Die Reisebranche leidet unter einem Imageproblem in Bezug auf eine Kundengeld-Absicherung. Gemäss Pauschalreisegesetz PRG ist der Kunde für seine geleisteten Zahlungen im Fall eines Konkurses bei Pauschalreisen abgesichert.
Diese Tatsache müsste ein Vorteil für die Branche sein, sie ist jedoch beim Publikum viel zu wenig bekannt, und daher auch nicht wirklich ein USP. Es gibt vier Versicherungen, welche dies gewährleisten.
TRAVEL INSIDE hat beim Geschäftsführer des Garantiefonds, Marco Amos, nachgefragt.
Marco Amos, mit der Suspendierung eines Teilnehmers am Garantiefonds nimmt man zwar das Schadenfall-Risiko weg. Aber wer weiss das schon, es wird ja nicht kommuniziert. Woher soll ein Kunde davon wissen?
Er muss danach fragen. Genauso, wie ein Kunde beim Reisebüro nachfragen muss, ob eine Kundengeldabsicherung vorhanden ist oder nicht.
Aber das ist ja genau das Problem. An der SRV GV auf Madeira wurde thematisiert, dass der grosse Vorteil der Reisebranche mit der Kundengeldabsicherung praktisch unbekannt ist.
Das ist richtig. Das Pauschalreisegesetz vertraut auf die Mündigkeit der Kunden. Es ist das Holprinzip. Dies funktioniert auch gut, denn es braucht nicht unzählige Kontrollstellen. Aber es stimmt natürlich schon, dass es im Vollzug eine gewisse Schwäche hat, weil der Kunde nicht weiss, was sein Recht ist. Das ist aber bereits seit 25 Jahren so, es ist kein neues Problem.
Ist es ein Problem des Garantiefonds oder ist es ein Problem der Reisebranche? Könnte es nicht ein Verkaufsinstrument für die abgesicherten Leistungsträger sein?
Es wäre schön, wenn es eines wird. Es ist ein Problem der Branche, wenn man es als ein Problem bezeichnen will. Man kann sich überlegen, was man machen sollte, um das Bewusstsein zu stärken. Es ist auch kein schönes Thema, denn im Verkaufsgespräch will man dem Kunden ja nicht unbedingt sagen: Du bist abgesichert, wenn ich Konkurs gehe.
Das kann ich nachvollziehen, dennoch fände ich es gut, wenn die Kunden verstärkt ein Bewusstsein dafür haben, dass sie bestimmte Rechte im Pauschalreisegesetz haben.
Aber wäre das nicht auch im Interesse des Garantiefonds, müsste der Garantiefonds nicht vermehrt sensibilisieren?
Nicht unbedingt. Denn erstens: Es ist ja eine Branche, in dieser Branche gibt es mehrere Kundengeldabsicherungen und für alle ist dieses Bewusstsein eine Herausforderung. Ich persönlich glaube, dass wir als Garantiefonds zu hohe Streuverluste haben. Ich kann nicht mein Geld, das für einen Konkursfall vorgesehen ist, für eine Werbekampagne einsetzen.
Aber ich kann sehr wohl die Reisebüros unterstützen, beispielsweise mit Unterlagen, die sie den Kunden zur Verfügung stellen können. Ich bin auch gerne bereit, dem SRV oder dem Star zu helfen, damit das Bewusstsein erweitert wird. Ich glaube, das ist etwas, was man als Branche angehen muss und nicht als Garantiefonds.
Dann gibt es noch ein anderes Problem: An der GV vom SRV wurde bekannt, dass 40% der Reisebüros keine Kundengeldabsicherung haben. Wie sieht der Garantiefonds das?
Das ist tatsächlich störend. Ich kann nicht sagen, wie viel Umsatz diese 40% der Reisebüros generieren. Ich gehe davon aus, dass ein Grossteil des Umsatzes in der Schweiz bei Reisebüros, beziehungsweise bei Veranstaltern generiert wird, die eine Kundengeldabsicherung haben und dass es sich bei diesen 40% um sehr kleine Reisebüros handelt.
Aber es stimmt schon, das System kommt ohne grosse staatliche Kontrollen aus. Das heisst, es basiert auf Eigenverantwortung, auf Solidarität und auch auf Verantwortungsgefühl gegenüber der Branche. Das müsste eigentlich jeder in der Branche Tätige für sich selber wissen.
Dem Garantiefonds könnte es eigentlich egal sein, je weniger Risiko, desto besser?
