Härtefall-Hilfe von Kantonen: Eine erste Bestandesaufnahme

«Man muss gut argumentieren, wenn man bei einem Regierungsrat vorspricht», sagt die SRV-Delegierte Sarah Weidmann.
Sarah Weidmann, SRV © TRAVEL INSIDE

Jetzt müssen die Reisebüros in den Kantonen weibeln. Härtefall-Hilfen, wie sie das nationale Parlament mit dem Covid-19-Gesetz beschlossen hat, gibt es nur für jene Branchen und Betriebe, die von den Kantonen dafür nominiert werden. Und davon sind die Reisebüros noch weit entfernt. Sie müssen nun die Kantonsregierungen überzeugen, dass sie zu den Härtefall-Branchen gehören. Für den Schweizer Reise-Verband (SRV) koordiniert Sarah Weidmann die Kontakte mit den Kantonen in der Deutschschweiz.

Die gute Nachricht: «Bei keinem Kanton haben wir bisher auf Granit gebissen, das Verständnis für unsere Lage ist da», sagt Weidmann im Gespräch mit TRAVEL INSIDE. Dennoch: «Man muss gut argumentieren, wenn man bei einem Regierungsrat vorspricht.» Und Geld geflossen ist bisher auch noch nicht.

Vor gut einer Woche hat sie vom SRV den Auftrag gefasst, inzwischen ist eine erste Bestandesaufnahme gemacht und auch ein Argumentarium aufgebaut, mit dem Reisebüro-Delegationen zu den Kantonsregierungen gehen können. Zuoberst auf der Liste der Forderungen an die Kantone steht die schnelle Direkthilfe von den Kantonen selber. «Diese können sie selber bestimmen und auslösen, während die Härtefall-Hilfe von Bund und Kantonen nicht vor dem zweiten Quartal 2021 fliessen wird», so Weidmann.

Die Ausführungsbestimmungen zum Covid-19-Gesetz sind nämlich noch nicht geschrieben, die Kantone warten darauf. Für Weidmann ist indes klar: «Wir brauchen jetzt Soforthilfe, um den Winter zu überstehen.» In einzelnen Kantonen seien bereits Härtefall-Fonds eingerichtet, die auch Reisebüros anzapfen könnten. «Wir sind daran, zusammenzustellen, wo das der Fall ist und wie man vorgehen muss, um Unterstützung zu erhalten», so Weidmann.

In einigen Kantonen haben laut Weidmann bereits Gespräche stattgefunden, so in Schaffhausen und St. Gallen, auch in Luzern und im Thurgau. Noch keine Kontakte mit der Regierung gab es in kleineren Kantonen wie Zug, Glarus und Schwyz, wo es auch nur wenige selbständige Reisebüros gibt. «Hier müssen wir versuchen, alle zum Mitmachen zu motivieren.» Ein Spezialfall ist der Kanton Zürich, in dem fast die Hälfte der Reisebranche zu Hause ist. «Mehr als 3000 Arbeitsplätze und rund 2,5 Milliarden Franken Umsatz generiert die Branche in Zürich», hat Weidmann errechnet. Das zeige, dass man nicht in allen Kantonen mit den gleichen Argumenten kommen könne. «In Zürich lässt sich es besser mit dem drohenden Arbeitsplatzverlust argumentieren als in einem kleinen Kanton.»

Wichtig ist für Weidmann auch, dass mit den Kantonen die Frage der Härtefall-Definition diskutiert und geklärt wird. Soll der Umsatzverlust oder der Ertragsverlust herangezogen werden? Eine Möglichkeit für schnelle Soforthilfe von den Kantonen wäre auch die Fixkostenbezuschussung, wie es sie in Deutschland und Österreich bereits gibt. «Das würde helfen, weil ja die Mieten und so weiter auch dann bezahlt werden müssen, wenn keine Erträge hereinkommen», erklärt Weidmann.

Die weiteren Forderungen, mit denen die Reisebüros in den Kantonen zu den Regierungsräten sollen: Die Härtefall-Hilfen müssen schneller kommen, die normale Vernehmlassungsfrist müsste dafür verkürzt werden. «Hier klemmen die Kantone, man hat fast den Eindruck, dass sie auf Zeit spielen», so Weidmann. Dafür sei den Finanz- oder Volkswirtschaftsdirektoren die verzweifelte Lage der Reisebüros in Erinnerung zu rufen: Ein unverschuldeter Notstand, ohne Aussicht auf neues Geschäft, solange Quarantänelisten und andere Reiserestriktionen gelten.

(Christian Maurer)