Herr Vranckx, haben Sie sich verkalkuliert?

Swiss CEO Dieter Vranckx stellt sich den kritischen Fragen der «Handelszeitung».
Dieter Vranckx. ©Swiss

Zu Beginn des Interviews relativiert Swiss-CEO Dieter Vranckx die Zahl von 676 zwischen August und Oktober geplanten Flugstreichungen, denn diese stellen lediglich gut 2% des geplanten Flugprogramms dar.

Weshalb es zu mehr Flugstreichungen kommt, erklärt er mit der Komplexität des Hochfahrens des Flugbetriebs. Das System sei für die starken, pandemiebedingen Schwankungen schlicht nicht ausgelegt, zumal wegen der strukturellen Marktveränderungen auch restrukturiert werden musste.

Flugboom war absehbar

Auf die kritische Frage, weshalb so viele Tickets verkauft wurden wenn das Personal dazu fehle, erklärt der CEO, dass in der Planung die Stabilität auf operationeller Ebene höchste Priorität hatte.

Die Erfahrungswerte aus dem Vorjahr halfen nur zum Teil für die diesjährige Planung. Trotzdem musste mit verschiedenen Szenarien und einer bestimmten Anzahl von Mitarbeitenden gerechnet werden und diese sind wegen des stark ausgetrockneten Arbeitsmarkts nun einfach nicht da.

Vorsorglich wurde bereits im April Kapazität reduziert, worüber Vranckx heute froh ist, denn dank dessen betreffen die neuerlichen Streichungen nur einen Bruchteil der Kapazität, was im Vergleich zu den Mitbewerbern relativ wenig ist.

Die Frage zur kürzlich erfolgten Panne by Skyguide hilft Vranckx die eine Woche davor kommunizierten Flugstreichungen zu relativieren. Von den Flugstreichungen seien ungefähr 10’000 Passagiere betroffen, von der dreistündigen Schliessung des Schweizer Luftraums hingegen 7’000 Passagiere. Ob die Swiss von Skyguide Schadenersatz verlangt, ist zur Zeit noch in Prüfung.

«Sehr gute Zusammenarbeit mit Reisebüros»

Was er verärgerten Reisebüros sage, die wegen der Flugstreichungen mehr Aufwand und nicht abgegoltenen Aufwand hätten, will der «Handelszeitung»-Autor Tim Höfinghoff wissen.

Die Swiss sei in engem Austausch mit den Reisebüro-Partnern und arbeite proaktiv mit diesen zusammen, antwortet Vranckx. Und weiter, natürlich gebe es das eine oder andere Beispiel wo nicht alles reibungslos verlief, aber alles in allem sei die Zusammenarbeit sehr gut.

Zuviel Personal entlassen?

Vranckx antwortet auf diese Frage damit, dass die Krise enorm komplex war und rasche Entscheide erforderte, die auf der Basis vorhandener Informationen getroffen werden mussten. Im Nachhinein sei man immer schlauer, aber heute sei die Lücke im Bereich Kabinenpersonal, die in den vergangenen Monaten sogar noch grösser wurde, das eigentliche Problem.

Bis März 2023 sollen rund 800 Kabinenbesatzungsmitglieder rekrutiert und ausgebildet werden, woran man mit Hochdruck arbeite. Ob Lufthansa-Personal aushilft sei übrigens noch vom endgültigen Entscheid des Lufthansa-Betriebsrats abhängig.

Der scheinbar schlechtem Stimmung beim Personal und den aktuell anspruchsvollen Arbeitsbedingungen an Bord begegnet das Swiss-Managment mit Entlastungen auf den Strecken nach Los Angeles und San Francisco sowie einer Dankeschön-Prämie, welche trotz der angespannten finanziellen Situation ausbezahlt wurde. Für das Erreichen einer schwarzen Null im laufenden Jahr wurde der Belegschaft eine weitere solche Prämie in Aussicht gestellt. (BRA)