Nach Max E. Katz: Übernimmt ein Politiker oder eine Politikerin?

Der SRV hat nur noch ein halbes Jahr für die Neubesetzung seines Präsidiums.
Max E. Katz ©zVg/màd

Im Januar hatte Max E. Katz an einer Vorstandssitzung bekannt gegeben, dass er sich nicht mehr zur Wiederwahl als Präsident des SRV stellen wird. Er wird bis zum Ende seiner dritten dreijährigen Amtszeit im Amt bleiben, also bis zur Generalversammlung im November 2021. Max E. Katz wird dann neun Jahre lang Präsident des Schweizer Reise-Verbands (SRV) gewesen sein.

Eine Findungskommission mit dem scheidenden Präsidenten, seinem Vize Stéphane Jayet und Vorstandsmitglied Roger Geissberger ist seither auf der Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin. Keine leichte Aufgabe, gerade die Corona-Krise hat gezeigt, dass das SRV-Präsidium kein einfaches Amt ist und vollen Einsatz verlangt.

Die Kandidaturen müssen starke Persönlichkeiten mit guten Branchenkenntnissen, Führungserfahrung und einem breiten politischen Netzwerk sein. Allein diese Anforderungen dürfte die Auswahl an potenziellen Kandidaten erheblich einschränken, ganz zu schweigen von der Wichtigkeit einer guten Beherrschung der deutschen Sprache, was die Zahl der Kandidaten aus der französischsprachigen Schweiz zwangsläufig reduzieren wird.

Gleichzeitig wird an dem Projekt SRV2022 gearbeitet, das die (neuen) Leitlinien und das Profil eines Verbandes zur bestmöglichen Vertretung der Interessen der gesamten Reisebranche definieren soll. Logischerweise sollte die Suche nach der Nachfolger für Max E. Katz zum Aufgabenbereich der Arbeitsgruppe gehören, die sich mit dieser SRV2022 beschäftigt.

Allerdings deutet nun einiges darauf hin, dass der SRV eine branchenfremde Kandidatur für das Präsidium anpeilt. Eine Persönlichkeit, die im Bundesparlament fest verankert ist. Ähnlich wie im Incoming-Bereich, wo der Schweizerische Tourismusverband (STF) seit einigen Jahren von einem in Bern aktiven Parlamentarier präsidiert wird – der CVP-Nationalrat Nicolo Paganini trat im März 2020 die Nachfolge des Freiburger Partei- und Ratskollegen Dominique de Buman an.

Das könnte, so die Idee, das Image-Defizit der Branche in Bundesbern beheben und ihr mehr politisches Gewicht verleihen. Dies ist umso wichtiger, als die Reisebranche wie kaum je zuvor vor politischen Herausforderungen steht.

Die Corona-Krise hat gezeigt, etwa bei der Konstruktion der Härtefallhilfen oder den Kurzarbeits- und Erwerbsersatzentschädigungen, wie wichtig und erfolgreich die Zusammenarbeit mit den politischen Interessenvertretern anderer Branchen sein kann. Und wie wichtig es ist, die Interessen der Reisebranche rechtzeitig und am richtigen Ort zu deponieren.

Die Reisebranche wird nicht darum herumkommen, sich mit politischen Fragen offen und transparent auseinanderzusetzen. So betreffen zwei Volksabstimmungen vom kommenden 13. Juni die Branche ganz direkt: Das CO2-Gesetz mit seiner Flugticketsteuer und das Referendum gegen das Covid-19-Gesetz, ohne das es weder Härtefallhilfe noch Erwerbsersatz geben würde.

Dazu kommen für die Reisebranche ganz ureigene und spezifische Themen, die über die Politik angegangen werden müssen. Zu allererst natürlich das Pauschalreisegesetz, das einer dringenden Revision bedarf. Aber auch Fragen wie jene der Airline-Insolvenzabsicherung oder internationalen Reiserestriktionen und die künftigen Impfpässe werden politisch beantwortet.

