NCL-Chef Bubolz: «Impfung und Test sind am sichersten»

Der Managing Director Europe von Norwegian Cruise Line über den Restart der Reederei nach langen Shutdown-Monaten.
Kevin Bubolz, Managing Director Europe von NCL. ©NCL

Der Neustart US-internationaler Reedereien erfolgt auf Grund behördlicher Bestimmungen in den USA nur schleppend. Mit dem Einsatz von drei Schiffen, eines ab Juli in Europa und zwei ab August in der Karibik, nimmt Norwegian Cruise Line beim Neustart eine gewisse Vorreiterrolle ein.

Hintergründe dazu im TRAVEL INSIDE Gespräch mit dem Europa-Chef von NCL, Kevin Bubolz.


Kevin Bubolz, NCL sticht am 25. Juli nach einer langen Pause erstmals wieder mit einem Schiff in See – weshalb gerade ab Athen?

Norwegian Jade
Norwegian Jade. ©NCL

Dem Neustart gingen monatelange Evaluationen voraus, wobei verschiedene Szenarien geprüft wurden. Ein wichtiger Punkt war das Anliegen, den Neustart so nahe wie möglich mit bereits geplanten Routen zu verknüpfen. Kreuzfahrten ab Athen waren diesen Sommer schon vor Corona vorgesehen, wobei die Route ursprünglich noch Stopps in der Türkei beinhaltete. Nun kommt die Norwegian Jade auf einem ähnlichen Routing zum Einsatz, allerdings ohne türkische Häfen. Möglich wurde die Wiederaufnahme der Aktivitäten ab Athen aber vor allem auch dank der sehr guten und konstruktiven Zusammenarbeit mit den griechischen Behörden.

Und wo führen die Restart-Fahrten nun genau durch?

Auf den einwöchigen Kreuzfahrten ab Athen wird jeden Tag eine Destination angelaufen, wo sieben- bis achtstündige Aufenthalte vorgesehen sind: Heraklion, Rhodos, Mykonos, Katakalon, Korfu und Santorini.

Sind diese Kreuzfahrten nun für jedermann buchbar oder gibt es Restriktionen?

Bestimmende Voraussetzung für den Zutritt auf das Schiff ist der Nachweis einer vollständigen Impfung, zudem erfolgt beim Einchecken ein Schnelltest. Unter diesen Voraussetzungen sind die Seereisen grundsätzlich für jedermann buchbar, wobei es natürlich noch die Einreisebestimmungen in Griechenland zu berücksichtigen gilt. Aber hier zeichnet sich ab, dass bis zu unserem Start im Juli ebenfalls eine Impfung die problemlose Einreise ermöglicht.

Und wie kommen die ersten Kreuzfahrten an?

Tatsächlich haben wir schon sehr viele Buchungen aus den USA, aber ebenso aus Europa und den DACH-Märkten. In Europa ist allerdings das Impftempo im Moment noch unterschiedlich, aber bis im Sommer wird sich dies ändern. Die Nachfrage ist jedenfalls enorm, die erste Reise ist bereits ausverkauft.

Warum ist die Impfpflicht vorerst bis 31. Oktober limitiert?

Es geht jetzt erst Mal um den Restart, und da ist die Impfung verbunden mit Tests vorläufig der sicherste Weg. Auch die Crew wird übrigens vollständig geimpft. Ob dies alles nach dem 31. Oktober weiterhin gelten wird, bestimmt bis dann die generelle Entwicklung der Pandemie und die entsprechenden neuen Erkenntnisse.

Trotz Impfung – an Bord gelten natürlich umfassende Covid-Schutzmassnahmen. Gibt es auch weiterhin Tests während der Reise?

Nein, weitere Schnelltests unterwegs sind – ausser vor der Abreise – nicht vorgesehen, aber tägliches Fiebermessen. Und selbstverständlich gilt es an Bord Massnahmen wie Social Distancing oder an gewissen Orten eine Maskenpflicht einzuhalten. Die generelle Sicherheit wurde zudem durch medizinische Luftfilter, verstärkte Hygienemassnahmen und verbesserte medizinische Ressourcen erhöht. Das Check-in erfolgt gestaffelt, an den Buffets wird serviert und die Seenotübung wird voraussichtlich individuell in der Kabine über Video erfolgen. Zudem werden die Schiffe nur zu maximal 60 Prozent der möglichen Kapazität ausgelastet.

Und wie sieht es mit dem Landgang aus?

Solange dies notwendig ist und im griechischen Raum auch verlangt wird, werden die Ausflüge vorerst nur in Zusammenarbeit mit sorgfältig ausgewählten Partnern in einer geschützten Gruppe möglich sein. Doch dies kann sich noch ändern, sobald Griechenland die Einreise mit Impfung freigibt. Unser Ziel ist natürlich, so rasch wie möglich zu einer gewohnten Normalität zurückzukehren.

