Der Ölpreis-Schock der letzten Tage trifft die Luftfahrtbranche hart. Neben dem Personal ist der Treibstoff ihr grösster Kostenblock. Die Anleger sind beunruhigt: Die Lufthansa-Aktie ist zu Wochenbeginn um 3% eingebrochen und gehörte zu den grössten Verlierern des deutschen Dax-Index.
Im Moment sind die konkreten Auswirkungen des grössten Preissprungs seit Jahren bei den Airlines der Lufthansa Group zwar noch nicht unmittelbar zu spüren: Sie sichert sich die Kerosinpreise auf einen Zeithorizont von bis zu 24 Monaten ab. Die Airlines bezahlen so etwas mehr für ihren Sprit, sind aber vor grossen Preisausschlägen geschützt. Trotzdem heisst es etwa bei Swiss: «Der Ölpreis wird Einfluss auf unser Ergebnis haben», so Sprecherin Sonja Ptassek. In welchem Umfang, lasse sich momentan noch nicht sagen.
Swiss hat den Ölpreis «für die nächsten sechs Monate zu ca. 85% abgesichert», wie Ptassek auf Anfrage von TRAVEL INSIDE sagt. Das ist der maximale Fuel-Hedging-Anteil in der Gruppe für Netzwerk-Airlines. Auch Edelweiss hat 80% seines Spritbedarfs abgesichert, wie ihr Sprecher Andreas Meier ergänzt. Andere Gesellschaften der Lufthansa Group dagegen kaufen bis zu 100% ihres Kerosins zu Tagespreisen ein und sind jetzt deutlich mehr gebeutelt. Die beiden Schweizer Airlines Helvetic und Chair gaben keine konkreten Angaben zu ihrem Hedging.
Kurzfristig keine Ticketpreis-Aufschläge
Ticketpreis-Erhöhungen stehen heute noch nicht zur Debatte. «Die Entwicklung des Ölpreises hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf unsere Ticketpreise. Grundsätzlich richten sich die Preise vor allem nach Angebot und Nachfrage», sagt Ptassek. «Kleine Ausschläge kann man abfangen. Sobald dieser Korridor aber verlassen wird und in eine Preis-Hausse übergeht, müssen die Preise vorübergehend und kurzfristig angepasst werden», erkärt Chair-COO Urs Pelizzoni.
Mittel- und langfristig kann sich das allerdings wieder ändern. «Sollte das hohe Preisniveau für Treibstoff anhalten, wird sich das mit Verzögerung auch auf unsere Einkaufspreise auswirken», sagt Ptassek von Swiss. Im Klartext: Wird der Einkauf teurer, schlagen auch die Tickets auf. Und dass der Ölpreis schnell wieder sinkt, ist unwahrscheinlich. Die Befürchtung geht in die andere Richtung: «Helvetic Airways erwartet, dass die Preise in den nächsten Wochen anziehen werden», warnt Sprecher Mehdi Guenin.
Grösster Preissprung seit Jahrzehnten
Der Preis für Brent, die für Europa wichtigste Erdölsorte, schnellte nach Angriffen auf Ölanlagen in Saudi-Arabien am vergangenen Samstag so schnell nach oben wie zuletzt im Golfkrieg Anfang der Neunzigerjahre. Inzwischen hat sich die Lage auf dem Markt wieder beruhigt. Bis Ende Monat will Saudiarabien seine Ölförderung wieder hergestellt haben. (CM)