
Der Sachverhalt ist komplex und erwischt die Flussschiff-Branche überraschend: Das Schweizer Staatssekretariat für Migration (SEM) verfolgt plötzlich eine deutlich restriktivere Auslegung des sogenannten Territorialitätsprinzips.
Die Visa-Kontrollen wurden seitens der Schweizer Behörden neu ausgelegt, resp. verschärft. Dies betrifft auch die Rheinschifffahrt – vor allem Schiffe mit internationalen Crewmitgliedern, welche bisher mit gültigen Visa anderer EU-Staaten angestellt waren. Dies hatte bis anhin kein Problem dargestellt.
Die aktuellen, rigoroseren Kontrollen werten diese Visa jedoch plötzlich als unzureichend – in der Folge können die Reedereien mit hohen Bussen belegt werden, was laut Insidern auch schon so geschehen sein soll.
Diese neue Auslegung steht in krassem Widerspruch zur jahrzehntelang angewendeten Praxis im europäischen Flusskreuzfahrttourismus, welche bislang von den Behörden akzeptiert wurde und die sich auf langjährige Regelungen wie die Mannheimer Akte von 1868 sowie das Schengener Abkommen gestützt hatte.
Dies tangiert natürlich speziell sämtliche Flusskreuzfahrtschiffe, die in Basel festmachen. Allen voran die Schweizer Anbieter. TRAVEL INSIDE hat sich diesbezüglich bei den beiden grössten betroffenen Schweizer Flusskreuzfahrtunternehmern, Excellence Cruises und Thurgau Travel erkundigt. Bei Excellence war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu kriegen, TRAVEL INSIDE wird diese aber nachreichen.
Derzeit drei von 17 Schiffen betroffen

Daniel Pauli, CEO von Thurgau Travel mit Sitz in Weinfelden (TG), bedauert diese Entwicklung gegenüber TRAVEL INSIDE: «Von unseren 17 Schiffen sind derzeit 3 betroffen. Die plötzlich so restriktive Auslegung der Kontrollen überrascht und enttäuscht uns gleichermassen, denn wir haben zusammen mit unseren Partnern in den letzten Jahren grosse Fortschritte zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen erzielt. Unsere Schiffe tragen ein international anerkanntes Gütesiegel für faire und rechtskonforme Anstellungsbedingungen auf europäischen Flusskreuzfahrtschiffen. Umso bedauerlicher ist es, dass diese positiven Entwicklungen aktuell nicht gewürdigt werden.»
Der 40jährige, der 2018 zum Familienunternehmen am Fusse des Ottenbergs stiess, ergänzt: «Als zuverlässiger Schweizer Reiseveranstalter garantieren wir unseren Gästen selbstverständlich auch weiterhin eine Abreise ab bzw. Rückreise bis Basel. Notfalls muss dabei nun aber eine kurze, bequeme Busverbindung zu einem nahegelegenen Hafen in Frankreich oder Deutschland in Kauf genommen werden. Solche Anpassungen der Einschiffung sind auf Flussreisen nichts Ungewöhnliches und auch in anderen Fällen, etwa bei wechselnden Wasserständen, gängige Praxis.»
Bis jetzt keine Annullierungen
Pauli ist froh, «dass unsere Gäste aufgrund unserer rechtzeitigen, transparenten Kommunikation grosses Verständnis zeigen, und wir bislang keinerlei negative Feedbacks oder gar Annullierungen deswegen hinnehmen mussten.»
Zuversicht und Wermutstropfen
Einerseits zeigt sich der Thurgau Travel-Chef aber zuversichtlich, dass eine baldige Lösung gefunden werden kann: «Die IG River Cruise steht bereits im engen Dialog mit den politischen Entscheidungsträgern. Gemeinsam arbeiten wir an einer raschen und pragmatischen Lösung im Interesse aller Beteiligten.» (TI)