Wie herausfordernd ist es eigentlich, kurzfristig neue Routen zu entwickeln?

Wie bereits gesagt, lehnen wir uns beim Start ab Athen an eine bereits zuvor programmierte Route an. Die Neuerungen mussten jetzt noch mit den Behörden verhandelt werden, wobei für den Fall einer Covid-Inzidenz auch die landseitigen Infrastrukturen und Services bei der Routenwahl eine sehr wichtige Rolle spielten.

Und weshalb erfolgt der Start in der Karibik ab Montego Bay und Punta Cana?

Norwegian Joy
Norwegian Joy. ©NCL

In der Karibik ist die Ausgangslage eine andere: Da ein Auslaufen aus US-Häfen noch nicht möglich ist, muss man vorerst auf karibische Inseln als Ausgangshafen ausweichen. Beide Abfahrtshäfen in Jamaika, wo ab 7. August die Norwegian Joy startet, und auf der Dominikanischen Republik, wo am 15. August die Norwegian Gem erstmals wieder in See sticht, wie auch die beiden entsprechenden Routen, sind zudem Neuentwicklungen für NCL. Dazu muss man aber wissen, dass bei NCL laufend an neuen Projekten gearbeitet wird: Wir haben ja während der Pandemie keine Schiffe verkauft und die Kapazitäten werden in den nächsten Jahren mit den neuen Leonardo-Schiffen weiterwachen. Es gab also bereits gewisse Pläne, deren Realisierung man nun eben vorzieht.

Erste Schiffe starten aber schon im Mai und Juni in der Karibik – weshalb wartet NCL bis im August?

Wir wollen nichts überstürzen. Es geht nicht darum, so rasch wie möglich wieder Fahrt aufzunehmen, sondern den Gästen ein möglichst «normales» Cruise-Erlebnis anzubieten. Da spielen auch die Einreiserestriktionen der angelaufenen Häfen eine wichtige Rolle, die sich mit der Zeit lockern könnten.

Wie rasch kann ein Kreuzfahrtschiff nach dem Layoff eigentlich wieder aktiv werden?

Keines der NCL-Schiffe verharrte in einem «kalten Layoff» ohne Motorenleistung und minimalster Besatzung. Alle Schiffe sind in einem «warmen Layoff», das heisst ein Motor ist stets in Betrieb und rund 200 Crew-Mitglieder kümmern sich an Bord um nautische Bereiche und den generellen Unterhalt. Dieser Vorlauf ermöglicht einen recht raschen Restart, den wir nun mit drei Schiffen vorbereiten. Wir hoffen, bald noch mit weiteren Schiffen ebenfalls in Europa wieder aktiv werden zu können.

Aber auch die restliche Crew muss ja stets noch organisiert werden.

Dazu setzen wir eigene Schiffe ein, welche die Crew aus den Philippinen abzuholen. Die drei für den Restart vorgesehenen Schiffe sind bereits grösstenteils bemannt und die Crew wird für die neuen Abläufe und Massnahmen trainiert.

Abgesehen vom Restart ab Athen und in der Karibik wurden alle anderen Kreuzfahrten bis Ende August oder vereinzelt später annulliert. Nach wie vor gilt ein faktischer Cruise-Ban ab US-Häfen.

Noch nicht annulliert wurden die sommerlichen Fahrten eines Schiffes in Alaska und eines Schiffes in Hawaii. Aber die Lage in den USA ist tatsächlich kompliziert und sehr langwierig. Die Gesundheitsbehörde CDC hat vor Ostern zwar in Anbetracht des Impffortschritts in den USA Erleichterungen für Reisen in Aussicht gestellt, dabei aber explizit die Kreuzfahrten ausgenommen. Dies, obwohl die Industrie schon lange sehr umfangreiche Covid-Konzepte entwickelt hat – die Sicherheit der Passagiere steht für alle Reedereien an erster Stelle.

Ist bald ein Ende der CDC-Bestimmungen absehbar?

Die lange Pause ist nicht nur für die Reedereien dramatisch, sondern auch für die Hafen-Regionen mit vielen von der Kreuzfahrt abhängigen direkten und indirekten Arbeitsplätzen. Der Druck der Industrie, auch von unserem Holding-Präsidenten Frank Del Rio, und der Politik ist nun massiv gewachsen, damit bald eine Lockerung der Massnahmen gefunden werden kann.

Noch ein Wort zum Markt Schweiz: Wie unterstützt NCL den Vertrieb für den anstehenden Neustart?

Business Development Manager Michael Nowatzki ist ständig auch Achse und derzeit vor allem auf allen Online-Kanälen aktiv. So werden zum Beispiel zusammen mit verschiedenen Partnern erfolgreich Webseminare durchgeführt. Die Buchungen für 2022 und 2023 sind äusserst ermutigend und auf einem Niveau wie noch nie zuvor.

(Beat Eichenberger)