ITB-Chef: «Wir zählen derzeit über 500 Aussteller aus mehr als 109 Ländern»

Der Schweizer David Ruetz, Head of ITB Berlin, im Interview mit TRAVEL INSIDE über das neue Format der ITB 2021 (9.-12. März).
David Ruetz, Head of ITB Berlin © ITB

Herr Ruetz, die ITB 2021 findet «nur» virtuell statt – wie kommt dieses Format bisher an?

Wir sind mit der Resonanz für die erstmals vier B2B-Messetage mehr als zufrieden. Die ITB Berlin ist Innovationstreiber und das führende Event der Tourismuswirtschaft für Reisetrends und – Business – angesichts der aktuellen globalen Lage gilt dies mehr als je zuvor.

Die ITB Berlin wird auch 2021 zeigen, wie wichtig es ist, dass es eine Plattform wie ITB Berlin NOW gibt, wo sich wie gewohnt die weltweite Reise-Branche an einem Ort trifft, wenn auch rein digital. Und der Markt schätzt es, dass wir uns frühzeitig für eine virtuelle Messe entschieden haben.

Wir zählen derzeit über 500 Aussteller-Anmeldungen aus mehr als 109 Ländern. Insbesondere die National Tourist Boards möchten die Plattform nutzen – und mit ihnen viele zusätzliche Mitaussteller. Der Ticketshop ist seit dem 15. Januar online. Da unsere Besucher, anders als in den Vorjahren, keine Reise planen müssen, gehen wir davon aus, dass Ticketbuchungen von Besuchern wesentlich kurzfristiger erfolgen.

Ein wichtiger Gradmesser ist traditionell aber der ITB Buyers Circle, der die weltweit 1000 Top-Einkäufer vereint. Hier verzeichnen wir bereits eine hohe dreistellige Anzahl von Bewerbern. Dies zeigt uns, wie stark das Vertrauen der Branche in das Format und die Qualität seiner Teilnehmer ist. Interessensverbände und globale Fachnetzwerke stehen in engem Austausch mit dem Team von ITB Berlin NOW und signalisieren bereits jetzt ein grosses Interesse ihrer Mitglieder bzw. Nutzer.

Wie bereiten Sie die Teilnehmer auf dieses neue Format vor? 

Wir haben auf itb.com/NOW zahlreiche Informationen zusammengetragen, um über unser neues digitales Format zu informieren. Key Facts, Salesbooklet mit ersten Previews, FAQ, Tickets und mehr. In den nächsten Tagen launchen wir mehrere Tutorials, die die bereits angemeldeten Aussteller genau auf der Plattform einweisen und ab Mitte Februar wird es dann auch Tutorials für Fachbesucher und Medien geben.

Für Montag, den 8. März, planen wir zudem einen Orientierungstag, ein Soft-Opening, an dem Terminkalender finalisiert werden können. Für Kurzentschlossene geben wir damit die Möglichkeit, die Plattform einen Tag vor Eventbeginn, auf Herz und Nieren zu testen und sich vor allem mit allen Funktionen vertraut zu machen. Unsere Plattform ist so vielseitig, wie es sowohl unsere Branche als auch die physische Messe in ihrer bisherigen, analogen Form war, da wäre es nicht ratsam, sich erst am ersten Veranstaltungstag mit der Plattform auseinander zu setzen. Anfang Februar startet daher bereits die Onboarding Phase, in der teilnehmende Aussteller ihre Brand Cards vervollständigen können.

Im Anschluss, ab Mitte Februar, erstellt dann auch jeder Teilnehmer ein Profil und kann sich ein Bild von ITB Berlin NOW machen. Er kann sich mit interessanten Kontakten vernetzen, Chat-Termine vereinbaren und sich durch einen KI-basierten sogenannten «Discovery-Graph» passende Business-Kontakte vorschlagen lassen. Zudem kann er sich bereits seine präferierten Kongress-Inhalte auf seinen Messekalender setzen. Im Show Floor finden sich alle Aussteller samt ihrer Brand Cards wieder. Nicht zuletzt wird es thematische Cafés von Ausstellern, als auch ITB-eigene Cafés zu den unterschiedlichen Segmenten geben, wie etwa ein CSR- Café, in dem man sich «tummeln» und spannende Gespräche führen kann.

Wie läuft der Vorverkauf?

Unter den über 500 Ausstelleranmeldungen sind 109 Länder und alle 16 deutschen Bundesländer vertreten. Das ist bereits jetzt ein echter Erfolg. Die genaue Ausstellerzahl können wir jedoch erst am Tag vor Beginn der ITB Berlin NOW ermitteln – denn als Aussteller kann man sich immer noch bis kurz vor Messebeginn anmelden. Das wäre bei einer physischen Messe allein schon wegen des Standaufbaus nicht möglich gewesen!

Wie gross ist die Nachfrage der Aussteller an einem digitalen Event mitzumachen? 

Unter dem Titel «Der digitale Treffpunkt der Reiseindustrie. Jederzeit. Überall.» vernetzt ITB Berlin NOW die weltweite Reisebranche und bietet ihr eine hochspannende und zentrale Online-Plattform für erfolgreiche Geschäfte, neue und etablierte Kontakte, erstklassigen Content und tägliche News aus der Tourismusindustrie. Jeder, der in der Branche tätig ist, sollte hier also nicht fehlen.

