Kuoni-HP Deal: «Lüthi versus Wittwer»

Die beiden Alphatiere der Reisebranche mit unterschiedlicher Beurteilung.
Öfter mal unterschiedlicher Meinung: Martin Wittwer (Vorne) und André Lüthi (beobachtend). Hier an der SRV GV in Ras Al Khaimah. ©TRAVEL INSIDE
Martin Wittwer und André Lüthi – anlässlich SRV-GV in Sevilla.

Nicht zum ersten Mal kontrastieren die Meinungen der beiden Reisebranchen-Oldtimer André Lüthi (CEO Globetrotter Group) und Martin Wittwer (Präsident SRV, und ehemals CEO TUI Suisse). In der emotionalen Debatte um den Migros-Verkauf von Hotelplan an die Dertour äussern sich beide sehr unterschiedlich.

André Lüthi nutzt – einmal mehr – sehr geschickt die Diskussion, um sie in seine eigenen Bahnen zu lenken. Lüthi kritisiert den Ausverkauf der Schweiz und den fehlenden Unternehmergeist. «Schade geht Hotelplan nach Deutschland».

Globetrotter sei nun das grösste Schweizer Reiseunternehmen behauptet er frech in der Schweizer Boulevard-Zeitung ‘Blick’. «100% schweizerisch, und dies werde so bleiben». Auch der ‘Tages-Anzeiger’ widmet dem charismatischen Globetrotter-Chef und Mitinhaber eine prominente Seite.

In seiner Aussage im TRAVEL INSIDE zum Hotelplan-Kauf durch die Dertour kritisiert der Kommunikations-Künstler Lüthi die Migros wegen der unglücklichen Kommunikationsstrategie, lobt aber die Hotelplan-Mitarbeitenden und das Management für die Treue. Und, Lüthi outet sich via Medien gleichzeitig als Job-Anbieter, denn er würde durchaus Hotelplan-Leute übernehmen: «Dies würden wir situativ anschauen. Wir brauchen immer gute Reiseprofis und schätzen die guten Hotelplan Mitarbeitenden sehr.»

Auch punkto Stellenabbau und Filialschliessungen hat Lüthi seine klare Meinung. Er verstehe zwar das jetzige Versprechen der deutschen Käufer, dass alles so weiterlaufe. Doch mittelfristig geht Lüthi davon aus, Dertour werde nicht alle seine 150 Reisebüros – Kuoni und Hotelplan zusammen – weiterführen.

Auch im Tour Operating werde es zu Zusammenschlüssen kommen, letztlich wolle Dertour Kosten sparen. «Ein logischer unternehmerischer Entscheid». Aber auf IT-Stufe gebe es Doppelspurigkeiten.

Weniger populistisch in Sachen Hotelplan-Übernahme äusserst sich derweil der Präsident des SRV in seinem Statement im TRAVEL INSIDE. Martin Wittwer bedauert zwar den Verkaufs-Entscheid der Migros, weil Hotelplan ein erfolgreiches Unternehmen mit einem innovativen Management ist und damit ein wichtiger Player in Schweizer Reisemarkt.

Wittwer ist überzeugt, Dertour werde sich strategisch mit langfristigen Zielen engagieren. Als Beispiel nennt Wittwer den Kuoni-Kauf im 2016 durch die Dertour. «Heute zeigt sich, dass der Brand Kuoni gemeinsam mit Helvetic Tours und sämtlichen Spezialisten nicht nur als eigenständige Marken erhalten wurde, sondern sehr erfolgreich mit über 1000 Mitarbeitenden in der Schweiz tätig ist.»

Wittwer gibt sich ‘staatsmännisch’ und sagt: «Im Volume Touroperating kann eine globale Lösung durchaus sinnvoll sein und gewisse Wettbewerbsvorteile bringen. Dass gewisse strukturelle Veränderungen der Reiselandschaft eintreten werden, kann nicht ausgeschlossen werden.»

Martin Wittwer weiss wie es ist, als Chef eines deutschen Reiseunternehmens in der Schweiz tätig zu sein: er war bis Anfang 2020 während rund 20 Jahren Chef von TUI Suisse und hat die deutsche Marke hierzulande etabliert. (AH)