Rein aus ökonomischer Sicht gesehen, ja. Vom Verantwortungsgefühl her, nein, denn wir haben einen Auftrag, den Kunden zu schützen. Eigentlich sind wir eine Konsumentenschutzorganisation. Wenn Kunden ein Recht haben und das Recht nicht durchgesetzt werden kann, weil sich gewisse Reisebüros nicht an diese Regelungen halten, dann finde ich das persönlich schon störend.
Die meiner Meinung nach einfachste und die heute einzig funktionierende Lösung ist das Gespräch zu suchen mit den Reisebüros, die keine Kundengeldabsicherung haben und vielleicht Modelle anzubieten, die ihnen die Möglichkeit gibt, eine Kundengeldabsicherung zu haben. Mir gefällt das System, denn es basiert auf schweizerischen Tugenden: Ich schaue für mich selbst, doch ich will auch, dass es für alle funktioniert. Man hat eine gewisse Solidarität gegenüber der Branche.
Die andere Lösung wäre dann verstärktes gesetzliches Regulieren. Das könnte dazu führen, dass man beispielsweise eine Lizenz bräuchte, um ein Reisebüro zu betreiben.
Wie ist die persönliche Meinung?
Mir gefällt das System, das wir heute haben, mitsamt den Schwächen, die es hat. Mir gefällt es, weil ich immer noch davon ausgehe, dass das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Branche funktioniert und dass man sich gegenüber dem Konsumenten und auch gegenüber den Kollegen in der Branche verpflichtet fühlt, eine Kundengeldabsicherung abzuschliessen. Auch wenn man nicht ins Gefängnis kommt, wenn man es nicht machen würde. Dies funktioniert meiner Meinung nach gut.
Es gibt unterschiedliche Auffassungen zum Pauschalreisegesetz, wie ist die persönliche Präferenz?
Ich finde den Weg, den wir heute in diesem Bereich eingeschlagen haben, gut. Ich glaube, man wird nicht ohne Revision durchkommen, denn die EU bereitet jetzt schon die dritte Revision vor.
Die Schweiz hat bisher keine dieser Revisionen übernommen und die Branche hat sich in den letzten 25 Jahren massiv verändert. Irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, an dem das Gesetz über Pauschalreisen überarbeitet werden muss. Ich finde es gut, dass man über den einzuschlagenden Weg innerhalb der Branche diskutiert.
Es geht um die Einzelleistungen, oder?
Es geht um Einzelleistungen und auch um Kontrollen der wirtschaftlichen Tätigkeit von Reisebüros.
Die Kontrollen von den Versicherten macht der Garantiefonds jetzt, oder?
Ja, die kontrolliere ich schon jetzt. Aber von denen, die nicht dabei sind, haben wir weder Kontrollen noch die Möglichkeit, sie zu zwingen, bei uns einzusteigen oder zu sanktionieren. Das sind bestimmt Themen, die aufkommen werden. Es gibt auch Themen, die sich damit befassen, was Pauschalreise per se überhaupt bedeutet. Es werden auch Grauzonen beleuchtet: Wann wird man zum Vermittler, wann wird man zum Veranstalter?
Der Garantiefonds finanziert die Ombudsstelle. Diese wird sonst von niemandem mitfinanziert, aber alle profitieren davon. Wie geht das?
Bei uns in den Statuten seht geschrieben, dass wir eine Ombudsstelle betreiben. Wahrscheinlich dachte man damals, dass sowieso alle beim Garantiefonds sein werden, weil es zu dieser Zeit nur den Garantiefonds gab. Aus diesem Grund hat es auch absolut Sinn gemacht, dass die Ombudsstelle von der Stiftung finanziert wird.
Wahrscheinlich macht es immer noch Sinn, denn dadurch gibt es eine gewisse Unabhängigkeit von den Gremien und den Verbänden. Weniger sinnvoll ist, wenn es nur eine Partei bezahlt und andere davon profitieren. Daran arbeiten wir.
Arbeitet die Stiftung daran oder die Ombudsstelle?
Hauptsächlich erteilt der Stiftungsrat den Führungspersonen im Garantiefonds einen Auftrag. Walter Kunz und mir wurde der Auftrag erteilt, zu schauen, dass die Finanzierung breiter abgestützt wird, daran arbeiten wir.
Aber es gibt noch zwei oder drei andere Versicherungen, die nichts bezahlen, sich mit ihren Fällen aber auch an die Ombudsstelle wenden.
Nein, das stimmt nicht mehr ganz. Mittlerweile fliessen da Mittel.
Fair und TPA bezahlen mit, Star zahlt nichts…
Star wird mit bezahlen. Ich habe zwar noch keinen unterschriebenen Vertrag, aber das Bewusstsein, dass dies eine Dienstleistung ist, die wir anbieten und die der gesamten Branche zugutekommt, das haben wir erreicht.
Angela Lang