Junge Fachkräfte möchten angesprochen werden 

Das klassische Bewerbungsverfahren ist out, so der Tenor am Swiss Travel Summit.
Michael Schmitz © Armin Grässl

Michael Schmitz, Vorstand Cooperative Change Group, stellte in seinem Impuls-Referat am gestrigen Swiss Travel Summit klar: Wer heute noch meint, er selektiere Mitarbeiter, sei auf der Verliererstrasse. Heute gehe es darum, gute Fachkräfte zu gewinnen und sie davon zu überzeugen, dass die Firma zu ihnen passe. Die jungen Mitarbeiter, auch Millennials oder Generation Y genannt, wollten gefunden werden und für ein Unternehmen arbeiten, mit dessen Werten und Handeln sie sich identifizierten. Ein Unternehmen müsse sich so darstellen, dass es für diese Gruppe attraktiv sei. Es gelte also, sich darauf zu besinnen, warum und wofür das Unternehmen existiere und dies nach aussen zu kommunizieren.

Als Best Practice Beispiel zeigte Schmitz, wie der Mietwagenbroker Sunny Cars seine Job-Inserate gestaltet. Diese seien gleichzeitig Marketing für das Unternehmen. Die Inserate hat Sunny Cars einerseits klassisch auf grossen Strassenplakaten und in der U-Bahn gezeigt. Doch es gelte mit den Job-Inseraten auch spezifisch dahin zu gehen, wo junge Leute sich aufhalten, beispielsweise auf der Dating-Plattform Tinder oder mit Gratis-Postkarten in Cafés und Bars.

Schmitz machte zudem deutlich, wie hoch Mitarbeiter Zusatzleistungen bewerten und dass man hier mit geringen Investitionen viel Zustimmung ernten kann. Auch die Büroräume spielten für das Wohlbefinden der Mitarbeiter eine grosse Rolle. So habe Sunny Cars die neuen Büroräume modern und ansprechend gestaltet.

Präsentation modernes Recruiting [PDF]

Teilzeitarbeit und Home Office
Auf dem anschliessenden Podium diskutierte Schmitz mit Dany Gehrig von Globetrotter Travel Service, Kai Sannwald von Sunny Cars und Jean-Philippe Spinas von Kienbaum Schweiz. Die Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass Millennials heute hohe Ansprüche an die Arbeit, die Firma und die Work-Life-Balance stellen. Dany Gehrig bestätigte, dass die drei Monate freie Zeit zum Reisen, die Globetrotter seinen Mitarbeitern gewähre, für viele ein klares Argument für seine Firma sind. Die Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass viele Mitarbeiter sich mehr Zeitautonomie wünschen und entweder Teilzeit oder im Home Office arbeiten wollen. Hier zeigte sich Gehrig aber auch skeptisch. Es könnten nicht alle am Montag oder Freitag frei haben und Mitarbeiterinnen mit Teilzeit-Pensum müssten auch fähig sein, ihre Dossiers sauber zu übergeben und sich mit ihren Kolleginnen abzusprechen.

Kai Sannwald von Sunny Cars erzählte, dass sein Unternehmen zur Unterstützung der Rekrutierung ein Haus mit Mitarbeiterwohnungen gebaut habe. Junge Leute, die wegen des Jobs nach München kämen, können dort wohnen, bis sie eine eigene Wohnung gefunden haben. Auch was die Rekrutierung anbelangt, müssen Unternehmen heute neue Wege gehen. Das klassische und mitunter lange Bewerbungsprozedere entspreche nicht mehr dem Lebens- und Kommunikationsstil der Millennials. Jean-Philippe Spinas, Senior Consultant bei Kienbaum, plädiert für kreative Rekrutierungsmethoden und nannte Unternehmen, die auf Anschreiben und Lebenslauf verzichten und z.B. über WhatsApp rekrutieren. Ausserdem lohne es sich, mit potenziellen Kandidaten über längere Zeit in Kontakt zu bleiben. Wenn es dann eine Vakanz gebe, die zu ihm passe, könne man ihn umgehend darauf ansprechen. (AME)