In Memoriam: Robert Martin

Nachruf von Ueli Hirt zum Tod von Robert Martin, ehemals SSR und Sierramar, der 72-jährig am 15.11.21 verstorben ist.
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«Unsere erste Begegnung, irgendwann Mitte der Achtzigerjahre. Also vor mehr als 35 Jahren. Der Grieche hatte mich vorgewarnt: Ein Linker sei er, dieser Martin, und unmöglich sein Name – Robert Martin – da wisse man nicht, was Vor- und Nachname sei!

Die Studenten aus Zürich hätten ihn in die Provinz nach Bülach delegiert, um gemeinsame Flüge nach Griechenland mit uns zu verhandeln. Reisen für Studenten organisierte dieser Martin – lustig, aber nicht ganz ernst zu nehmen, meinte der Grieche. Er hatte nicht vergessen, wie ihn Martin zu den letztjährigen Verhandlungen nach Zürich gebeten hatte, in die Zentrale des Schweizerischen Studentenreisedienstes SSR. Ein wilder, kommunistischer Haufen sei das, nicht unsympathisch, aber eben – nicht ganz ernst zu nehmen.

Nicht einmal richtige Chefs hätten die, weder Ledersessel noch Schreibtische, geschweige denn Sekretärinnen oder Geschäftsautos. Der Grieche von Falinda Reisen war mein Chef. Er konnte das alles nicht verstehen. Doch jetzt hatte sich das Blatt gewendet, jetzt hatte er den roten Martin in sein Büro bestellt, wo es Ledersessel, Sekretärinnen und Geschäftsautos gab, und richtige Schreibtische. Die Ordnung war wieder hergestellt, die Machtverhältnisse zurechtgerückt und Status demonstriert. Das konnte bei Verhandlungen nicht schaden.

Ich sass also beim Griechen im Büro und wartete gespannt auf den exotischen Besucher aus Zürich. Robert Martin – ich habe den Namen von Anfang an gemocht: sechs Buchstaben vorne, sechs hinten. Das wirkt ausgeglichen, in der Balance, und tönt irgendwie vornehm, stilvoll, intelligent und beruhigend. Martin Robert wäre nicht halb so gut, eher passend für einen Revolverhelden, Boxer oder Töffrennfahrer.

Und dann sind wir uns im Büro des Griechen zum ersten Mal begegnet: Robert in kurzer Manchesterhose, kurzärmeliges Hemd, an den Füssen Wanderschuhe oder Sandalen – ich erinnere mich nicht mehr genau. Sein Auftritt war weder vornehm noch besonders stilvoll, auch war nichts von einem Boxer oder Revolverhelden an ihm zu erkennen. Aber sehr ruhig oder besser gesagt: beruhigend hat er gewirkt, irgendwie in der Balance, ausgeglichen, bescheiden und intelligent. Ich war beeindruckt.

Es sollte für einige Jahre unsere einzige Begegnung bleiben. 1988 kreuzten sich unsere Wege erneut: Des Griechen überdrüssig, hatte ich beim kommunistischen Haufen angeheuert, den Robert gerade im Begriff war, zu verlassen, um Sierra Mar zu gründen. Drei Jahre später hat er mich in seine Firma geholt. Sie wurde für mich zu unserer Firma, für die wir sehr viele Jahre lang gemeinsam gearbeitet haben. Heute, nach deinem Tod, ist der erste Eindruck unverwischt und wird es bleiben. Ich danke dir herzlich für die gute Zeit. RIP.»

(Ueli Hirt)