MSC-Selke: «Wir wollen den Reisebüros keine Kunden abwerben»

Nach dem Streit ums Direktinkasso sagt MSC-Schweiz-Geschäftsführer Sebastian Selke, warum es einen neuen Vertrag braucht.
Sebastian Selke, MSC. ©TI

Zum ersten Mal hat sich die Task Force der Reisebranche (SRV, STAR und TPA) mit einem anderen Thema als den dramatischen Folgen des Coronavirus für die Schweizer Reisebüros auseinandergesetzt: Mit der Kündigung des alten Agenturvertrags durch MSC Cruises und dessen Ersetzung per 1. Januar 2021 durch einen Vertrag mit dem in der Schweiz ungewohnten und grossmehrheitlich unerwünschten Direktinkasso.

Damit brachte das Kreuzfahrtunternehmen einen Grossteil des Schweizer Reiseretails gegen sich auf. Das Direktinkasso-Diktat war allerdings nicht der Grund, weshalb Hotelplan das MSC- (und Costa-) Programm demnächst aufgeben und Kuoni Cruises sich auf Nischenprodukte konzentrieren wird: Hotelplan habe seine Entscheidung vor und unabhängig von der Neuausrichtung von MSC getroffen, so Sprecherin Tanja Pöll. Gleiches gilt für DER Touristik Schweiz, wo der Sprecher Markus Flick allerdings darauf hinweist, dass ein solches Vorgehen die Wahl der künftigen Partner für Kuoni Cruises in Frage stellen könnte.

Klartext redet Sonja Laborde zum neuen MSC-Vertrag: «Die Geschäftsstrategie von MSC ist klar: Das Unternehmen beabsichtigt, auf diese Weise  die Reisebüros zu umgehen. Wir können dieses Diktat nicht akzeptieren», sagt die Präsidentin der TPA. Darüber hinaus stelle das Unternehmen auch ein grosses Liquiditätsproblem für die Reisebüros dar. Schliesslich werde das vor der Krise kassierte Geld nicht zurückerstattet.

Croisitour ist mit einem siebenstelligen Umsatz ein grosser Kunde von MSC. Ihr Miteigentümer Michel A. Ryser erklärt das Problem des neuen Agenturvertrags in drei Punkten: «Nehmen wir den Fall eines Kunden, der in einer unserer Agenturen reserviert hat: Wenn er während seiner Kreuzfahrt ein Problem hat, wird er sich logischerweise bei seiner Rückkehr an uns wenden. Wir werden jedoch keine andere Wahl haben, als ihm zu raten, sich direkt mit MSC in Verbindung zu setzen, wir werden nichts für ihn tun können. Für das Image einer Agentur kann dies verheerend sein. Oft müssen wir auch ein Paket zusammenstellen, das z.B. die Reise nach Venedig und einen Aufenthalt vor oder nach der Kreuzfahrt umfasst. Dies ist mit einem hohen Verwaltungsaufwand und doppelter Rechnungsstellung verbunden. Und nicht zuletzt würden die Agenturen keine Akonto-Zahlungen mehr erhalten, was für sie ein grosses Liquiditätsproblem darstellt.»

Nach dem Treffen mit der Branchen-Task-Force in der vergangenen Woche versprachen die MSC-Vertreter, einen Entwurf für einen neuen Agenturvertrag vorzulegen.

TRAVEL INSIDE hat Sebastian Selke, Geschäftsführer von MSC Cruises Schweiz, vier Fragen dazu gestellt.


Sebastian Selke, warum wollte MSC Cruises diesen neuen Vertrag durchsetzen?

Wir müssen ein paar rechtliche Änderungen einbauen. Zudem trennen die Verträge nicht sauber zwischen vermitteltem und veranstaltetem Geschäft, was aber unabdingbar ist. Leider kann dies nicht durch Annexe behoben werden, sondern der Vertrag muss komplett umgestaltet werden. So wird es zukünftig zwei Verträge geben: Einen für rein vermittelte Kreuzfahrten und einen für paketierte. Auch müssen wir als MSC natürlich Marktentwicklungen im Auge behalten und darauf reagieren.

Hintergrund ist, dass unsere Muttergesellschaft MSC Cruises S.A. europaweit intensiv mit Geschäftspartnern aus allen Märkten zusammenarbeitet, um einen Prozess für Direktinkasso bei von Reisebüros generierten Buchungen einzuführen. Zahlungen der gemeinsamen Kunden werden zukünftig somit direkt an MSC Cruises S.A. überwiesen. Die Umsetzung eines solchen Verfahrens wird selbstverständlich im Einklang mit den bestehenden Bedingungen der jeweiligen Partnerschaft erfolgen.

Die Agenturen übernehmen den grössten Teil des Vertriebs von MSC in der Schweiz: Ist es nicht das Ziel, die Kundenbindung unmittelbar danach aufzubauen?

Wir bekennen uns zum stationären Vertrieb und gestalten die Partnerschaften mit attraktiven Kommissionen, Incentives, Hilfe bei Events, Marketingzuschüssen, Schaufensterdeko und mehr. Und zukünftig auch mit sauber geregelten Verträgen.

Letztlich geht es hier lediglich um die Zahlungsabwicklung, also einen technischen Vorgang. Der persönliche Kontakt bleibt. Wir wollen keine Kunden den Reisebüros abwerben.

Sie verlieren bereits Hotelplan. Haben Sie keine Angst vor Verkaufsstopps der Agenturen?

Wir verlieren Hotelplan nicht, dort gibt es nur keine zentrale Abwicklung mehr. Die Hotelplan Agenturen buchen nun direkt bei MSC.

Wann werden Sie den versprochenen Entwurf eines neuen Vertrags vorlegen?

Den neuen Vertrag präsentieren wir Ende des Monats.

(Dominique Sudan/Adaptation Christian Maurer)