NCL rüstet sich für den Neustart

Neue Tools für den Vertrieb, buchbare Seereisen bis 2023 und kein Flottenabbau.
NCL plant keine Verschiebung des Leonardo-Neubauprogramms. ©NCL

Mit der neuen Flugbuchungsmaschine «NCL Air» liess Norwegian Cruise Line (NCL) bereits Ende letzten Jahres aufhorchen. «Damit bieten wir dem Vertrieb nun ein umfassendes Tool für sämtliche Flüge weltweit zu wettbewerbsfähigen Preisen, inklusive Zugriff auf Sonderangebote der Airlines», hält Jürgen Stille, Senior Director Business Development Europe bei NCL fest. Zudem: «Wir geben als eine der wenigen Reedereien die gesamten Flugprovisionen weiter».

Nun ging NCL, wie TRAVEL INSIDE bereits gestern meldete, noch einen Schritt weiter und lancierte den neuen Agenturbereich «Norwegian Central». Die neue Plattform bietet Zugang zu allen NCL-Ressourcen mit nur einem Login. Das heisst: NCL Air und der Agenten-Bereich werden in einem Tool zusammengeführt, das auf den vier Säulen Infos, Marketing, Buchen und Kontakt beruht. «Die Einführung in ganz Europa ist angelaufen, die Agenten werden von uns kontaktiert», ergänzt Stille.

«Wir erhalten von vielen Agenturen das Feedback, dass NCL in dieser schwierigen Zeit die wohl aktivste Reederei am Markt sei und ständig den Kontakt mit dem Vertrieb suche», freut sich Stille über die Anerkennung der Bemühungen in der Branche. Am Sitz von NCL Europe in Wiesbaden arbeite man seit Anfang Jahr wieder Vollzeit und treibe auch das Endkunden-Marketing voran: So wurde in Deutschland eben eine TV-Kampagne aufgegleist.

Programm 2021-2023 steht
Jürgen Stille (l.) und Kevin Bubolz (2018 in Zürich).

Noch verharrt NCL (wie alle grossen amerikanischen Reedereien) in einem freiwilligen Shutdown bis Ende April. Ob es im Mai tatsächlich mit ersten Fahrten losgeht, kann Kevin Bubolz, Managing Director Europe bei NCL, natürlich nicht vorhersagen: «In Europa haben die Industrie und einzelne Länder bereits Erfahrungen mit der Wiederaufnahme der Kreuzfahrten gemacht, in den USA präsentiert sich die Lage aufgrund der politischen Strukturen und der sehr strengen Vorschriften der Gesundheitsbehörde CDC jedoch schwieriger. Es ist deshalb nicht unser Ziel, den Neustart mit allen Mitteln und so rasch wie möglich zu forcieren», sagt Bubolz.

Für den Restart ab Mai wäre NCL jedenfalls mit dem neuen Katalog 2021-2023 gewappnet. «Dieser basiert auf der bereits vor Corona geplanten Routenvielfalt weltweit, wurde also nicht komplett neu entwickelt», sagt Bubolz. Ob dann auch alle Fahrten wie ausgeschrieben durchgeführt werden können, ist Stand heute natürlich noch ungewiss. Dieser Unsicherheit kommt NCL vorläufig bis November mit kulanten Konditionen entgegen, indem die Reise bis 15 Tage vor Abfahrt storniert und umgebucht werden kann. Bei einer Absage der Reise durch die Reederei kriegt der Gast das Geld zurück oder erhält bei Umbuchung eine Gutschrift über 10%.

Europa ist für NCL weiterhin ein Angebots-Schwerpunkt, werden doch insgesamt acht Schiffe in dieser Region positioniert, das bisher grösste Europa-Engagement der Reederei. Darunter sind Ostsee-Abfahrten ab Warnemünde und Rostock, Kreuzfahrten ab/bis Reykjavik und im Sommer 2022 erstmals Stopps in Grönland. Weiter ausgebaut wurde die Palette der Mittelmeer-Fahrten, und im November sind neue Kanaren-Fahrten ab Lissabon geplant. Daneben sind NCL-Schiffe von der Karibik über Südamerika, Asien, Australien und Alaska weltweit unterwegs.

Für 2021 sei die Nachfrage aus verständlichen Gründen im Moment zwar noch etwas schleppend, für 2022 und 2023 aber bereits deutlich im Plus, sagt Bubolz:  «Die Kunden können es kaum erwarten, wieder zu verreisen». Ob künftig eine Impfung für Kreuzfahrten obligatorisch sein wird, ist derzeit noch ungewiss und dürfte eine Industrie-Frage werden. Bestimmt wird aber vorläufig ein negativer PCR-Test verlangt, und NCL hat schon vor einiger Zeit ein umfassendes und detailliertes Covid-Konzept entwickelt.

Das Neubauprogramm kommt

Dass NCL den nun bald einjährigen Betriebsstillstand überstehen kann, ist für Bubolz dank neuem Geld für die Holding gegeben: «Es ist genügend Kapital für viele weitere Monate vorhanden». Deshalb sehe sich die Reederei auch nicht gezwungen, sich aus Kostengründen von älteren Einheiten zu trennen: «Die zwischen 1998 und 2001 erbauten Einheiten Norwegian Spirit, Sky und Sun wurden vor nicht langer Zeit modernisiert, und wir brauchen diese kleineren Schiffe für unsere spezielleren Reisen weltweit», sagt Bubolz. NCL halte auch am Neubauprogramm fest, das mit der neuen Leonardo-Klasse ab 2022 insgesamt sechs innovative Neubauten vorsieht. Kurz: NCL verfolgt auch in Corona-Zeiten unverändert eine Wachstumsstrategie.

(Beat Eichenberger)