Erfreulich ist auch der sehr internationale Anteil unserer Aussteller, allein 2/3 der bisherigen Anmeldungen kommen nicht aus Deutschland, was den globalen Anspruch und Mehrwert der Plattform ITB Berlin NOW unterstreicht. Angesichts der Pandemie ist der Bedarf insbesondere am Networking sowie an fachlichem Austausch und fachlicher Orientierung immens. Das grösste Interesse sehen wir zum jetzigen Zeitpunkt bereits bei den nationalen Tourist Boards sowie bei der Travel Technology, aber auch bei Hotels und anderen Leistungsträgern.

Wie wird die digitale ITB 2021 genau aussehen?

Wir bilden die Messe zwar komplett digital ab, vor Ort auf dem Berliner Messegelände werden wir jedoch auch 2 TV-/ und Kongressstudios aufbauen, denn die Kongress-Sessions und die Eröffnungspressekonferenz werden live aus den Studios gestreamt. Regional bedingt werden einige Personen vor Ort sein für die Live-Schalten oder – je nach aktueller Lage – digital zugeschaltet. Wir sind sehr flexibel auf die Entwicklungen der Pandemie eingestellt.

Wir haben uns gegen das Konzept entschieden, die Messehallen in 3D abzubilden, weil wir uns ausschliesslich auf die 4 Kernelemente der Messe fokussieren wollen: Business, Networking, Content und News. Dafür braucht es im Prinzip keine Avatare oder 3D-Stände. Hinzukommt, dass eine 3D-Darstellung auch oft grosse Mengen an Datenvolumen verbraucht und wir möchten die Messeteilnahme für Aussteller mit eingeschränkter Bandbreite technisch ermöglichen. 

In Ihrer Pressemitteilung sprechen Sie von einem Mix aus Netflix, Zoom und Linkedin– wie müssen sich das die Teilnehmer vorstellen? 

Netflix steht für unsere Kongressinhalte. Diese lassen sich während der Messetage vom 9.-12. März parallel zu allen Aktivitäten auf der Seite streamen. Im Nachgang ist alles On-Demand erhältlich. Zoom – das steht für die Chat- bzw. Videochat-Funktionen, durch die Teilnehmer mit anderen in Kontakt treten. Dabei können bis zu 20 Personen in einem Call kommunizieren. LinkedIn – das steht für die Vernetzung- und Match-Making-Möglichkeiten, insbesondere durch unseren Discovery Graph. 

Durch diese Komponente lassen sich neue Kontakte finden, Inhalte und Kontakte teilen und vieles mehr. Es wird ein sehr unterhaltsames, aber wichtiges Branchenevent.

Wer ist 2021 Gastland der ITB?

Ein offizielles Partnerland gibt es im Jahr 2021 zwar nicht, Sachsen wird jedoch eine besondere Rolle übernehmen. Sachsen ist 2021 erste offizielle Kulturdestination der ITB Berlin. Das deutsche Bundesland wird im Rahmen von ITB Berlin NOW als herausragende Kultur- und Städtedestination in Kombination mit aussergewöhnlichen Naturerlebnissen und Aktivurlaub beworben.

Wird es Möglichkeiten geben Interviews mit Gästen oder Partner zu führen?

Auf vielerlei Art sogar. Wir empfehlen prinzipiell allen Ausstellern und Besuchern, sich bereits ab Mitte Februar in der sogenannten «Exploration-Phase» mit der Plattform ITB Berlin NOW vertraut zu machen und mögliche Kontakte anzugehen. Auf diese Weise lässt sich die Messe während der Kerntage am besten nutzen.

Im Gegensatz zu früheren Messe-Ausgaben gibt es jedoch einen ganz grossen Vorteil: Die Networking-Möglichkeiten sind nicht auf die vier Messetage begrenzt. Auch im Vorfeld und sogar im Nachgang bis zum 31.05. profitieren die Teilnehmer von den vorhandenen Chat-Funktionen. Wir «stretchen» die Kontaktmöglichkeiten also deutlich. Ausserdem stehen viele Programminhalte als On-Demand zur Verfügung, beispielsweise Pressekonferenzen oder Kongress-Vorträge.

Ein Blick in die Zukunft: Wird die ITB 2022 wieder live stattfinden?

Wir hoffen sehr, unsere Aussteller und Besucher im nächsten Jahr wieder persönlich in Berlin antreffen zu können. Physische Begegnungen sind einfach nicht digital zu ersetzten und die Tourismusbranche ist ein People-Business. Wir werden sicher nicht vollständig zu einer rein physischen Messe zurückkehren, aber eine rein digitale Veranstaltung wird die ITB Berlin nächstes Jahr sicher auch nicht werden – eher eine Hybridmesse.

Jetzt haben wir die Chance, das Konzept der weltweit grössten Reisemesse nachhaltig zu verändern und in eine neue Ära zu überführen. Vorstellbar wäre auch ein digitaler Auftakt der ITB, mit einer nachfolgenden und etwas zeitversetzten «Live-Messe» vor Ort – ein ähnliches Konzept testen wir bereits im kommenden Oktober bei der ITB Asia in Singapur. 

(Interview: Yannick Suter)