Vier Parlamentarier stechen hervor

In dieser Ausgangslage ist es sicher sinnvoll, ein politisches SRV-Präsidium zumindest in Erwägung zu ziehen. Nicht viele Parlamentarier oder Parlamentarierinnen entsprechen dem Anforderungsprofil, aber es gibt einige wenige, die sich mit der Branche auskennen und auch ihre Interessen in den letzten Monaten vehement vertreten haben.

Allen voran natürlich die Berner FDP-Nationalrätin Christa Markwalder, die schon vor Jahren die gleichnamige Motion zur Pflicht der Agenturen, Kundengelder zu garantieren, eingereicht hat und auch familiär mit der Reisebranche vertraut ist. Auch der aktuelle Nationalratspräsident Andreas Aebi gehört dazu; der SVP-Mann aus Bern hat dem SRV manche Tür zur Politik und Verwaltung geöffnet und auch die Treffen mit vier Bundesratsmitgliedern arrangiert.

Auch der noch junge Berner SVP-Nationalrat und Anwalt Lars Guggisberg hat sich im Parlement für die Reisebranche stark gemacht. Aus der Westschweiz fällt nur ein Name: der des Genfer FDP-Nationalrats und Rechtsanwalts Christian Lüscher, der enge Beziehungen zu einigen Reiseprofis in der Region Genf unterhält.

Funkstille beim SRV

TRAVEL INSIDE fragte bei Max E. Katz nach ob Sondierungsgespräche mit potenziellen Kandidaten ausserhalb der Reisebranche geführt wurden. Und wenn ja, ob es bereits potenzielle Kandidaten gebe.

Die Antwort des scheidenden Präsidenten ist ebenso knapp wie politisch korrekt: Er verweist «auf das euch zugestellte Briefing für die Arbeitsgruppe SRV2022. Dort ist die Thematik Präsidium aufgelistet und die Arbeitsgruppe gibt ihren Input an die Findungskommission».

Auch zur konkreten Frage nach möglichen Kandidaturen gibt sich Katz bedeckt. «Die Findungskommission ist ihrerseits auch an der Arbeit. Details dazu geben wir bekannt sobald relevante Entscheidungen gefällt sind», teilt er mit.

Und wer aus der Branche?

Und wenn es doch kein politisches SRV-Präsidium gäbe? In der Branche selbst gibt es natürlich Persönlichkeiten, die dafür in Frage kämen. Trotz seiner Antwort in einem aktuellen Interview mit TRAVEL INSIDE hat André Lüthi in den Monaten der Pandemie dank seines dichten politischen Netzwerks viel für Branche bei der Regierung und in der Verwaltung geleistet und bewirkt.

Auch Thomas Stirnimann, der ehemalige Chairman der Hotelplan-Gruppe, könnte der Branche mit seiner grossen Berufserfahrung und seinen über Jahrzehnte aufgebauten Verbindungen von grossem Nutzen sein. Ebenfalls mit jahrzehntelanger Branchenerfahrung und einem grossen Netzwerk könnte der ehemalige Chef von TUI Suisse, Martin Wittwer, aufwarten und seinen Hut in den Ring werfen. Er sass 21 Jahre im SRV-Vorstand und ist Vizepräsident im Stiftungsrat des Garantiefonds.

Roger Geissberger, der von seinen operativen Aufgaben bei Knecht Reisen entbunden wurde, erfüllt zwar alle Anforderungen an einen SRV-Präsidenten. Als Mitglied der Findungskommission für einen Nachfolger, hat er sich faktisch selber aus dem Rennen genommen.

Wird der politische Aspekt bei der Wahl des neuen SRV-Präsidiums höher gewertet als Branchenkenntnis? Der SRV hat nur noch sechs Monate Zeit, seine Entscheidung zu treffen.

(Christian Maurer/Dominique Sudan)