Reisen und Tourismus können vieles bewirken und tragen zweifellos zur Völkerverständigung bei.
«Einmal sehen ist besser, als tausendmal hören» und Reisen nach Nordkorea seien vielleicht ein kleiner Beitrag, um die Politik aufzuweichen, erklärt Globetrotter-Chef André Lüthi und wirbt im ‘Blick’ online vom 16.8.2024 für Reisen in den totalitären Staat. Er will mit Background Tours 2025 wieder Reisen nach Nordkorea anbieten.
In einzelnen Fällen, wie z.B. in Spanien unter Franco oder im Falle der ehemaligen Länder des sozialistischen Ostblocks und wahrscheinlich auch in gewissen Ländern im Arabischen Raum, trug der Tourismus eventuell zu einer leichten Aufweichung der Politik bei.
Doch zwischen diesen Beispielen und der ‘Demokratischen’ Volksrepublik Korea gibt es einige wesentliche Unterschiede.
- Länder wie Spanien oder Länder des ehemaligen Ostblocks, inklusive der Sowjetunion während des kalten Krieges, waren niemals dermassen abgeschottet wie Nordkorea. Das einzige Land das damals ähnlich funktionierte war Albanien.
- Diese Länder, einzeln betrachtet (die Sowjetunion ausgenommen) bedrohten ihre Nachbarländer niemals in dem Ausmass wie es Nordkorea mit seinen Atombomben- und Raketentests inklusive Überflüge von Japan tut.
- Das es nun in Pjöngjang Bierhallen gibt und die Menschen dort tanzen und sogar lachen kann kaum als positives Zeichen gewertet werden. Solche Etablissements gab es auch im ehemaligen Ostblock, sie waren meist der ‘linientreuen’ Bevölkerung vorbehalten die mit westlichen Devisen zahlen konnte.
- In den Ländern des ehemaligen Ostblocks und in Albanien hat sich die Bevölkerung sobald dies, dank Michail Gorbatschow möglich war, den Machthabern, zum Teil blutig, entledigt und ging zu einem mehr oder heute teilweise etwas weniger erfolgreichen, wirklichen demokratischen System und einer nach westlichem Muster ausgerichteten Gesellschaftsordnung über. Nordkorea scheint aber noch sehr sehr weit davon entfernt zu sein. Die Familie Kim regiert den nördlichen Teil nun seit rund 80 Jahren und kann sich wohl nur durch Abschottung, Unterdrückung und Drohungen an der Macht halten.
Reisen und Tourismus ist völkerverbindend und bringt Informationen in das bereiste Land und von dort nach draussen, erwähnt André Lüthi im Blick-Bericht. Damit hat er grundsätzlich recht. Ob aber in Nordkorea, wo man sich praktisch nicht ohne staatliche Reiseleiter bewegen kann, Informationen von aussen bei der massiv indoktrinierten Bevölkerung ankommen ist zu bezweifeln.
In vielen Ländern der Welt liegt vieles im Argen was Politik, Menschenrechte usw. betrifft. Trotzdem soll man dort hinreisen. Ob aber die ‘Demokratische’ Republik Korea zuoberst auf der ‘Bucket list’ stehen sollte wage ich zu bezweifeln.
Hans-Peter Brasser