten, wenn die Lösung kommt? 

Nun, es handelt sich schlussendlich um ein Branchenproblem. Der Garantiefonds ist die grösste Kundengeldversicherung und trägt, mit den grossen Veranstaltern, auch die grössten Risiken. Deswegen ist es klar, dass wir eine gewisse Führungsfunktion übernehmen und wenn dies zu Gunsten der ganzen Branche, bzw. aller Kunden geht ist dies umso besser.

Im Zusammenhang mit dem neuen Gebührenmodell meinte Luc Vuilleumier von Swiss Travel Security, dass sie dies als nicht notwendig erachten und mit dem bestehenden Modell sicher seien. 

Ich kann das nicht kommentieren, da ich seine Zahlen und Berechnungen zu wenig kenne.

War er bei den Gesprächen mit Ettlin dabei? 

Nein.

Und TPA? 

Ja, TPA war involviert. Aber klar, man kann dieses Thema, welches die gesamte Branche betrifft, nicht in eine politische Diskussion bringen und dabei einzelne Anbieter ausschliessen. Das würde von der Politik nicht verstanden. Gesetzlich muss der Kunde diesen Schutz beanspruchen können, unabhängig davon, bei welcher Kundengeldabsicherung das von ihm gewählte Reiseunternehmen teilnimmt.

Möglicherweise gibt es Kundengeldabsicherungen, wozu wir hoffentlich auch gehören, die diese Staatsgarantie gar nie nutzen werden. Eigentlich will sie niemand beanspruchen und trotzdem wäre es sinnvoll, wenn es sie gäbe, zum Schutz des Konsumenten.

Interview: Hans-Peter Brasser