Gastkommentar: «Kantonale Gruppierungen haben grosses Gewicht»

Dominique Sudan, Chefredaktor von TRAVEL INSIDE (français), über die Reisebranche in der Romandie und was die Deutschschweiz von ihr lernen kann.

Als sich der Schweizer Reisebüro-Verband 2007 neu strukturierte und fortan Schweizer Reise-Verband (SRV) hiess, stand die Schaffung von Regionen im Mittelpunkt. Die Westschweiz wurde zur Region 1 und hielt ihre kantonalen Gruppierungen am Leben, die Deutschschweiz als Region 2 entschied sich für die Auflösung aller ihrer kantonalen oder regionalen Verbände. War dies rückblickend gesehen ein strategischer Fehler?

Von Zürich aus gesehen handelt es sich bei den fünf Groupements romands d’agences de voyages vor allem um «amicales» – Vereine also, die jedes Jahr abwechselnd eine gesellschaftliche Veranstaltung für alle Mitglieder der Region 1 organisieren. Neben dem Besuch der Salines de Bex oder des Giger-Museums in Gruyères haben diese Vereinigungen aber auch eine spezifische Aufgabe: die Koordination der Berufsausbildung des Nachwuchses, um welche die Branche in der Deutschschweiz die welschen Kollegen beneidet.

Und in einer Zeit, in der die Reisebüros um ihr Überleben kämpfen, schaffen diese «Vereine» die Verbindung zwischen Politikern und der Reisebranche. Dabei geht es nicht mehr bloss um Ausbildungslehrgänge, sondern um konkrete Unterstützung der kantonalen Finanzdirektoren bei den Kurzarbeitsentschädigungen und Erwerbsersatzlösungen.

Zwar sind in einigen deutschsprachigen Kantonen inzwischen ebenfalls Kontakte von bekannten und anerkannten Unternehmern mit der Politik geknüpft worden. Aber was ist mit den Halbkantonen der Zentral- und Ostschweiz, wo die Zahl der Reisebüros so klein ist, dass die Verteidigung gewisser Interessen fast ein hoffnungsloser Fall ist? Wie kann eine Branche ohne kantonale Gruppierung in Regionen fernab der grossen städtischen Zentren verteidigt werden? Die Frage zu stellen bedeutet, sie zu beantworten.

Heute zeigt sich, dass die kantonalen Gruppierungen ein grosses Gewicht haben, wenn es darum geht, die Interessen einer ganzen Branche auf lokaler Ebene zu verteidigen. Zusammenzustehen und mit einer Stimme zu sprechen ist nur mit der Unterstützung eines lokalen Stosstrupps möglich, der den lokalen politischen Kreisen nahe steht.

Dieser Ansatz ist bei den Kaffee- und Restaurantbesitzern längst angekommen, die starke kantonale Sektionen eingerichtet haben, die direkt dem nationalen Verband, in diesem Fall Gastrosuisse, unterstehen. Wäre dies der Weg nach vorn für die Branche, um Anerkennung und Glaubwürdigkeit zu gewinnen?

(Dominique Sudan)