Gesunde Reisebüros erhalten keine Härtefallhilfe

Umsatzeinbruch reicht nicht. Wer noch Reserven hat, muss selber bluten.
© iStock.com/Stadtratte, zVg (Montage: TRAVEL INSIDE)

Das ist ein harter Schlag für die Reisebüros: Viele von ihnen haben fest mit Härtefallhilfen gerechnet, werden aber keine erhalten! Denn: Betriebe, die inklusive bisheriger Covid-Kredite und eigenen Reserven jetzt noch genügend Liquidität bis Ende 2021 haben um die laufenden Fixkosten zu bezahlen, erhalten keine Härtefallunterstützung. Auch wenn der Umsatz total zusammengebrochen ist.

Das heisst im Klartext: Wer gut gewirtschaftet hat die letzten Jahre und Reserven geäufnet hat, bekommt keine Härtefallhilfe, auch wenn die anderen Anforderungen wie der Umsatzrückgang erfüllt sind. Im Umkehrschluss heisst das auch: Wer sich nur knapp über Wasser halten konnte und keine Reserven gebildet hat, bekommt Härtefallhilfe. Jene Reisebüro-Inhaber etwa, die sich über Jahre einen tiefen Lohn ausbezahlt haben, um in der Firma Reserven aufzubauen, haben jetzt das Nachsehen.

«Ihre Interpretation kann im Einzelfall zutreffen», gibt das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Aargau zu. TRAVEL INSIDE weiss: In dem in Sachen Härtefallhilfe als grosszügig geltenden Kanton Aargau hat bisher erst ein Reisebüro Härtefallhilfe erhalten – vier Gesuche von Reisebüros wurden hingegen abgelehnt. Immer mit der Begründung, dass ihre Liquidität für die kommenden 12 Monate ausreiche. Der Kanton Aargau beruft sich dabei auf die Bundesvorgaben – andere Kantone dürften also gleich entscheiden und gesunden Reisebüros die Härtefallhilfe verweigern.

Liquidität sichern, nicht die Umsatzeinbusse ersetzen

«Die Härtefallleistungen sind subsidiär zu den anderen Massnahmen des Bundes – Kurzarbeitsentschädigungen, Entschädigung aus Erwerbsausfall, usw. – und nicht als Umsatzausfallentschädigung gedacht», heisst es dazu aus dem Aargauer Volkswirtschaftdepartement. Aus der Bezeichnung «Härtefallmassnahme», die das Bundesparlament eingeführt hat, gehe hervor, dass die Härtefallmassnahmen nicht dafür vorgesehen seien, generell durch die Pandemie verursachte Umsatzeinbussen zu ersetzen.

Das heisst, mit Härtefallhilfegeld wird die Liquidität gesichert um die Miete und weitere Fixkosten bezahlen zu können, wenn das Unternehmen selber keine flüssigen Mittel mehr hat. Die eigentliche Umsatzeinbusse selber, und sei sie – wie in den Reisebüros – noch so hoch, wird hingegen nicht ausgeglichen. Sie ist bloss eine Voraussetzung, um überhaupt Härtefallhilfe zu beantragen.

Der Zweck des Härtefallprogramms von Bund und Kantonen bestehe darin, das Überleben von Unternehmen, die von den Auswirkungen der zweiten Welle der Corona-Pandemie betroffen sind, mit Liquiditätshilfen sicherzustellen. Liquiditätshilfen könnten dann geleistet werden, wenn ein Unternehmen diese zur Vermeidung eines Engpasses in den nächsten zwölf Monaten effektiv benötigt und nicht selber über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügt, heisst es weiter.

Zusätzlich könnten zur Sicherstellung des Überlebens von Unternehmen mit einem grundsätzlich gesunden Geschäftsmodell auch finanzielle Beiträge zur Vermeidung einer Überschuldung geleistet werden. Zu diesem Zweck gab es im letzten Frühling auch die Corona-Kredite, die derzeit in der Bilanz als Eigenkapital geführt werden dürfen, damit bei einem Liquiditätsengpass nicht die Überschuldung eintritt und damit die Insolvenz angemeldet werden muss. Diese buchhalterische Ausnahmeregel gilt allerdings nur vorübergehend. Ohne A-fonds-perdu-Härtefallhilfe sind das Überschuldungsrisiko und die Insolvenz damit nur aufgeschoben.

(Christian Maurer)